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Kategorie: Frostfeuer

Kapitel 24 – Sturm des Tals

Erneut umgab sie die altbekannte Schwärze. Doch diesmal war es nicht die Schwärze einer Ohnmacht oder gar der Bewusstlosigkeit. Es war die Schwärze des metallenen Kolosses, der schwer auf ihrem Körper lastete und sie war sich sicher gewesen, dass sie von der schieren Masse des Konstruktes entweder bei seiner Explosion ebenfalls in Stücke gerissen oder durch das Gewicht, das auf sie niederkrachte, zerschmettert würde. Zu ihrer Überraschung war keins von beidem geschehen. Dennoch drückten die Tonnen an Metall schwer auf ihren Körper, setzte das Gewicht ihr zu und ließ sie an den Rand der Bewusstlosigkeit driften. Dumpf hörte sie Kampfgeräusche, das Klirren von Waffen, die aufeinanderschlugen, Explosionen, Geschrei in den unterschiedlichsten Sprachen und Dialekten. Es hatte nicht viel gefehlt – vielleicht nur eine halbe Hand breit weniger Platz – und sie wäre von dem Ungetüm vollends zerquetscht worden, müsste sich nun keine Gedanken mehr über die brennenden Schmerzen, die selbst ihr, die sie diese doch eigentlich nicht spüren sollte, im gesamten Körper nur zu präsent erschienen. Und sie fühlte auch, wie ihr hier, in dieser Enge, langsam die Luft knapp würde. Einen Ausweg indes sah sie nicht – wenngleich dieser Riss, durch den ein einziger, dünner Lichtstrahl neben ihrem Kopf auf den rostbraunen Boden Durotars fiel, in den letzten Augenblicken vorkam, als würde er langsam an Größe zunehmen.

Das Ächzen von Metall, das unter schierer Kraftanstrengung verbogen und verwunden wurde, ließ ihre Zweifel indes verpuffen. Wie von Geisterhand hob sich das Monstrum über ihr erst einige Zentimeter, begann dann immer schneller nach oben zu schweben, ehe sie das weißbläuliche Leuchten erkannte, das die Überreste nun vollends einhüllte und dann, mit einem Ruck, in einen handlichen Metallball quetschte, der gleich darauf mit ansehnlichem Tempo zur Seite geworden wurde, als wäre es nur eine Fluse gewesen.

„Schwester!“ brüllte eine ihr nur zu bekannte Stimme – und noch ehe Xelestra die Chance blieb, sich aufzurichten, sah sie bereits das ihr vertraute Gesicht, wie es sich über sie beugte, ihre Arme ergriff und Hilfe anbot, damit sich die Todesritterin wieder aufrichten konnte. Die natürlichste Reaktion für jedes normale Wesen wäre wohl ein Lächeln, begleitet von einem dankenden Nicken gewesen. Doch Xelestra tat nichts von beidem, richtete sich stattdessen nur etwas auf und blickte sie dann mit kühler Miene an.

„Ich hätte nicht gedacht, dass du so dumm bist, dich mit so einem Monstrum anzulegen.“ Schnaubte die Todesritterin, die helfenden Hände ihrer Schwester ignorierend, während sie sich erhob. Dann fühlte sie es: Ihre Brust und ihr Knie brannten wie Feuer, ließen sie für einen kurzen Augenblick in der Bewegung erstarren. Innerlich wusste sie nur zu gut, dass ihre Wunden weit davon entfernt waren, verheilt zu sein, ihr dieser Kampf etliche wieder hatte aufflammen lassen. Doch für Ruhe und Heilung war keine Zeit – nicht inmitten einer Schlacht, deren unvermeidliches Ende nur mit dem Ableben jenes Verräters, der nicht nur sie, sondern die gesamte Horde ins Verderben gestürzt hatte. Sie würde dann genügend Zeit haben, sich von ihren Verletzungen zu erholen.

Nikariu blickte betrübt zu ihrer Schwester. „Glaubst du ich lege die Hände in den Schoß und sehe zu, wie meine Kameraden und andere Krieger einfach so niedergemetzelt werden? Ich bin eine Sonnenläuferin!“

Kleine Flammen züngelten in den Augen der jungen Paladina. Xelestra erkannte das Feuer nur zu gut. Es war das selbe Feuer, das einst in ihr gebrannt hatte – das Feuer, das sie auf den Pfad des Verrats und der Verdammnis führte und sie zu dem gemacht hatte, der sie heute war. Es schmerzte in ihrer zerbrochenen Seele, so viel von sich selbst in ihrer kleinen Schwester zu sehen.

*PATSCH*

Aus einem Reflex, den weder Xelestra noch Nikariu so wirklich verstanden, hatte sich die flache, linke Hand der Todesritterin erhoben und ihrer Schwester so plötzlich und so überraschend eine derart schallende Ohrfeige verpasst, dass die junge Paladina Mühe hatte, sich auf den Beinen zu halten. Ungläubig hielt sie sich die Wange, starrte ihre Schwester verständnislos an.

„Wirf niemals dein Leben oder deine Zukunft weg. Ganz gleich aus welchen Gründen auch immer.“ Groll Xelestra dumpf, wandte sich von ihrer Schwester ab. Die wiederum blieb nur fassungslos an Ort und Stelle stehen, ohne die Hand von ihrer Wange zu nehmen oder auch nur eine einzige Silbe herausbringen zu können. Lediglich die Tränen, die ihre Augen zu füllen begannen, triumphierten über den sonst gänzlich starren Körper der Paladina.

Das Bewegen des Wracks war ein großer Kraftaufwand für Lor’themars Magier gewesen. Vol’Jin und Baine jedoch hatten darauf gedrängt, das Ungetüm unbedingt zu bewegen und die darunter eingeklemmten Kämpfer zu befreien. Auf den Protest hin, die Kor’kron würden den Augenblick nutzen und über die geschwächten Streitkräfte der Horde herfallen, hatten beide auf das Luftschiff der Allianz und die herannahende Streitmacht der Nachtelfen unter Tyrande Wisperwind gedeutet, die ihrerseits mit dem Erstürmen des Tors beschäftigt waren, die Wachen in unzählige kleinere Gefechte verwickelten.

„Wir müssen unbedingt das Tal der Stärke einnehmen! Garrosh wird sich zweifelsohne in seiner Festung verschanzt haben. Dort werden wir ihn stellen.“ Erklärte Baine den Schlachtplan.

„Ich bezweifle, dass er sich so einfach selbst in eine Falle begeben wird.“ Gab Sylvanas zu Bedenken. „Die Festung liegt mitten im Tal und ist von allen Seiten angreifbar. Wenn man sie nicht erstürmt, kann man ihn aushungern. Und es gäbe keine Fluchtmöglichkeit.“

„Welche Alternativen hätte er?“ fragte Lor’themar in die Runde.

„Flammenschlund.“ Unterbrach Vadarassar die Unterredung der Anführer der Horde. Die wandten sich verblüfft zu dem Orc um, musterten ihn mit abschätzenden Blicken.

„Die Hexenmeister haben früher bereits den Flammenschlund für ihre Zwecke genutzt. Seither war der Zugang von Höllschrei persönlich untersagt worden. Gut möglich, dass er sich dort häuslich eingerichtet hat.“

„Ein Loch im Boden? Ha, ja, das würde diesem Feigling gerade recht sehen.“ Schnaubte Baine. „Doch was ist mit der Festung im Tal?

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Kapitel 23 – Wieder vereint

„Was bei den neun Höllen treibst du hier?!“ brüllte Xelestra.
„Das Gleiche könnte ich dich fragen! In deinem Zustand….“ entgegnete Nikariu.
„Und das ist eine Entschuldigung für dich, dein eigenes Leben wegzuwerfen?!“ brüllte Xelestra erneut, presste sich dann dichter an die Deckung, ehe nur Bruchteile von Sekunden später eine Mine in unmittelbarer Nähe explodierte und tiefe Furchen durch die Erde riss. Kleine Steine und Erdbrocken flogen umher, ergossen sich über die drei Tauren, die in der kleinen Deckung kauerten, die sie nur spärlich vor den wilden Attacken des verwundeten, eisernen Kolosses abschirmte.
„So ein Unsinn! Ich helfe meinem Orden, meinen Brüdern und Schwestern.“
„Indem du dich hier vor dieses Monster stellst. Allein. Obwohl du siehst, wie es den anderen ergangen ist.“
„Hätte ich teilnahmslos in Deckung stehen und auf ein Wunder warten sollen?“
„Ähm….ihr beiden kennt euch?“ fragte Arnak mit etwas verwundertem Blick auf die beiden Taurendamen.
Zwei Augenpaare fixierten ihn, starrten ihn derart fest an, dass er seine Frage fast schon bereute.
„Wir sind Geschwister.“ echote es nahezu gleichzeitig aus zwei Mündern, ehe sie sich wieder gegenseitig anstarrten.
Diese Antwort verunsicherte ihn. Einerseits, weil auf der einen Seite eine Paladina, auf der anderen dagegen eine Todesritterin standen, die zwar von den Gesichtszügen in gewisser Weise ähnlich waren, doch sonst nicht unterschiedlicher hätten sein können. Seine Gedanken wurden aber jäh unterbrochen, als ihn ein heftiges Beben von den Beinen riß. Als er sich umdrehte sah er, dass das Ungetüm einige Schritte näher in ihre Richtung gekommen war, ihre Deckung ihnen nun nicht mehr den vollen Schutz gewähren würde. Doch gerade als das Monstrum sich aufbäumte und der mächtige Schwanz rötlich aufblitzte, um gleich darauf seinen todbringenden Laser auf die drei abzufeuern, traf ein mächtiger Frostfeuerball die Flanke des Kolosses, ließ ihn schlingern.

„Getroffen!“ jubelte Kweezil über den sofortigen Effekt, den der Frostfeuerblitz auf den Rüstungsplatten des Kolosses hinterließ.
„Nein.“ seufzte Kyzaria, sog einmal tief Luft ein. Deutlich spürte sie den Entzug der magischen Energie, die sie in das große Geschoss gelegt hatte, um überhaupt einen spürbaren Effekt auf das Monstrum haben zu können.
„Wenn ich direkt in die offene Wunde getroffen hätte, dann ja. Aber so…“
„Das Monstrum ist immer noch in Bewegung. Das du es überhaupt getroffen hast, ist bemerkenswert.“ merkte Vadarassar an. Sicher, er wusste nur zu gut, dass dieser Zauber kaum Effekt auf das Monstrum gehabt hatte. Wenn sie es nur schaffen würden, dass der Koloss lange genug stillhielte…
Das laute Brüllen des großen, von Eis verkrusteten Frostwyrms, der etwas abseits des Kampfes seine Kreise drehte und sich der Windreiter sowie übrigen Schützen erwehrte – und das sogar ziemlich erfolgreich wie es schien. Offensichtlich hatten die Truppen der Kor’kron mit Windreitern oder eventuell sogar Drachen gerechnet und sich mit Speeren, Schusswaffen und weiteren Klingen bewaffnet. Gegen ein Wesen, das keinerlei Fleisch mehr am Leib hatte und dessen Schwingen lediglich von einigen Sehnen sowie magischen Fasern bedeckt waren, richteten derartige Waffen schlichtweg keinerlei Schaden an, sorgen sie im Gegenteil nur dafür, dass jener Wyrm genervt einige Schwanzhiebe verteilte und die Reiter so aus ihren Sätteln schleuderte.
Mit einem Mal kam dem Hexenmeister eine Idee. Er hob die Hände an seinen Kopf und brüllte so laut es ging zu dem noch immer inmitten des Feindfeuers befindlichen Trupp aus drei Tauren.
„XELESTRA!“

Die Todesritterin horchte auf und ließ vom Streitgespräch mit ihrer Schwester ab, blickte zur Seite und erspähte den Hexenmeister, wie er ihr wild gestikulierte und dann in Richtung von Arkano deutete. 
Es dauerte nur einen kurzen Augenblick, ehe sie verstand. Dann war es an ihr, laut los zu brüllen.
„ARKANO! HÖR AUF ZU SPIELEN UND GREIF DAS VIEH AN!“
Der Frostwyrm schien sich an dem Kommando seiner Herrin – oder was auch immer Xelestra für ihn sein mochte – nicht zu stören. Alle Umstehenden schienen sicher, dass er sie entweder nicht gehört hatte oder eventuell schlicht ignorierte. Nur Xelestra hörte seine Stimme, wie sie auf magischem Wege in ihrem Geist sprach.
„Vergiss es. Dieses Ungetüm werde ich nicht….“
„ARKYLASTROS. DAS IST EIN BEFEHL!“
So sehr jeder noch gezweifelt hatte, dass der Frostwyrm sie überhört oder ignoriert hatte, so auffällig war die Reaktion, die bei den ersten Silben, die über Xelestras Lippen wanderten, am Himmel für alle sichtbar. Als wäre er von einem Blitzschlag getroffen worden zuckte der Frostwyrm gequält zusammen, strauchelte kurz, ehe er sich wieder fing und mit einem einzigen Ruck eine schlagartige Kehrtwende vollführte, dann die Schwingen anlegte und auf den eisernen Koloss zustürzte.
„Das werde ich dir heimzahlen, verdammte Todesritterin!“ schnaubte der Drache, diesmal für jeden klar hörbar.
„Halt die Klappe und greif dir den Schwanz von diesem Monstrum.“ kommandierte sie mit emotionsloser Stimme.
So gern er ihr weiter widersprochen hätte, so klar erkannte er doch, dass diese Taktik klug und für ihn wesentlich unproblematischer als das Duell mit den Kor’kron ablaufen würde. Geschickt näherte er sich im Sturzflug von hinten, breitete seine Schwingen erst im allerletzten Moment aus und ließ einen wahren Orkan über den trockenen Boden pusten, wirbelte Staub und Sand umher, ehe sein großer Kiefer sich inmitten des skorpionartigen Schwanzes verbiss. Die Laserschüsse, die sich gerade noch auf die Stellung der drei Tauren konzentriert hatten, wurden jäh von ihrem eigentlichen Ziel weggerissen, der gesamte Körper des Kolosses strauchelte auf der Suche nach Gleichgewicht. Arkano seinerseits hielt jedoch noch dagegen.
Diesen Augenblick der Verwirrung nutzte Xelestra, blickte Nikariu eindringlich an, dann zu Arnak und schließlich wieder zu ihr.
„Bring ihn hier weg! Geht zu den anderen in Deckung!“ befahl sie scharf, wandte sich dann um und stürmte in Richtung ihrer Axt, die einige Meter weit geflogen war und nun im Boden steckte.
„Und was machst du?“ rief Nikariu ihrer Schwester hinterher.
Noch ehe Xelestra antworten konnte stand sie bereits neben ihrer Axt, zog die Klinge aus dem Boden und wandte sich um, fixierte den Koloss, der sich mit aller Kraft des Bisses des Frostwyrms zu erwehren versuchte. Dessen Zähne schienen indes Wirkung zu zeigen, bohrten sich tief in den nur mäßig gepanzerten Schwanz. Lange würde der Wyrm ihn so nicht mehr halten können. Doch das war auch nicht mehr nötig…
Statt ihrer Schwester durch Worte zu antworten stürmte Xelestra mit großen Schritten auf den Eisernen Koloss zu, wich einem der Arme und der an der Vorderseite angebrachten Kreissäge noch mitten im Spurt aus, warf sich dann auf den Rücken und schlidderte unter das Ungetüm. Dann rammte sie den Griff ihrer mächtigen Axt vor sich und mit aller Kraft in den Boden, drückte die Axt mit ihrem Schwung senkrecht über sich und den zu ihrer Überraschung nahezu ungepanzerten Bauch des Monstrums.

Die Axt bohrte sich tief in den Bauch des Ungetüms, schien es an Ort und Stelle festzunageln. Von einem widernatürlichen Zorn getrieben peitschten Arme und Beine umher, während der Frostwyrm mit einem letzten Ruck den mächtigen Schwanz nebst Laserstachel vom Leib des Maschinenmonsters abriß und achtlos zur Seite warf. Dann bissen sich die Kiefer in einem der Beine fest. 
„Jetzt!“ rief Vadarassar der Magierin zu. Unnötig, wie ihm mit Blick aus den Augenwinkeln auffiel – ein riesiger, blau-roter Ball aus Frost und Feuer hing bereits über ihrem Kopf, folgte ihrer Handbewegung und raste auf das Monstrum zu. Ohne eine Möglichkeit auszuweichen traf der mächtige Zauber der Magierin die offene Wunde am Kopf, drang tief in den Körper ein und explodierte im Inneren. Flammen züngelten aus den Öffnungen, Nieten schossen im hohen Bogen umher und Panzerplatten lösten sich unter der Wucht heftiger Explosionen. Dann verging das Monstrum in einem riesigen Feuerball.

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Kapitel 22 – Kampf dem Koloss

Der Gegner war übermächtig. Eine riesige, eiserne Abscheulichkeit, die äußerlich einem der Vernichter der Kor’kron nachempfunden war – allerdings um etliche Faktoren größer als jene höchst gefährlichen und nicht minder furchteinflößenden Riesenskorpione, die nur die fähigsten aller Krieger zu reiten wagten und damit ihren Gegnern durch das bloße Erscheinen auf dem Schlachtfeld bereits Angst enflößten. Unzählige Krieger waren vor der schieren Größe, der Macht und den ebenfalls tödlichen Waffen des riesigen Konstrukts bereits gefallen. Eine noch wesentlich größere Zahl an Kriegern indes lag verwundet – einige zum Glück leichter, andere dagegen schienen aufgrund der Schwere ihrer Wunden bereits mehr tod als lebendig zu sein – hinter Felsen, verborgen in den messerscharfen und verwinkelten Canyons und damit außerhalb der Reichweite jener gefährlichen Monstrosität.
Um so beeindruckender war die Courage der gerade mal ein Dutzend zählenden Sonnenläufer und Wachen der Tauren, die jeweils zu viert von drei Seiten auf die riesige Bestie zu schlichen. Selbst wenn es ihnen dabei nicht gelingen sollte, das Monstrum zu erlegen, so wollten sie ihm doch zumindest so viel Schaden zufügen, damit die übrigen, noch verbliebenen Krieger den finalen und zum Sieg führenden Schlag ansetzen können sollten.
So jedenfalls war der Plan des jungen Arnak Spalthuf gewesen, der seine anderen, ebenfalls jungen Kameraden schnell von der Fehlerfreiheit und Sicherheit seines Planes überzeugt hatte. Selbstverständlich stand er zudem in der Vierergruppe, die das Monstrum von vorne angehen und ablenken sollte, hielt sein breites, golden schimmerndes Schwert in die Luft und brüllte lautstark auf, als er mit schnellem Blick nach links und rechts sah, wie seine Kameraden zum Angriff bereit standen.
Der Koloss nahm den lautstark auf sich aufmerksam machenden Tauren mit maschinell typischer Ruhe wahr, fixierte seine Klauen auf ihn, donnerte diese in Richtung der vier Tauren, die ihrerseits auseinander sprangen, dem mächtigen Schlag der Klaue auswichen. Dann hoben die beiden Krieger ihre mächtigen Äxte, schwangen diese in Richtung der grässlichen Fratze des Metallmonstrums, um diese mit einem geschickten, kräftigen Schlag zu spalten.
Zu ihrem Entsetzen jedoch hatte die diabolische Maschine in kalter Berechnung bereits nur auf so eine Aktion gewartet, hob den gerade noch zur Seite geschwungenen Arm empor und spie eine glühend heiße Fontäne aus Flammen auf die Krieger, die sich gänzlich auf ihren Angriff konzentriert hatten. Der Angriff dauerte keine zwei Sekunden, da gingen die Kampfschreie und schrille Schmerzensschreie über, erfüllte der Geruch von brennendem Fell, kochendem Blut und verbranntem Fleisch die Luft, ließ die beiden Paladine um ihre Fassung ringen, während ihre Kameraden vor ihren Augen in den Flammen zu vergehen begannen.
Die anderen acht Kameraden nahmen das Geschrei zum Anlass, stürmten voran und donnerten ihre Waffen ihrerseits gegen die Flanken der maschinellen Monstrosität. Zu ihrem Entsetzen hatte die riesige Maschine aber wohl auch mit so etwas gerechnet, flogen vier etwa melonengroße, mit Stacheln besetzte Kugeln zu jeder Seite und explodierten knapp über dem Boden, rissen tiefe Wunden in Beine und Hüften der Krieger, die vor Schmerz schreiend zu Boden gingen. 
Arnak blieb nur, ungläubig zu starren, wie sein doch so genial geplanter Schachzug bereits binnen Sekunden von der Maschine zunichte gemacht wurde. Dann aber fing er sich, blickte zu seinem Kameraden hinüber, der seierseits ebenfalls zu Arnak starrte. Dann stürmten sie zu den Seiten und ihren verwundeten Kameraden, um diese zumindest so schnell es geht vor den heißen Flammen der Maschine zu schützen. Doch erneut wurde ihre Hoffnung zunichte gemacht, als ein rötliches Leuchten den Kameraden von Arnak einhüllte und dann, gänzlich ohne den Flammenatem der Bestie, in Brand setzte. 
„NEIN!“ brüllte der junge Sonnenläufer, hob die Hand und flehte An’She um Schutz für seinen Kameraden, auf das sie zumindest ihm das Leben zu retten vermochte.
Und tatsächlich schienen die Gebete erhöhrt zu werden. Denn das rote Glühen verging inmitten einem intensiven, weißen Leuchten, das den Sonnenläufer umgab und die Flammen, die gerade in seinem Fell zu züngeln begannen, innerhalb von einem Augenstreich verlöschen ließ. 
Mit dem Seufzen eines geschlagenen Hundes, der zumindest noch einen kleinen Erfolg erlangt hatte, ließ Arnak den Arm sinken, blickte zu den verletzten Kameraden hinüber, die sich mit aller Kraft und nur unter Zuhilfenahme ihrer Arme hinter einen Felsen zu schleppen versuchten. Und dann erspähte er eine weitere Gestalt, die sich hinter die vier geschlichen hatte, einen der vier packte und kurzerhand in Sicherheit zog. Eine junge Sonnenläuferin, die gerade erst mit an die Front gekommen war und sich nun schon mit in die Gefahr begeben hatte.
„VERSCHWINDE! HIER IST ES GEFÄHRLICH!“ brüllte Arnak, der für den Moment vergessen hatte, dass er die Bestie damit erst auf sie aufmerksam machen würde. Glücklicherweise aber ignorierte der Eiserne Koloss die Taurenpaladina für den Augenblick, wandte sich dafür einem anderen Ziel zu.
Ihm.

Die Reise von Mulgore nach Durotar war eine Reise von Tagen gewesen, wenn man den Weg zu Fuss bewältigen wollte. Und selbst auf einem Reitwolf, einem Kodo oder einem anderen Reittier dauerte die Reise bis zu den Toren Orgrimmars immer noch nahezu einen Tag, wenn das Tier wohl genährt und gut im Training war, so dass man es im Sprint halten konnte.
Windreiter hatten die Distanz bereits auf einige Stunden reduzieren können. Doch Drachen…für Drachen waren Distanzen dieser Art eine Sache von weniger als einer Stunde, wenn sie ihre Kräfte nicht über Gebühr belasteten.
Weder Arkano noch Nerakis hatten allerdings diesen Luxus. Der eine wurde von der widerwillig auf seinem Rücken getragenen Todesritterin zu dem äußersten Tempo, das er zu leisten in der Lage war, getrieben, während Vadarassar seinen getreuen Netherdrachen darum bat, mit dem Frostwyrm Schritt zu halten. Und obwohl dieses hohe Tempo sichtlich an der Kondition des jungen Drachen nagte, machte dieser überdeutlich, dass es gegen seine Ehre gegangen wäre, hätte er gegenüber einem Frostwyrm auch nur eine halbe Hornlänge nachgegeben.
Mit einem Tempo, das selbst wesentlich ältere und kräftigere Drachen als halsbrecherisch bezeichnet hätten, überbrückten die beiden Giganten Seite an Seite fliegend die Distanz binnen weniger als einer Stunde, erblickten die Tore Orgrimmars und die Verteidigung vor den Mauern sowie auf Selbigen. Unzählige Windreiter mit Schützen und magiebewehrten Kämpfern auf den Rücken flogen auf der Innenseite der metallbeschlagenen Mauern umher, hielten dabei aber einen gehörigen Abstand zu den Zinnen und der nach oben gedachten Verlängerung.
„Sie haben eine magische Barriere über die Stadt gelegt. Die Leylinien reichen bis tief unter die Stadt hinunter.“ Merkte Nerakis nach kurzem Blick an. Es war eine Eigenheit der Netherdrachen, Magie und eben besagte Leylinien so natürlich wahrzunehmen, wie ein Bluthund eine Fährte – mit dem Unterschied, dass sie dafür nicht ihre Nase, sondern ihre wie Juwelen schimmernden Augen hierzu verwendeten. 
„Dann werden wir also auch von vorn angreifen müssen.“ Seufzte Vadarassar, blickte dann auf das Ungetüm direkt vor den Toren, aus dessen Maul gerade Flammen auf ein golden leuchtendes Objekt brandeten. Seine Kinnlade fiel ihm auf die Brust.
„Das…das ist doch wohl nicht möglich!“ schnaubte Kweezil, der sich seinerseits ein Fernrohr aus der Tasche gegriffen und das Monstrum damit in näheren Augenschein genommen hatte. „Dieser Mistkerl von Rußschmied hat mir meinen Entwurf geklaut! Ich habe gutes Geld für das Ding bezahlt und er verkloppt es als SEINE Erfindung!“
Der Hexenmeister blickte hinter sich, starrte den Goblin fassungslos an. „Was ist das für ein Ding?“
„Ein Panzer, was denn sonst? Entworfen, um im Verbund mit ganzen Regimentern den Boden aufzuwischen. Modernste Technik. Absolut tödlich. Und…“
Kweezil stockte, als er mit dem Fernrohr erblickte, wer das Ziel der Attacke war.
„…er greift gerade die Schwester von Xelestra an.“
Zwei Herzschläge dauerte es, ehe das letzte Wort aus Kweezils Mund in eine Aktion von Xelestra mündete. Entschlossen zwang sie ihren Frostwyrm in einen rasanten Sturzflug auf den Koloss zu.

Arnak war auf Nikariu zu gestürzt, hatte sie zwischen den vier Verwundeten neben dem Felsen zu Boden geworfen und damit im letzten Augenblick aus der Bahn des Flammenangriffs gestoßen. Erneut erfüllte das goldene Glimmen von An’Shes Licht die Umgebung, legte sich ein schützendes Leuchten um die Paladine und bewahrte sie vor einem ähnlich tragischen und schmerzhaften Tod wie die beiden Krieger, die an der Seite von Arnak zu Asche verbrannt worden waren.
„Lauf. Schnell! Ich versuche ihn abzulenken!“ brüllte Arnak die junge Paladina an. Doch die stand ihrerseits bereits wieder aufrecht und drückte den jungen Sonnenläufer ihrerseits zurück. 
„Du hast keine Chance gegen dieses Monstrum. Entweder wir gehen gemeinsam, oder wir bleiben gemeinsam.“
„Bist du wahnsinnig? Hast du nicht gesehen, was das Ding mit Haromm und Maal gemacht hat? Wir…RUNTER!“
Der Streit der beiden wurde schlagartig von einem Krachen des Kolosses unterbrochen, der seine Pranken mit voller Wucht in den Boden gerammt hatte. Risse zogen sich unter den beiden Tauren durch den Boden, raubten ihnen den Stand. Binnen weniger Augenblicke waren sie bis zu den Knien im Boden eingesunken, unfähig, sich weiter zu bewegen. Und gerade als sie diesen Schock ausgestanden hatten, blickten sie in Richtung des grollenden Monsters, starrten mitten in das glühende Maul. Flammen züngelten darin, wuchsen zu einem grausamen, flammenden Sturm heran. Gerade als die Flammen auf sie zu schießen sollten, reichten sie sich die Hände, schlossen die Augen und hofften, dass An’She ihnen auf irgendeine Art ein Wunder schicken möge, um ihre Leben doch noch zu retten.

„NEIN!“ brüllte Xelestra, als sie Nikariu mit ihren eigenen Augen und überdeutlich vor dem Monstrum stehend erblickte, während die Bestie zur letzten Attacke ansetzte. Entschlossen stand sie auf, stürmte mit großen Schritten über den Hals des Frostwyrms nach vorn, verpasste Arkano einen ordentlichen Tritt auf die Stirn und sprang damit mit aller Kraft in Richtung der beiden Tauren, die im aufgerissenen Boden unmittelbar vor dem Maul der metallenen Bestie festhingen. Dann züngelten die Flammen aus dem Maul, wuchsen zu einem breiten, vertilgenden Flammenstrahl an. Doch noch ehe die Flammen die beiden Sonnenläufer erreichen konnte, kam Xelestra krachend zwischen dem Eisernen Koloss und den Tauren auf dem Boden auf und brüllte so laut, wie sie nur konnte. Der unbeschreibliche Schmerz, der ihr durch die geschundenen Glieder fuhr, wich dem Zorn auf dieses Monstrum, dessen kalter, lebloser Körper sich mit all seinen Waffen gegen das Einzig Wertvolle, das ihr noch geblieben war, aufbäumte, um seinen Auftrag zu erfüllen.
Nur Bruchteile von Sekunden später war Xelestra von Flammen umgeben. Doch die Flammen setzten sie nicht in Brand. Nein, sie berührten die Todesritterin nicht einmal, veränderten in ihrer Nähe gar die Farbe, wandelten sich von einem züngelnden Gemisch aus Rot und Gelb zu einem intensiven, von einigen blauen Stränen durchzogenen Grün, das in allen Runen, die in Xelestras Rüstung eingelassen waren, ebenfalls grell aufleuchtete.
„SCHLUSS DAMIT!“ brüllte die Todesritterin, packte ihre mächtige Axt mit beiden Händen und rammte sie, einer Lanze gleich, mit aller Kraft nach vorn und in das groteske Maul der eisernen Abscheulichkeit.
Ein grässliches, schrill kreischendes Geräusch durchschnitt die Luft, als das Feuer mit einem Mal kurz intensiver wurde, dann unkontrolliert zu allen Seiten spritzte, auch die Arme des Kolosses selbst traf, diese zum Glühen brachte und dann urplötzlich verebbte, während der gesamte Körper in Bewegung geriet. Das schrille Kreischen ging in ein sonores Brummen über, schüttelte den Kopf des Kolosses in unregelmäßigen Bewegungen hin und her, ehe eine heftige Explosion die Axt aus dem Kopf heraus schleuderte und selbst Xelestra den Stand raubte, sie nach hinten warf. Doch noch im Sturz zurück drehte sie sich mit aller Kraft, packte die hinter ihr befindliche Nikariu mit beiden Armen, zog sie fest an sich heran und rollte sich dann einige Meter weiter hinten so ab, dass sie die junge Paladina vor etwaigen Trümmern oder Angriffen schützen konnte.

„Was war das?!“ brüllte Vadarassar, der Nerakis vorerst in einigem Abstand gehalten hatte.
Kweezil hatte bis gerade noch das Fernrohr hoch gehalten und die Situation beobachtet, ohne ein Wort zu sagen. Nun jedoch lag es, auf seinen Schoß gelehnt, nutzlos in seiner Hand.
„Sie…sie hat mit ihrer Axt das vordere Hochleistungssamophlang zerstört. Der Koloss ist jetzt blind und sein Flammenwerfer zerstört.“
„Na das klingt doch hervorragend. Wenn sie das Ding besiegt hat, dann…“
„Wer hat etwas von besiegt gesagt?“ unterbrach Kweezil den Hexenmeister. „Das Teil hat noch drei weitere Waffensysteme. Und jedes hat eine eigene Energiequelle.“
Er hob wieder sein Fernrohr, sah, wie die Todesritterin langsam aufstand und Nikariu sowie den anderen Paladin hinter einen großen Felsen in Sicherheit zog. Nur wenige Momente später schnitt ein rot glühender Laserstrahl genau dort, wo sie noch Sekunden vorher gelegen hatte, eine tiefschwarze Bresche durch den Boden, krachten Minen gegen den Felsen und donnerten erneut Risse durch die Erde.
„Das Ding ist zwar blind, aber jetzt ist es dazu noch richtig sauer.“

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Kapitel 21 – Die Belagerung von Orgrimmar

Die Ruhe, die eigentlich von den wenigen, die nun nur noch in der Behausung des Hexenmeisters Obdach suchten, ausgehen sollte, war gänzlich verschwunden und dem Krachen und Knirschen von Holz, dem Klappern von Metall und geknurrten Flüchen unzähliger Zungen gewichen. Ganz gleich, welche Versuche der Hexenmeister unternahm, Xelestra von ihrem Ansinnen abzubringen, hatte sie auf der Suche nach den für ihn seltsamsten Utensilien Kommoden durchwühlt, Kleiderschränke ausgeräumt und alles neben ihrer Rüstung auf das Bett, in dem sie noch bis vor einigen Stunden gelegen hatte, geworfen.
„Der gesamte Orden der Sonnenläufer ist in Durotar und unterstützt die Belagerung. Dazu noch die Trolle, die Hälfte der Wachen von Donnerfels und die Marine von Sylvanas und den Blutelfen. Was glaubst du kannst du denen noch helfen?“ brummte Vadarassar, der seinen halben Hausstand wild verteilt auf Fußboden, Bett und Stühle verteilt sah. Zum Glück hatte sie nicht auch noch das Kochgeschirr ausgeräumt oder sich an seinen Büchern zu Schaffen gemacht…
„Was nötig ist.“ Schnaubte Xelestra knapp, schob einen kleinen Schemel vor das Bett, warf dann drei der Tuniken, die sie aus dem Kleiderschrank geräumt und einfach auf das Nachtlager geworfen hatte, zur Seite, ehe sie sich auf die Matratze setzte. Vorsichtig hob sie ihren rechten Huf und stellte ihn auf den Schemel, streckte dabei ihr Knie durch und begann die Bandagen, die sie erst vor einer knappen, halben Stunde kräftig gewickelt hatte, wieder zu lösen. Die darunterliegenden Wunden waren zu ihrer Zufriedenheit mittlerweile vollends verschlossen. Lediglich einige rötlich verfärbte Stellen mit getrocknetem Blut im Fell wiesen noch auf die wahnsinnige Tat hin,d ie sie da mit einem Dolch veranstaltet hatte.
Scheinbar mit genauem Wissen um das, was sie da tat, drückte sie mit beiden Händen an ihrem Knie herum, verzog dabei keine Miene.
„Verdammter Drecksorc.“ Schnaubte sie leise vor sich hin, sah dann zu Vadarassar auf. „Nicht du.“
„Hatte ich auch nicht angenommen.“ Brummte der Hexenmeister zurück. „Was machst du da?“
Sie antwortete nicht, drückte dafür noch weiter an ihrem Bein herum, umfasste dann ihren Unterschenken und schob diesen etwas hin und her. Sie verengte ihre Augen.
„Es hat nichts gebracht.“ Begann sie, sah dann wieder zu dem Hexenmeister auf. „Reich mir den Ledergürtel da vorne.“
Vadarassar tat, wie ihm gesagt, sah, wie die Todesritterin den Gürtel mit einem Griff von seiner Schnalle befreite und ihn dann derart fest um ihr rechtes Kniegelenk wickelte, dass er das Leder ächzen hörte. Als sie damit fertig war verband sie beide Enden mit zwei metallenen Nieten, drückte diese zusammen und zog ihr Bein heran, beugte und streckte es, ehe sie aufstand und einige Zentimeter in die Luft sprang, um nur auf dem rechten Bein zu landen. Nur Augenblicke später zog sie die Tunika über den Kopf, schleuderte sie Vadarassar zu, befreite sich von aller übrigen Wäsche und griff zu einer der eher schlicht aussehenden, nicht bestickten Roben. Ohne ein Wort zu verlieren riss sie die Ärmel ab und zerriss die Robe etwa auf halber Länge, ehe sie sich den unteren Teil über den Kopf zog. Dabei wurde deutlich, dass die Robe mehrere Größen zu klein für sie gewesen war. Die Nähte ächzten gequält, während sie sich den Stoff überzog und dabei ihrerseits etwas das Gesicht verzog. Dann nahm sie das obere Teil der Robe, streifte sich auch dieses über, musste sich allerdings dabei hinsetzen, um vom plötzlich einsetzenden Schwindel nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
Als sie auch damit geendet hatte, blickte sie zum Hexenmeister, der sieh nun sehr fragend ansah, wie sie in einer auf halbe Länge gekürzten Robe, die gerade mal etwas mehr als ihren Brustkorb bedeckte, auf dem Bett lag und sich etwas zurücklehnte. „Ich brauche deine Hilfe.“ Sagte sie, deutete in die Ecke und die große Kanne Wasser, die neben dem Waschbecken bereitstand, damit man seine Morgentoilette erledigen konnte.
Vadarassar weitete die Augen. „Die Robe war aus doppelt geknüpfter Wolle. Wenn die nass wird…“
„Ich weiß. Tu es.“ Unterbrach die Todesritterin den Orc, der mit einem großen Seufzen zu der prall gefüllten Kanne griff, zur Todesritterin trat und sah, wie diese ihre Hände zu Fäusten ballte, ihren Oberkörper so gerade wie möglich auf dem Bett ausrichtete und ihn dann mit einem Nicken bedeutete, anzufangen.
Die Wollrobe sog das aufgewärmte Wasser wie ein Schwamm auf und begann beinahe schlagartig, sich zusammen zu ziehen. Knirschend und krachend fühlte Xelestra, wie die schnell enger werdende Robe ihr die gebrochenen Rippen zusammenquetschte, die Wunden in ihrem Inneren brüllend vor Schmerzen brandeten. Dennoch biss sie auf die Zähne, vermied jeglichen Schrei. Nur ihre Augen verrieten die Qualen, die sie gerade durchmachen musste.
Nur Minuten später hatte sich Xelestra wieder erhoben, begann sich ihre Hose und das Unterhemd überzustreifen. Binnen Minuten stand sie vollends gerüstet im Raum, hatte ihre übrige Ausrüstung um etliche Dinge aus Vadarassars Hausstand ergänzt und stand nun vor dem Hexenmeister, musterte diesen, während er sie immer noch kopfschüttelnd betrachtete.
„Ich sage nochmal, dass das eine dumme Idee ist.“
„Du wiederholst dich.“ Schnaubte Xelestra und trat an Vadarassar vorbei. Überdeutlich sah man an ihrer ganzen Körperhaltung und auch ihrem Gang, dass sie weit davon entfernt war, für einen Kampf bereit zu sein. Er hatte schon genug Kämpfer gesehen um beurteilen zu können, wer verwundet war und wer trotz seiner Wunden immer noch eine Gefahr darstellte. Und die Todesritterin strahlte bei jedem Schritt alles andere als eher letztere Person aus. Zu steif, zu unsicher war ihr Gang. Aber ihm war auch klar, dass Vernunft keinen Weg in ihren sturen Schädel finden würden. Er haderte mit sich. Zum einen wollte er sie um jeden Preis in Sicherheit wissen – das Nikariu an der Front, umgeben von Kyzaria, der er absolut dabei vertraute, wenn es um die Sicherheit der Kleinen ging sowie den übrigen vom Orden für die Unversehrtheit sorgen würden, war für ihn absolut sicher – und der jungen Paladina, für die er immerhin als Onkel auftrat, keinesfalls ihre einzige, echte Verwandte in den eigenen Tod marschieren lassen. Zum anderen erkannte er aber auch, dass weder Worte noch Taten es schaffen würden, die Todesritterin von ihrem Vorhaben abzuhalten.
„Dann werden wir dich zumindest begleiten.“ Schloss er schließlich und deutete mit einem Finger auf den Goblin, der sich bis zu diesem Zeitpunkt absolut sicher gewesen war, vom Hexenmeister unentdeckt an einer der Kisten – genauer gesagt, dem überaus komplexen Schloss sowie dem, was dadurch geschützt im Inneren der Kiste auf ihn wartete – zu Schaffen zu machen. Umso überraschter und mit spitzer Stimme quiekte er fast auf.
„Wawawawas? Wieso soll ich denn mit?!“
„Weil ich dich hier nicht allein in meiner Behausung sitzen lassen werde. Außerdem ist die Befreiung Orgrimmas auch in deinem Sinne.“
Kweezil biß sich auf die Lippen. Zu gern hätte er jetzt erwidert, dass dem nicht so sei. Zu gern hätte er den Hexenmeister Lügen gestraft. Doch im Kern hatte dieser verdammte Orc Recht – sowohl seine Behausung als auch das, was noch von seinem Vermögen übrig geblieben war, befand sich im Viertel der Goblins in Orgrimmar. Und damit befand sich auch alles, was ihm noch gehörte, nun in den Händen von Höllschrei und seinen Vasallen.
Kleinlaut gestand er dem Hexenmeister also, dass er mitkommen würde, blickte zu der Todesritterin, die sich von dem Hadern der beiden nicht beeindrucken ließ, einfach am Hexenmeister vorbei marschierte und durch den Eingang nach draußen trat.
Hier draußen, nur wenige Schritte von der Behausung des Hexenmeisters entfernt und mit bestem Blick über Mulgore und das Brachland, spürte sie wieder dieses seltsame Gefühl, das ihr bereits im Morgengrauen die Emotionen aus der dunklen Tiefe, in der sie nichts mehr vermutet hatte, hervor spülte. Diesmal jedoch behielt sie die Fassung, schloss stattdessen ihre Augen und sog die Luft langsam ein. Hatte sie vorher noch einige kleine Zweifel an der Richtigkeit ihrer Entscheidungen besessen, so waren diese jetzt vollends verflogen. Das Schicksal schien ihr zum letzten Male eine Hand reichen zu wollen. Eine Hand, die Xelestra dieses Mal um jeden Preis ergreifen würde – ganz gleich, wie unwahrscheinlich ihr Überleben, wie schmal die Chance auf einen Sieg auch sein mochte. Niemals zuvor hatte sie so deutlich gespürt, dass sie das Richtige tat, wie in diesem einen Moment.
„Du hättest ruhig warten können.“ Brummte der Hexenmeister hinter ihr, riss die Todesritterin aus ihren Gedanken. Sie wandte sich um und blickte ihn verblüfft an, sah, dass er nun eine andere Robe trug, einen Beutel mit magischen Ingredenzien umgeschnallt hatte und seinen Stab in einer Hand hielt. All seine Ausrüstung wirkte schon in die Jahre gekommen, aber gepflegt und im besten Zustand.
Jetzt merkte Xelestra auch, dass etliche Minuten vergangen waren, in denen sie nur ruhig im Gras gestanden und in sich gehorcht hatte. Doch nun war es am Hexenmeister, an ihr vorbei zu schreiten, während er an seinen Gürtel griff und ein kleines Horn löste, das er sogleich zum Mund führte und mit einem kräftigen Stoß seiner Lugen erklingen ließ.
Es vergingen nur wenige Augenblicke, da tauchte eine schwärzliche Gestalt am Himmel auf, nahm schnell Form an und ließ mit der Kraft großer Schwingen den Wind auf dem Plateau anschwellen. Dann, kaum eine Minute, nachdem der Hexenmeister ins Horn geblasen hatte, stand der stolze Drache Nerakis vor den dreien, legte die Schwingen an und senkte sein Haupt, während die glühenden Augen den Blick fest auf den Hexenmeister gerichtet hielten.
Vadarassar trat an den Drachen, der vom Aussehen her deutlich als Netherdrache zu erkennen war, heran und strich mit einer Handfläche über den Nacken eben jenes Drachen, der ihm dareinst vom Schwarm der Netherschwingen zum Danke für seine Hilfe überlassen worden war. Viele Jahre war das nun her, in denen er stets gut für ihn gesorgt und es ihm an nichts hatte mangeln lassen. Der Drache wiederum dankte es dem Hexenmeister mit seinen Diensten, ihn überall dorthin zu tragen, wo Portale, Reittiere und Schiffe keinen Weg fanden.
„Wir sollten bald aufbrechen. Mit uns dreien wird Nerakis stark zu schleppen haben und nicht sehr schnell unterwegs sein können.“ Gab Vadarassar zu Bedenken, während er bereits den Rücken des Netherdrachen hinauf kletterte. Kweezil folgte ihm kurz hinterher. Doch Xelestra schritt an dem Netherdrachen vorbei, winkte dem Hexenmeister ein nein zu.
„Er wird mich nicht tragen müssen.“ Sagte sie leise und zog einen schimmernden, kleinen Knochen aus der kleinen Tasche an ihrem Gürtel, warf diesen auf den Boden vor sich.
Kaum das der Knochen den Boden berührte, schlugen baumhohe, grüne Flammen aus dem Boden in den Himmel hinauf, wucherten diese in ein riesiges Portal, aus dem zwei riesige, kalte, blaue Augen hinaus starrten und nur Augenblicke später die Augen der Todesritterin trafen. Schlagartig spürte man, wie die Temperatur der Luft um etliche Grad absackte, der Atem der Todesritterin wieder sichtbar wurde und sie ihrerseits einen Schritt zurück trat. 
Mit einem Mal griff eine knöcherne Pranke aus den Flammen, folgte ein mächtiger Knochenschädel, an dessen Rückseite zwei bläulich leuchtende Hörner der gesamten Gestalt ein imposantes Strahlen verliehen. Der übrige Körper, an dem neben einigen Sehnen und Stofffetzen noch einzelne, metallene Platten befestigt waren, folgte sogleich, breitete die knöchernen Schwingen aus und ließ ein widernatürliches, untotes Brüllen über die Ebene erschallen, ehe er den Kopf wieder in Richtung Todesritterin wandte und ihn senkte. Erst jetzt trat die Todesritterin auf ihn zu.
Der skelettierte Drache starrte sie weiterhin mit einem überlegen wirkenden Blick an, schien keine Anstalt zu machen, der Todesritterin als Reittier zu dienen oder auch nur den Anflug von Gehorsam zu zollen. Stattdessen fauchte der Drache durch seine strahlend weißen Zähne. Als die Todesritterin aber unmittelbar vor seinem Gesicht stand und er eigentlich nur noch hätte zuschnappen müssen, groll sie mit tiefer Stimme in seine Richtung.
„Vergiss niemals, wem du deine Existenz verdankst Arkano. Oder soll ich dich Arkylastros nennen?“
Die Todesritterin hatte den letzten Namen noch nicht vollends ausgesprochen, als ein fast schon wimmerndes Quieken aus dem Körper des untoten Wyrms entwich. Instinktiv zog er seinen Kopf zurück, machte einen Schritt seitwärts und sackte sogleich mit dem Bauch auf den Boden. Mühelos gelang es Xelestra, sich auf den Rücken des Drachen zu schwingen. Dann sah sie zu Vdarassar hinüber.
„Worauf wartet ihr noch? Wir fliegen los!“

Die Schlacht lief wesentlich schlechter, als jeder es sich hatte vorstellen können. Sicher, die Orcs des Drachenmalclans waren schnell überwältigt und auch die Wachen Orgrimmars, deren Order die Bewachung der massiven Eisentore mit vehementer Überzeugung befolgt wurde, konnte man schnell niederstrecken oder gefangen nehmen. Doch gerade als die Truppen von Vol’Jin und Baine gemeinsam auf das Tor zustürmten, wurden sie von einer metallenen Bestie empfangen, die sie mit Sperrfeuer aus ihrem Kanonenturm, einem schneidenden Laserstrahl, der aus dem skorpionartigen Schwanz auf alle umliegenden Feinde schoss sowie gellende Flammen, die dem Untetüm aus dem verzerrten Maul schlugen, derart schnell dezimiert, dass ihnen nichts als der Rückzug blieb. Erst als sie den engen Canyon, der Klingenhügel mit Orgrimmar verband, erreichten und sich in die Felsspalten und unzähligen Abzweigungen hin verteilten, waren sie von der metallenen Bestie sicher, die ihnen in diese engen Schluchten aufgrund ihrer schieren Größe nicht zu folgen in der Lage war.
Novatian, Nikariu und die übrigen Heiler hatten indes damit begonnen, sich um die Verwundeten zu kümmern. Binnen weniger Minuten hatten die tödlichen Waffen dieser mechanischen Bestie schreckliche Wunden gerissen. Niemand, nicht einmal der furchtlose Anführer der Trolle, war unversehrt geblieben. Überall stank es nach verbranntem Fleisch und brennendem Fell, verkohlten Haaren oder verkohltem Leder.
„Wir müssn die Bestie irgndwie austrickn.“ Überlegte Vol’Jin laut, blickte in die Runde seiner Krieger, deren Reihen sich beängstigend gelichtet hatten. Dann blickte er kurz an der Felswand vorbei in Richtung Meer, auf dem er in der Ferne die Segel von Schiffen zu sehen glaubte. Viel näher kamen diese jedoch nicht, wurden sie doch von der Küstenverteidigung Orgrimmars sofort unter Feuer genommen, sobald sie sich auch nur ansatzweise näherten. Mit Verstärkung war also vorläufig nicht zu rechnen – es sei denn Sylvanas und Lor’Themar würde noch irgendein geschickter Schachzug einfallen. Was sie brauchten war ein Ausfall mit einigen kräftigen Kriegern, die diese Bestie ablenkten oder gar einen entscheidenden Schlag dagegen führten. Doch wer konnte so etwas tun?
„Kommandant.“ Rief einer der Tauren in auffällig goldener Plattenrüstung. Vol’Jin blickte fragend zu dem Tauren, der mit einer Handvoll anderer Tauren vorwärts trat.
„Wir werden versuchen, die Bestie von der Seite anzugreifen. Dort scheint sie weniger gut bewaffnet zu sein. Gebt nur den Befehl und wir rücken aus.“
Vol’Jin blickte kurz nach vorn, schreckte aber sogleich zurück, als eine weitere Welle Feuers in seine Richtung schwappte und beinahe seine restlichen Haare versengte. Dann blickte er zu den Tauren zurück, die allesamt ihre Schilde gegriffen und vor ihre Körper hielten.
„Ich wird euch nich in den Tod befehln. Aber wenn ihr es schafft, folgen wir euch und helfn so gut es geht.“
Das reichte den Tauren scheinbar. Mit schnellem Schritt stürmten sie in einen der Seitenarme der Canyons, wo sie sich verteilten und dort, die Schilde zum Eigenschutz erhoben, von zwei Richtungen auf die Bestie zu stürmten.
„Sie sind wahre Helden…“ murmelte Vol’Jin vor sich hin, blickte dann in die Runde seiner Kämpfer und nickte ihnen zu. „Macht euch bereit. Wer laufn kann, folgt mir!“

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Kapitel 20 – Geschwisterstreit

Die ersten Sonnenstrahlen schoben sich über die felsigen Bergzungen, die das Brachland von Mulgore trennten und vertrieben sogleich den Schlaf aus den Blättern und Gräsern, der durch die Nacht über sie gefallen war. Doch nicht nur die Gräser wurden durch das warme, sanfte Strahlen der Sonne, die langsam immer höher stieg, wach geküsst.
Wie jeden Morgen waren es die ersten Sonnenstrahlen, die ausreichten, um Nikariu aus ihrem Schlaf zu wecken. Dieses Mal jedoch war es kein gemütliches Bett, kein Schlafsack, kein Nachtlager am Boden unterhalb einer Zeltplane und auch kein lediglich mit einem Fell bedeckter Boden, wie sie es schon dutzende und hunderte Male vorher erlebt hatte, sondern lediglich ein äußerst unbequemer Stuhl, auf dem sie sich mehr schlecht als recht in eine angelehnte Position bugsiert und mit einer dünnen Decke zugedeckt hatte. Dementsprechend steif fühlte sich ihr Rücken ob dieser äußerst unangenehmen Schlafposition auch an, mühte sie sich zuerst, sich zu erheben und in eine aufrechte Position zu zwingen. Ein gedrungenes Seufzen entglitt ihr dabei, als sie spürte, wie sich ihr Rücken langsam wieder in seine eigentliche Form schob und dabei leise Knacklaute von sich gab, die ihr ein Prickeln über die Arme jagten. Erst dann viel ihr auf, dass das Bett neben ihr – ihr Bett, um genau zu sein – leer war.
Einige Sekunden starrte sie auf das Bett, fast so als glaubte sie noch daran, ihre Augen spielten ihr einen Streich. Und wenn schon nicht die Augen, dann ihr Gedächtnis. Denn sie war sich schließlich sicher, dass Xelestra niemals hätte in der Lage sein können, einfach so aufzustehen und spurlos zu verschwinden.
Die Schrecksekunden vergingen, ebenso die Zweifel, die sie an sich selbst gehabt hatte. Nein, es war kein Irrtum, es war auch kein Traum und sie bildete sich auch nichts ein. Die Todesritterin war gestern noch hier gewesen, wie man an den Spuren im Bett deutlich erkennen konnte. Auch ihre Rüstung und ihre Waffe lagen noch, fein säuberlich aneinander lehnend, am Fußende des Bettes auf einem kleinen Nachttisch, dessen hölzerne Beine ob des Gewichtes der Ausrüstung bedrohlichlichen Schiefstand eingenommen hatten. Wo auch immer sie sein mochte, sie konnte also nicht weit sein.
Rasch wandte Nikariu sich zu dem, von einem dünnen Vorhang verschlossenen Durchgang und wollte sogleich nach den anderen sehen, als sie mit ihrer Hufspitze eher beiläufig etwas wegtrat, das mitten auf dem Boden und im Weg herum gelegen hatte. Schlagartig wanderte ihr Blick nach unten und auf das längliche, hölzerne Objekt, das nun gut einen Meter vor ihr und genau am Saum des Vorhanges lag und die spitzen Borsten wie aus Spott nach oben streckte.
Ein Besen – oder eher noch die Überreste von dem, was einmal ein Besen gewesen sein mag, denn der Stiel fehlte, war sauber knapp oberhalb des Kopfes herausgebrochen worden. Und unweit des Besenkopfes bemerkte sie nun noch etwas am Boden: Schleifspuren. Sechs feine Rillen, die bei flüchtiger Betrachtung gar nicht aufgefallen waren, aus der Nähe jedoch im Holzboden so klar erkennbar waren wie die Spur eines Wildtiers, das seine Fährte in der Wildnis zurückließ, wiesen den Weg hinein in den Hauptraum der Behausung des Hexenmeisters.
Ihre Augen auf die Rillen im Fußboden fixierend folgte Nikariu der Spur, die eng an der Seite vorbei führte und durch den Eingang nach draußen ging. Sie hatte gerade den Kopf nach draußen gesteckt, wollte der Spur weiter folgen, als sie, keine zehn Meter entfernt, die Todesritterin halb auf einem Knie, halb auf dem Bauch an einen Felsen gelehnt hocken sah, den Blick in Richtung Mulgore gerichtet und dem Zelt den Rücken zuwendend. Ohne lange nachzudenken schritt sie schnell in ihre Richtung.
„Bei An’she, was machst du denn hier draußen?“ rief Nikariu der Todesritterin zu, als sie fast neben ihr stand. 
Xelestra antwortete nicht, wandte dafür ihren Kopf von der jungen Paladina ab, die sogleich auf die rechte Seite der Todesritterin trat und nach dem rechten Arm griff.
„Lass mich.“ Entwich ihr schließlich, als Nikariu kurzentschlossen zupackte und Xelestra hoch zu wuchten versuchte. Ein wahres Trommelfeuer aus Schmerz und Druck explodierte in ihrer Brust und entlang ihrer gebrochenen Rippen, als sie nach oben gezogen und die Schulter der Paladina unter ihre Eigene gepresst wurde.
„Du kommst wieder rein! Hier draußen ist es viel zu kalt. Und Mulgore läuft dir nicht weg. Jetzt….“
„Lass. Mich. Los.“ Schnaubte Xelestra erneut, stieß nun Nikariu mit der linken Hand zur Seite und versuchte ihren rechten Arm aus der Umklammerung zu lösen. Das plötzliche Aufbäumen kam für Nikariu ungewohnt und ihr Griff war nicht fest genug, um die plötzliche, derart entschiedene Gegenwehr kontern zu können.
Aus dem Griff der Paladina befreit schwankte Xelestra etwas zurück, wollte ihre Bewegung abfangen. Dann erst merkte sie, dass ihr rechtes Bein ihr immer noch nicht wirklich gehorchen wollte, ihr Huf einfach regungslos am Boden verblieb und sie keine Möglichkeit hatte, den unvermeidlichen Sturz zu verhindern. Doch statt unsanft auf den Boden zu klatschen griff Nikariu erneut zu, packte Xelestra diesmal wesentlich fester und zog sie wieder in eine stabile, stehende Position.
„Verdammt nochmal, warum bist du so stur Schwester?“ schnaubte nun Nikariu, merkte aber erst, was sie gesagt hatte, als ihre Lippen sich bereits wieder geschlossen hatten.
Erst jetzt blickte Xelestra etwas in die Richtung der jungen Paladina. „Was. Wie hast du mich genannt?“
Nikariu schwieg. Innerlich jedoch fluchte sie lautstark über ihre eigene Dummheit, ihre fehlende Disziplin in dieser Situation. Mit aller Kraft versuchte sie eine Ausrede zu finden, einen Grund, warum sie sich einfach nur versprochen hatte, einen Ausweg aus….
„Woher weißt du es?“ sagte Xelestra nun betont langsam, den Blick auf Nikariu richtend. Die jedoch versuchte dem Starren der Todesritterin auszuweichen. 
„Hat der Hexenmeister es dir etwa…“ bohrte die Todesritterin weiter, während ihre Stimme immer dominanter, dunkler wurde. Doch dann unterbrach Nikariu sie mit einem Mal, blickte ihrerseits ins Gesicht der Todesritterin und starrte ihr direkt in die Augen.
„Aus deinem Gebetbuch. Du hast sehr viel geschrieben und gezeichnet. Was glaubst du wie lange du und die anderen das alles noch vor mir hättet geheimhalten können, bis ich es merke?“ schnaubte sie nun ihrerseits. Kleine, goldene Flammen züngelten bei jedem ihrer Worte in ihren Augen auf. Dann jedoch bemerkte sie feine, ungewöhnliche Spuren im Gesicht der Todesritterin, die von ihren Augen hinab führten. Diese Spuren wirkten fast wie…Tränen?
„So lange, wie es gut für dich gewesen wäre.“ Antwortete Xelestra trocken.
Die Paladina starrte nun fassungslos. Einerseits die Tränen, ja, eindeutig Tränen, die ein so deutliches Zeichen für Emotionen und das Vorhandensein von Leben wie nichts anderes waren, zum anderen aber diese kalte, emotionslose Art. Sie verstand es nicht. Sie verstand auch den Grund nicht, blickte wieder fragend zu Xxelestra, die sich abermals aus dem Griff der Paladina zu befreien versuchte. Diesmal jedoch ließ Nikariu ihre Schwester gewähren, bückte sich und griff nach dem Holzstab, der ehemals wohl der Stiel des zerbrochenen Besens gewesen sein mochte, reichte ihn der Todesritterin an, damit sie sich darauf stützen konnte.
„Sieh mich an.“ Sagte die Todesritterin erneut mit kalter, emotionsloser Stimme.
„Alles, was ich einmal war, habe ich verloren. Jeden, der mir wichtig war, verraten. Und jetzt, mit dem Tod von Cairne, habe ich keinen Weg, jemals wieder etwas davon gut zu machen. Nur du – du bist noch da. Du warst wie ich und ich habe alles getan, was ich konnte, um dich aus den Klauen, denen ich mich freiwillig hingegeben habe, zu entreißen.“
Sichtlich mühsam schritt Xelestra wieder näher an Nikariu heran, die ihrerseits einen Schritt zurückwich. Dann aber blickte sie in die Augen der Todesritterin. Und für einen kurzen Augenblick konnte sie hinter dem bläulichen Leuchten die kastanienbraunen Augen sehen, in denen etwas leicht aufflammte und das Blau verschwimmen ließ. 
Eine einzelne, kleine Träne löste sich aus Xelestras rechtem Auge, bahnte sich einen Weg über ihre Wange.
„Ich werde nicht zulassen, dass du den Weg beschreitest, den ich einst freiwillig gegangen bin. Ganz gleich, was ich dafür tun muss, du wirst meinen Fehler nicht wiederholen, Schwester.“
Stille brach über die beiden ein, während die Sonne sich weiter über den Gebirgskamm erhob und nun auch die Kälte, die schließlich auch den Weg durch Nikarius für Wanderungen über die Ebene viel zu dünnes Nachtgewand gefunden und ihr ein leichtes Frösten beschert hatte. Dennoch standen beide einige Minuten voreinander, starrten einander nur an, ehe Nikariu wieder das Wort ergriff, auf Xelestra zu schritt und ihre Hand auf die rechte ihrer Schwester legte.
„Lass uns wieder reingehen.“

Einige Stunden später waren auch die übrigen Bewohner der äußerlich zwar kleinen, innen dafür umso größeren Behausung des Hexenmeisters ebenfalls erwacht, angekleidet und um das grünliche Feuer in der Mitte der Behausung versammelt, auf dem bereits ein großer Teekessel platziert worden war und leise vor sich hin köchelte. Die Ruhe war jedoch trügerisch, denn vor nur wenigen Minuten war ein Besucher herein gestürmt gekommen, saß nun ebenfalls am Feuer und hatte die Ehre erhalten, beim gemeinsamen Frühstück teilzunehmen, ehe man der Nachricht lauschte.
„Die Schlacht verläuft nicht gut.“ Berichtete der Bote, der tatsächlich ebenfalls ein Sonnenläufer – allerdings ein wesentlich jüngerer als die meisten anderen vom Orden – war. Die von Gold und Silber gesäumte Rüstung hatte bereits unzählige Kampfspuren, die die feinen Muster, die wohl einmal von einem wahren Meister in mühevoller Kleinarbeit in das Metall gearbeitet worden waren, nahezu zerstört hatten. 
„Es gibt viele Verwundete. Orgrimmar ist vollständig abgeriegelt und Garrosh hat schweres Gerät, um uns auf Distanz zu halten. Riesige Maschinen mit Kanonen und Feuer.“ Berichtete der Bote, während er mit leicht zittrigen Händen an seiner Tasse nippte. 
„Ihr braucht Hilfe nehme ich an.“ Hakte Vadarassar nach. Ein schüchternes Nicken folgte als Bestätigung.
„Man hat uns Jünglinge losgeschickt, um weitere Kräfte zu mobilisieren. Herr Theron und Miss Windläufer sollen ebenfalls mit Truppen unterwegs sein. Doch ohne Hilfe vom Land aus…“
Beinahe zeitgleich erhoben sich Novatian und Nikariu, blickten einander an. Dann ergriff der alte Taure das Wort.
„Wenn die Verwundeten derart zahlreich sind, ist es meine Pflicht, auf schnellstem Wege zu ihnen zu eilen und zu helfen.“
Als Nikariu ihrerseits ebenfalls ihre Hilfe anbieten wollte, stemmte sich Xelestra auf die Lehnen des Sessels, auf dem sie Platz genommen hatte, drückte sich selbst ebenfalls in aufrechte Position und nickte ihr zu. „Wenn du gehst, komme ich mit.“
„Auf keinen Fall. Gestern wärst du fast gestorben und deine Verletzungen sind immer noch nicht verheilt. Du bleibst hier.“
„Ich werde stattdessen mitkommen.“ Unterbrach Kyzaria, trat zwischen die beiden Taurendamen, die sich gegenseitig anstarrten. Dann legte sie eine Hand auf die Schulter der Todesritterin, nickte ihr langsam zu. „Dann erreichen wir das Ziel im Handumdrehen. Und wenn es gefährlich werden sollte, kann ich euch schnell wieder in Sicherheit bringen.“

Binnen einer weiteren Stunde war nicht nur die Diskussion, sondern auch das gemeinsame Frühstück beendet, hatten sich die vier für den Einsatz an der Front gerüstet und waren durch das Portal von Kyzaria, das sie direkt zum Klingenhügel führte, aus der Behausung des Hexenmeisters verschwunden. Zurück blieben so lediglich der Hexenmeister, der sich sichtlich unruhig um etliche Pergamente in seiner Schreibecke kümmerte, der Goblin, der sich über einen ungewöhnlich dick gefüllten Beutel her machte und die darin befindlichen Münzen zählte sowie Xelestra, die mit einem unzufriedenen Schnauben vor sich hin starrte.
Nikariu hatte Recht mit dem, was sie gesagt hatte. In ihrem Zustand war Xelestra in einem Kampf nicht zu gebrauchen, war sie eher eine Gefahr für andere, statt helfend zur Seite zu stehen. Und doch…sie ließ ihre Schwester geradewegs in den Tod laufen – dessen war sie sich sicher.
Zornig drückte sie mit ihrer Hand auf den Stoff der Stofftunika, dessen Hosenteil ihr rechtes Bein bedeckte, presste die Finger um ihre Kniescheibe. Ein dumpfer Schmerz, kaum mehr als ein kleiner Stich, war deutlich spürbar – im Vergleich zum noch immer vorhandenen Brennen in ihrer Brust und dem Pochen ihrer Rippen eine vernachlässigbare Verletzung. Und doch war es genau diese, die sie am Kampf hinderte. Und das musste sie ändern. Sie musste es schnell ändern, wenn sie ihrer Schwester noch eine Chance geben wollte.
„Goblin!“ rief Xelestra mit einem Male derart laut auf, dass ihm fast der Beutel aus den Händen geglitten wäre. Dann sah er zu der Todesritterin hinüber, die ihn böse anstarrte.
„Was willst….“
„Einen deiner Dolche. Wirf ihn her.“ Rief sie sogleich unter schnitt ihm damit das Wort ab.
Kweezil verstand nicht, schüttelte mit dem Kopf, griff dann aber an seinen Gürtel und zog einen von vielen, kleinen Dolchen, den er mit einem lockeren Wurf in Richtung Xelestra schleuderte. Zu seiner Überraschung fing sie diesen problemlos mitten im Flug auf, nickte ihm einmal zu und sah dann an sich herunter.
Kweezil wollte gerade noch fragen, was sie denn mit einem seiner Dolche machen wollte, als er sah, wie sie ihr rechtes Hosenbein hochkrempelte, den Dolch fest mit der linken Hand packte und die Klingenspitze über das Fell ihres rechten Knies wandern ließ.
‚Was tut sie da nu…‘ dachte er, ging dann aber in einen spitzen Schrei über, der mit „NEIN!“ das einzig relevante Wort quer durch den Raum brüllte. Davon aufgeschreckt wandte sich auch Vadarassar um, sah zuerst zu dem Goblin, dann zu Xelestra. Seine Augen weiteten sich, als er sah, wie die Todesritterin sich einen Dolch mitten in ihr rechtes Knie rammte, die Klinge mit aller Kraft tiefer presste, drehte, wieder heraus zog und sie einige Zentimeter weiter erneut ins Knie rammte. Das grausame Schauspiel wiederholte sie noch einige Male, ehe sie den nun blutverschmierten Dolch zur Seite warf und dann mit beiden Händen an ihr rechtes Bein packte, es drehte, daran zerrte und die Wunden, aus denen das Blut in Strömen zu laufen begonnen hatte, abdrückte. 
So schnell er konnte raffte Vadarassar Ballen von Bandagen zusammen, stürmte zur Todesritterin hinüber und wollte sogleich mit der Wundversorgung helfen. Doch die Todesritterin hob ihre blutverschmierte, linke Hand abwehrend in die Höhe, deutete auf ihr rechtes Knie, über dem nun ein leicht grünlicher Schimmer lag. Die Ströme aus Blut, die gerade noch aus den Wunden gequollen waren, kamen zum Erliegen. Mehr noch – ihre Richtung begann sich umzukehren! Ganz allmählich verschwand das Blut von ihrem Bein, drängte es zurück in die Wunden, die sich zwar langsam, aber für das geschulte Auge dennoch erkennbar zu schließen begannen. Dann, ohne ein Wort des Dankes oder einen anderen, ähnlichen Kommentar, griff Xelestra nach einer der Bandagen, die Vadarassar immer noch in Händen hielt und begann diese um ihr Knie zu knoten, die Wunden damit gänzlich abzudecken.
„Was…was sollte das?“ fragte der Hexenmeister, während Xelestra eine weitere Bandage griff, diese über die erste wickelte und so fest sie konnte verknotete. 
„Ich muss meiner Schwester um jeden Preis helfen. Ganz gleich, was ich tun muss.“ Knurrte Xelestra, die den Knoten festzurrte, ehe sie sich mit beiden Händen erneut vom Sessel aufstemmte und aufrecht hinstellte. Dann blickte sie an sich herab, hob ihren rechten Huf langsam an. Ein kaltes Lächeln zog über ihr Gesicht, als sie spürte, wie die Muskeln ihres rechten Beins wieder gehorchten und ihr Knie, auch wenn es sich sehr locker und wackelig anfühlte, zumindest etwas Last ertrug.
Dann wandte sie sich um, schritt mit einem deutlich sichtbaren Humpeln in Richtung des Nachtlagers und ihrer Rüstung.

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Kapitel 19 – Krieg der Seelen

Um sie herum war alles kalt und dunkel. Kein einziger Lichtschein, nicht einmal das Schimmern einer fernen Reflexion, erhellte den Ort, an dem sie stand. Erst als sie an ihren Gürtel griff, eine Schriftrolle hervor brachte und die Finger darüber wandern ließ, die von ihrer Handschrift an Magie in das Pergament eingeschlossene Stück Papier freisetzte, erhellte das leicht bläuliche Glimmen die Dunkelheit und gab ihr somit endlich die Möglichkeit zu sehen, wo sie tatsächlich war. Doch auch das fahle, blaue Licht der Rolle reichte nicht, um die Umgebung tatsächlich angemessen erkennen zu können.
Steinerner Boden. Keinerlei Struktur, die irgendwie auffällig war. Im Gegenteil: Der Boden war völlig glatt, ließ jegliches Muster vermissen, spiegelte stattdessen in einem sanften Grau. Wände, die einen Raum begrenzen würden, sah sie im fahlen Licht, das von dem Papier zwischen ihren Fingern ausging, dagegen nicht. Auch eine Decke oder tragende Säulen, die diesen Raum oder was auch immer das war stützen mussten, sah sie nirgends. Und nicht nur das – eine unheimliche Stille drang an ihre Ohren. Eine Stille, die so betäubend und benebelnd wirkte, dass sie den unbändigen Drang verspürte, laut los zu schreien, damit diese Stille nur endlich ein Ende nahm. Stattdessen aber blickte sie stur vorwärts und begann in die Dunkelheit vor sich zu sprinten. Doch bereits nach drei Schritten blieb sie wieder stehen, blickte verwundert an sich hinab. Etwas fehlte hier.
Unsicher hob sie einen ihrer Hufe und stapfte kräftig damit auf.
Kein Klirren. Kein Knarzen von Metall, das sich in Stein bohrte. Nur ein sehr dumpfer Klang eines Schrittes, dem jeglicher Hall fehlte. Jetzt sah sie gänzlich an sich herab.
Keine Rüstung. Nicht einmal die Leinenkleidung, die sie unter ihrer Rüstung üblicherweise trug. Nur ihr Fell, eine lilane Robe und ein einfacher Gürtel, an dem ein Beutel mit Schriftrollen und anderen Schreibwaren angebunden war, bedeckten ihren Körper. 
Eine Frage brannte sich in ihren Kopf: Was war hier los? Wo war sie? Wieso war sie hier? Und woher hatte sie diese Kleidung, warum waren ihre Eisen fort, wieso hörte sie nichts und weshalb sah sie nirgends Licht? Wo auch immer sie hin blickte, alles wirkte einfach nur falsch.
Fragen über Fragen. Doch anstatt herumzustehen und zu hoffen, dass ihr die Antwort einfach zuflog, lief sie wieder los und rannte nun so schnell sie ihre Hufe tragen konnten vorwärts. Schneller, immer schneller trugen ihre Beine sie voran, in der Hoffnung, dass sich dieser seltsame Raum irgendwie doch ein wenig veränderte.
Ein Trugschluss, den sie nach zahllosen Minuten, die vergangen sein mussten, bemerkte, als sie nach Luft ringend zum Stehen kam und sich wieder umsah. Wäre sie nicht so außer Atem, würden ihre Beine von der plötzlichen, extremen Kraftanstrengung nicht so brennen und wäre sie sich nicht absolut sicher, noch ihren Verstand zu besitzen, sie hätte Stein und Bein geschworen, dass sie auf der Stelle gelaufen war.
Ein leises Keuchen hinter ihr riss sie aus den Gedanken. Sofort wirbelte sie herum, blickte zur Quelle des Geräuschs. Dort, einige Meter von ihr entfernt und wie aus dem Nichts sah sie zwei Gestalten in der Dunkelheit, die im flackernden Schein einer Kerze, die in der Luft schwebte, in einen Kampf vertieft waren.
Xelestra wandte sich nun vollends zu den beiden um, trat einige Schritte näher, um die beiden etwas näher in Augenschein zu nehmen.
Zwei Taurinnen, die sich mit ihren Waffen bekriegten. Die eine war in eine gänzlich schwarze Rüstung gekleidet, schwang eine blau schimmernde Klinge gegen ihre Rivalin. Diese wiederum hatte eine Zweihandaxt, die sie geschickt zur Parade hob, trug eine von Rot- und Brauntönen gesäumte Rüstung mit viel beschlagenem Leder. 
Zwei ebenbürtige Krieger im Kampf auf Leben und Tod – so wirkte es auf den ungeschulten Betrachter. Xelestra jedoch, die das Wissen etlicher Jahrzehnte von Kampferfahrung besaß und selbst ebenfalls viele derartige Kämpfe ausgefochten hatte, erkannte die Situation als jene, die sie tatsächlich war: Die Taurin in der schwarzen Rüstung spielte offenbar nur mit der Taurin in der rotbraunen Rüstung. Sie parierte die Versuche ihrer Rivalin, die Axt zum Angriff zu schwingen, mit spielerischer Leichtigkeit, holte im Gegenteil selbst kräftig aus und bremste ihren Schlag auf halbem Weg, um dann bewusst und gewollt eine Parade zu provozieren, während der rotbraun gerüsteten Taurin mehr und mehr die Luft auszugehen schien.
Bei noch genauerem Blick erkannte Xelestra auch weshalb: Etliche der roten Bereiche der Rüstung waren hellrot von Blut, das aus zahlreichen Wunden quoll. Nur ihr Kampfeswille hielt sie scheinbar noch aufrecht – und ihr Überlebensinstinkt leitete ihre Waffenhand.
Die schwarze Taurin dagegen hatte keinerlei Kampfspuren an sich. Einige wenige Kratzer in der Rüstung, doch nirgends auch nur die Spur von Blut oder gar Schwäche. Ihre Augen wanderten stattdessen über ihre Rivalin, als wäre sie nur noch auf der Suche nach der einen, nach der perfekten Stelle, um diesen erbärmlichen Kampf mit einem einzigen, winzigen Streich sofort zu beenden. Und tatsächlich schien sich ihre Geduld auszuzahlen, als ihre Gegnerin einen etwas zu gewagten Angriff nach vorn versuchte, ihre mächtige Axt aber ins Leere schwang und, vom Schwung der eigenen Waffe getrieben, an der Taurin mit der schwarzen Rüstung vorbei stolperte und einen weiten Ausfallschritt machte, um sich sofort wieder zu fangen.
Mit einem lauten Krachen donnerte die schwarzgerüstete Taurin den Griff ihres Schwertes in den Rücken ihrer Gegnerin, raubte ihr so den letzten Rest Balance und ließ sie auf Knie und Hände stürzen. Die Axt flog ihr aus den Händen, zwei Meter von ihr fort und damit außer Reichweite, während die schwarze Taurin nun ihre eigene Klinge anhob und auf den exponierten Hals ihrer Gegnerin anlegte. Ein zufriedenes, böses Grinsen schimmerte unter dem ansonsten gänzlich schwarzen Helm hervor, der ihr Gesicht verdeckte. Zu lange hatte sie auf diese Gelegenheit gewartet, als dass sie sie untätig verstreichen lassen würde. Also steckte sie alle Kraft, die sie hatte, in diesen Schlag, um die Klinge mit tödlicher Präzision herab rasen zu lassen.
Plötzlich geriet ihre Welt in Bewegung, spürte sie einen heftigen Schmerz in ihrer Seite, der sie von den Hufen riss und auf den Boden donnern ließ, während ihre Klinge im hohen Bogen davon segelte und unmittelbar neben der Axt auf den Boden krachte. Wutentbrannt schüttelte sie sich, versuchte den Grund für diese Störung heraus zu finden und sah ihn in Form von Xelestra, die ihr aus vollem Lauf und mit ihrem ganzen Körper in die Seite gesprungen war, den tödlichen Streich somit verhindert hatte. Gänzlich baff starrte sie zu der fremden Taurin hinauf, die ihre Faust ballte und mit aller Kraft in Richtung Helm donnerte. Dann sank sie bewusstlos in sich zusammen.
Xelestra atmete tief durch, spürte das Adrenalin in ihren Adern brennen, sprang aber sofort wieder auf die Hufe, blickte zu der verletzten, anderen Taurin und griff nach ihrem Arm. Die keuchte, riss sich ihren Helm runter und starrte ihre Retterin verdutzt an. Xelestra starrte ihrerseits zurück und war sich in diesem Moment sicher, ihren Verstand zu verlieren. Denn diese, in ihre rotbraune Rüstung gekleidete Taurin, war sie selbst.
Sekunden des fragenden Starrens vergingen, ehe Xelestra vom Seufzen der schwarz gerüsteten Taurin aus ihrer Starre gerissen wurde, sich zu ihr umdrehte, ihr ebenfalls den Helm herunter riss und sie an der Mähne packen wollte. Doch erneut blickte sie in ihr eigenes Gesicht. Anders als die andere Taurin aber waren die Augen dieser Version von ihr nicht kastanienbraun, sondern leuchteten in einem grellen Blau, das sogar durch die geschlossenen Augenlider hindurch sichtbar war.
Die rotbraune Version von ihr schien ihre Chance zu erkennen, zwang sich selbst auf die Hufe und sprang auf die am Boden liegende, schwarze Taurin, drückte ihr beiden Hände um ihren Hals und drückte so feste zu, wie sie nur konnte. Das wiederum riss die schwarze Taurin aus ihrer Benommenheit, die ihrerseits ihre Hände um den Hals ihrer Kontrahentin legte und mit aller Kraft zudrückte. Xelestra indes stand neben den beiden, die gerade drauf und dran waren, sich gegenseitig umzubringen. Wutschnaubend packte sie die rotbraune an der Mähne und zog sie mit einem kräftigen Ruck zurück, griff mit der anderen Hand nach der Mähne der schwarz gerüsteten Taurin und tat es ihr gleich.
Beide Varianten ihrer Selbst ließen voneinander ab, brüllten mit einem Mal laut auf, als ihre Köpfe gewaltsam nach hinten gerissen wurden und ruderten mit den Armen wild umher, ehe sie wirklich realisierten, dass noch eine dritte Version von ihnen selbst anwesend war.
„IHR SETZT EUCH JETZT HIER HIN UND MACHT KEINEN MUCKS MEHR ODER ICH BRECH EUCH DIE BEINE!“ brüllte Xelestra die beiden Versionen ihrer Selbst an, schleuderte sie schroff mit dem Kopf in Richtung Boden. Zwei Augenpaare fixierten sie mit bösem Blick.
„Die….will mich umbringen….“ Keuchte die rotbraun gerüstete Taurin nach einigen Augenblicken des Starrens, deutete mit einer Hand in Richtung der schwarz gerüsteten Taurin. Diese griff sogleich nach der Hand und begann, diese mit einem kräftigen Ruck zu verdrehen. Doch noch ehe sie das Knacken der Handknochen vernehmen konnte spürte sie ihrerseits einen Schmerz, der von ihrem linken Knie ausging. Schlagartig wanderte ihr Blick von ihrer Kontrahentin zu Xelestra, die einen Schritt weiter an die beiden heran getreten war und deren linker Huf nun auf dem linken Knie der schwarz gerüsteten Todesritterin ruhte, dieses in einem sehr ungesunden Winkel auf den Boden drückte.
„Ich habe eben etwas gesagt…“
„SCHWÄCHE MUSS ENDEN.“ Knurrte nun die schwarze Taurin mit einem seltsam hallenden Unterton.
„Ich bin nicht schwach!“ brüllte die rotbraun gerüstete Taurin zurück, während sie sich die schmerzende Hand rieb.
„Aber du bist verletzt.“ Stellte Xelestra fest, die nun zur anderen Taurin blickte und mit einer Hand auf die Blutspuren in ihrer Brust und ihrem Bauch deutete.
Die Taurin nickte. „Ja. Ich…“
„DU BIST SCHWACH!“ brüllte die schwarz gerüstete Taurin lautstark, hob die Hand zum Angriff auf die andere Taurin. Xelestra schritt aber erneut ein, fing die Hand noch in der Bewegung mit einer eigenen auf und donnerte ihre linke Faust mit aller Kraft gegen den Ellenbogen der schwarzen Taurin.
Es knackte zweimal deutlich hörbar, ehe die schwarze Taurin ihren Blick wutentbrannt auf Xelestra richtete. Die jedoch griff nach der Schulter der rotbraun gerüsteten Taurin, zog diese hoch und einige Schritte weiter von ihrer Rivalin weg.
„Sie ist jetzt auch verletzt. Ihr seid wieder ebenbürtig.“ Knurrte Xelestra, legte die Taurin einige Meter entfernt ab, wandte sich um, griff zu Schwert und Axt und schritt wieder zwischen die beiden.
„Die hier nehme ich mit. Und ihr….“ Knurrte sie, die Waffe der jeweiligen Taurin auf eben diese richtend „…ihr werdet einander in Ruhe lassen. Kämpft, wenn ihr es für nötig haltet. Aber wehe, wenn einer von euch beiden den anderen verletzt oder gar töten will.“
„SIE MUSS STERBEN!“ brüllte die eine
„Sie wird mich umbringen, wenn ich sie nicht aufhalte!“ brüllte die andere
„Nein. Ruhe. Alle beide!“ schnaubte Xelestra. „Ihr werdet euch vertragen!“
Vor lauter Zorn, der mittlerweile über diese Starrsinnigkeit der beiden Versionen ihrer selbst in ihr aufloderte merkte sie nicht, wie es um sie herum mit einem Mal heller wurde. Die Helligkeit wurde zu einem leuchtend weißen Strahlen, das den endlos wirkenden Raum zu erhellen begann und bis in die höchsten Höhen hinauf leuchtete. Erst als das Licht blendend hell wurde nahm Xelestra es wirklich aktiv wahr, sah sich nach der Quelle um, damit sie sich davon abwenden konnte, um von dem intensiven Strahlen nicht geblendet zu werden. Doch sie sah die Quelle des Lichtes nicht, das immer stärker wurde und ihr gesamtes Gesichtsfeld ausfüllte. Auch die beiden anderen Versionen von ihr versuchten ihre Augen vor dem strahlenden Licht zu schützen, wandten ihre Gesichter ab und drückten ihre Köpfe fest auf den Boden. Dann endlich wurde ihr bewusst, wo das Licht her kam.
Von ihr selbst. Ihr eigener Körper war es, der weiß zu glühen begann und immer heller wurde, ehe er zu reinem, weißen Licht wurde, der wie eine Lanze aus reinem Licht die Umgebung erhellte. 
Xelestra drückte die Hände vor ihre Augen, um nicht geblendet zu werden. Doch das Licht wuchs auch aus ihren Handflächen, nahm ihr jede Sicht, schien sie gänzlich zu verschlingen und sie zu dem funklenden Strahlen selbst zu machen. Dann verging auch noch der letzte Rest der Dunkelheit vor ihrem Gesicht, wandelte sich alles in Weiß.

Als das strahlende Weiß endlich nachließ, kehrte die Dunkelheit zurück. Vorsichtig und mit aller Kraft zwang Xelestra ihre Augenlider auf, in der Erwartung, vom grellen Lichtschein sofort wieder geblendet zu werden. Doch da war kein weißes Licht mehr – nur ein sanftes, grünes Flackern von einem Feuer, das in einiger Entfernung in einer Feuerstelle loderte und die Umgebung mit fremdartigen Schatten anfüllte.
Xelestra hob vorsichtig den Kopf, sah sich um.
Sie lag in einem fremden Bett, umgeben von Bücherregalen. Links neben ihr saß eine Gestalt zurückgelehnt und schlief offenbar tief und fest, säuselte sanft vor sich hin. Weitere Schnarchlaute drangen aus größerer Entfernung an ihre Ohren.
Langsam versuchte sie sich aufzurichten, spürte aber mitten im Versuch, ihren Oberkörper anzuheben einen heftigen Schmerz in Brust, Bauch und Rücken, der sie an jeder Bewegung hinderte. Also versuchte sie ihre Arme zu bewegen, strich damit über ihre Flanken, ihren Bauch, Brust und so weit an ihrem Rücken entlang, wie sie konnte, tastete. Dann kehrten die Erinnerungen zurück.
Khaled. Höllschrei. Die Kämpfe in Pandaria. Nikariu am Boden, dann die Axt, die in ihre Richtung raste und ihr letzter Versuch, die kleine Paladina zu retten. Schwärze.
Sie biß sich selbst auf die Lippe, als sie an ihrem Brustkorb angekommen war. Bei dem Kampf mit Khaled hatte sie sich offenbar noch drei weitere Rippen gebrochen, deren Heilung gerade erst begonnen hatte. Ihre eigene Klinge dagegen, die von Höllschrei gegen sie gerichtet worden war, hatte in ihrem Rücken weitreichende Verletzungen hinterlassen. So würde es sicher etliche Tage dauern, ehe sie sich wieder bewegen können würde. Oder….
Sie drehte sich auf dem Bett auf die Seite, rollte zur linken Seite und stürzte aus dem Bett. Noch ehe sie aufschlug, streckte sie ihre Arme aus, fing ihren Fall ab und drückte sich selbst im Liegestütz nach oben, versuchte sich auf die Hufe zu pressen. Doch zu ihrem Entsetzen spürte sie ihr linkes Bein unterhalb des Oberschenkels nicht mehr. Wieder blickte sie an sich herab, sah, wie ihr linkes Knie dick und verdreht war. Erinnerungen an jenen Tritt Höllschreis wurden wieder wach. Innerlich fluchte sie, wusste sie doch aus der Vergangenheit, dass derartige Verletzungen über eine Woche dauern würden, bis sie vollständig verheilt waren.
Doch erneut kam ihr das Glück zur Hilfe, erspähte sie einen Besen, der an eines der Regale angelehnt war. Mit einem Handgriff hatte sie den Kopf des Besenstiels abgebrochen, packte den Stiel nun mit beiden Händen, biss auf die Zähne und zog sich an dem Stiel langsam nach oben, bis sie schließlich auf ihrem rechten Bein und dem Stiel balancierend stand.
„So weit, so gut.“ Murmelte sie vor sich hin, blickte sich nun erneut um und erspähte dann das, was nach einem Ausgang aussah. Vorsichtig und so leise wie sie konnte setzte sie zuerst den Stiel nach vorn, stützte sich mit beiden Händen darauf, ehe sie ihren rechten Huf einen Schritt nach vorn setzte. Zu ihrer Überraschung gelang ihr das außergewöhnlich gut, wurde ihre Euphorie nur von ihrem linken Huf getrübt, den sie vorsichtig hinter sich her schliff, um kein zu lautes, schleifendes Geräusch auf dem Boden zu produzieren. So kam sie nur langsam voran, durchschritt dann den Ausgang schlüpfte schnell hindurch.
Als sie draußen angekommen war, beschleunigte sie ihr Vorankommen, zog ihr linkes Bein so flott sie konnte hinter sich her, blickte sich auf der Suche nach Orientierung um. Wo war sie? Wer war das? Wie war sie hierher gekommen? Und….
Xelestra erstarrte, als ihr Blick über die Klippen und die Ferne fiel, die von den ersten Sonnenstrahlen des neuen Morgens erhellt wurden.
Das dort hinten….das war Donnerfels. Mulgore. Ihre….Heimat. Sie war….sie war zu Hause….
Tränen schossen in ihre Augen, suchten ihren Weg auf einem für sich völlig unbekannten, vorher nie beschrittenem Gesicht. Dann versagten Xelestra ihr Knie und die Hände, stürzte sie auf ihr einzig gesundes, rechtes Knie und auf den Boden.
Ein Gefühl, das sie so lange nicht gespürt hatte, das sie schon als verschwunden, als verloren vermutet hatte, übermannte sie, nahm ihr jede Kraft. Und so sackte sie in sich zusammen, legte ihre Stirn auf ihre Hände, die sich in den mit saftig grünem Gras bewachsenen Boden gruben….und weinte aus den tiefsten Tiefen ihrer geschundenen, zerbrochenen, verletzten Seele.

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Kapitel 18 – Jetzt platzt die Bombe

Xelestra lag in einem der Betten, die in den äußeren Winkeln von Vadarassars Zelt untergebracht waren. Und auch wenn die anderen Novatian immer wieder zur Eile drängten, da ihr die Zeit davon lief, wirkte er schon fast beunruhigend gelassen, zog ihre Decke zurecht, ehe er mit der rechten Hand über Nase und Mund der Todesritterin strich.
Nur schwach spürte er noch einen Hauch von Atem, der ihr aus Mund und Nase glitt, ruckartig ging und lange Pausen zwischen den einzelnen, schwachen Stößen einlegte. Für jedes andere Lebewesen war dies ein Indiz dafür, dass die Seele gerade dabei war, aus dem Körper zu fahren. Doch hier war alles anders. Die Todesritterin war noch relativ jung, ihre Seele uneins und die Energien in ihr für den Zustand verantwortlich.
Dann legte Novatian seine Hand auf ihre Stirn, strich durch die filzige, verklebte Mähne der Todesritterin und schloss seine eigenen Augen.
„An’She. Helles Licht am Firnament. Auge, das uns Wärme schenkt. Lenke deinen Blick auf dieses Kind der Erdenmutter. Denn obgleich es selbst andere Pfade wählte als deine Boten, so ist sie doch ein Teil von uns.“ Flüsterte der alte Taure vor sich hin. 
„An’She. Unendliche Jägerin auf der Suche nach Mu’Sha. Schenke mir, deinem niederen Diener die Kraft, jenes dem Untergang geweihte Licht durch die Finsternis zu leiten. An’She…..“ flüsterte er weiter, wurde mit jedem Wort leiser, bis es nur noch in ein Genuschel überging. 
Einige Augenblicke schien es, als würde nichts geschehen. Gebannt starrten Vadarassar und Braunpelz auf das Geschehen, in das nur wenige Augenblicke später auch Nikariu eingriff, die hinter den beiden hervor trat, sich an die Seite von Novatian stellte und ganz so, als hätte sie es von vornherein nicht anders geplant, seine linke Hand mit ihrer Rechten ergriff, ehe sie mit ihrer linken Hand die ebenfalls linke Hand der Todesritterin umschloss.
„An’She. Licht unserer Welt. Ich flehe dich an, hilf ihr.“ Flüsterte Nikariu ihrerseits, schloss die Augen und sank auf ein Knie. Novatian tat es ihr gleich, sank ebenfalls auf die Knie und senkte sein Haupt.
Dann, mit einem Mal und so schlagartig, dass sich niemand der Anwesenden darauf hätte einstellen können, erfüllte ein helles Strahlen die beiden Tauren. Ein Licht, so intensiv, dass Vadarassar, Braunpelz und auch Kweezil, der noch immer mißgelaunt auf seine Bezahlung bestand, sich abwenden mussten, um nicht geblendet zu werden. Ein Licht, das jeden Winkel von Vadarassars Zelt mit weißem Strahlen erfüllte, seine Dämonen gequält aufschreien ließ und durch die Hände der beiden Tauren in den Leib der Todesritterin eindrang, der daraufhin zu zittern begann, sich schüttelte und dann selbst teilweise anfing zu leuchten. Am hellsten jedoch leuchtete der Anhänger, der noch immer fest um ihren Hals hing und in einem kräftigen Violett in das sonst allgegenwärtige Weiss einstimmte. 
Etliche Sekunden lang leuchtete das Strahlen noch nach, ehe das Licht langsam verebbte und schließlich gänzlich verschwand.
Der Hexenmeister rieb sich über die Augen, blickte zum Bett, auf dem noch immer die Todesritterin lag. Davor, in sich zusammengesunken, hingen zum einen der Taure Novatian und die kleine Nikariu an der Seite des Bettes. Schnell hechtete der Hexenmeister nach vorn, wollte Nikariu vor einem Sturz nach hinten und damit auf den Rücken hindern, als sie wieder zu sich kam und sich langsam aufrichtete. Langsam zog sie tief Luft ein, blickte dann besorgt neben sich auf Novatian, der die Augen langsam öffnete und die junge Paladina zufrieden anblickte. Die Todesritterin indes sah er nicht an – er musste nicht hinsehen, um zu wissen, was geschehen war. 
Vadarassar und die anderen jedoch taten es, sahen zu Xelestra, die noch immer regungslos auf dem Bett lag und bei der sich nun für alle klar sichtbar der Brustkorb im ruhigen, gleichmäßigen Rhythmus hob und senkte. 
„Ihre Wunden sind schwer und zahlreich.“ Begann Novatian seine Erklärung, während er sich wieder aufrichtete, dann umwandte und auf den Hexenmeister und die Druidin zu ging. „Es wird lange dauern, bis alle ihre Wunden verheilt sind. Doch sie wird sich erholen. Jene Energien, die sich im Ungleichgewicht befunden hatten, sind nun wieder in Harmonie.“
Ein erleichtertes Seufzen füllte den Raum. Dann war es ausgerechnet der Hexenmeister, der seine Hand zum Dank an den Tauren ausstreckte und ihm mit sichtlich erleichtertem Blick Tee und Gebäck anbot. Eine Offerte, die der alte Tauren nur zu gern annahm, hatte ihn das Geschehene doch sichtlich Kraft gekostet.

Keine Stunde später saßen sie gemeinsam in der Mitte von Vadarassars Zelt um das große, grüne Feuer herum. Lediglich Nikariu hatte sich einen Stuhl genommen und neben das Bett der Todesritterin gestellt, auf dem sie nun saß und den Blick über die Taurin wandern ließ. Plötzlich erinnerte sie sich an das Buch, das aus einem der Beutel der Todesritterin gefallen war und das sie selbst eingesteckt hatte. Vorsichtig zog sie es wieder heraus, um den Einband nicht noch weiter zu beschädigen und betrachtete es genauer.
Wieder fiel ihr sofort die prägnante Front des Einbandes auf, der trotz der vielen Beschädigungen nichts an Wertigkeit verloren hatte. Dann schlug sie das Buch langsam auf, blätterte darin.
Ein Gebetbuch. Eines vom Orden der Silbernen Hand – Paladinen der Menschen und Zwerge. Viele der Texte waren in Gemeinsprache oder in Lettern, die sie weder entziffern noch verstehen konnte. Und die wenigen, die sie verstand, waren bedeutungslose, einsilbige Bindeworte. Auf den ersten Blick schien es ihr schleierhaft, weshalb ein Taure – noch dazu eine Todesritterin – so ein Buch mit sich führen sollte, wenn man die Sprache sowieso nicht…
Sie stutzte. Gerade als sie das vordere Drittel des Buches durchgeblättert hatte, hörte die Nummerierung der Seiten auf, wurden die Brandspuren an den Blättern weniger. Die Schrift verblieb gleich und wirkte noch so, als hätte der selbe Autor die Zeilen verfasst. Aber anders als die Worte zuvor verstand sie diese hier. Die Sprache war von Gemeinsprache schlagartig in Taurahe umgeschlagen, wirkte aber bei flüchtigem Blick vom Schriftbild immer noch wie Gemeinsprache. Warum tat jemand so etwas? Und vor allem: Wer war in der Lage, den Stil eines anderen Autors bis ins kleinste Detail des Schriftbildes so genau nachzustellen, dass man es erst durch genaues Hinsehen erkannte?
Vielleicht fand sie eine Erklärung im Text? Ohne zu zögern begann sie zu lesen, während einige Meter von ihr entfernt mehr oder minder laut diskutiert und gestikuliert wurde.

Der Text begann mitten im Satz, schloss damit an die letzte Zeile eines Gedichtes an, das Nikariu nicht entziffern konnte, da es offenbar noch in Gemeinsprache verfasst war. Doch dann folgte Text in Taurahe.
„…die letzten Reste der Geißel zurückgeschlagen. Viel ist von der Arena und den Zelten nicht übrig geblieben. Sogar der Altar wurde von den tobenden Dienern in Stücke geschlagen. Ich fürchte die Geißel wird erneut erstarken – selbst wenn Fordring einen Weg gefunden haben mag, die Kontrolle über die untoten Armeen zu behalten. Ich für meinen Teil werde dafür sorgen, dass die Truppen beschäftigt bleiben. Das bin ich dem Hexenmeister und seinen Freunden für das schuldig, das sie für mich getan haben. Das schulde ich der Horde und allen, die ich verraten und verlassen habe.“
Nikariu blickte vom Buch auf und zu der Todesritterin. Hatte sie etwa diese Zeilen geschrieben? Und war der Hexenmeister, von dem da geschrieben worde, vielleicht Onkel Vada?
Sie blätterte einige Seiten weiter. Etwas getrocknetes Blut verschmierte die folgenden Seiten, ließ sie aneinander kleben. Vorsichtig löste sie die Seiten, die aneinander hingen und suchte nach dem Anfang des Absatzes.

„Es war ein glücklicher Zufall, dass die Kreuzfahrer noch einige Sprengladungen übrig gelassen hatten. Ihr Einsatz hat mir die Arbeit im Monstrositätenpferch leichter gemacht. Ohne das frische Blut von Menschen und anderen Sterblichen wird es der Geißel nicht gelingen, neue Monstrositäten zusammen zu nähen. Eines der Monster hat mir bei dem Kampf fast das Bein abgeschlagen. Irrelevant. Meine Wunden werden heilen. Das ist sowohl das Geschenk als auch der Fluch, dem ich mich ausgeliefert habe.
Die Truppen der Allianz und Horde sind noch weniger geworden. Und die wenigen, die noch übrig sind, haben angefangen, sich wieder gegenseitig zu beharken. Offenbar hat es etwas mit dem Beben zu tun, das vor einigen Tagen tiefe Risse in das Eis der Gletscher gerissen hat. Zum Glück sind die uralten Konstruktionen in den Tiefen Nordends so massiv, dass sie von diesen Erschütterungen nicht beschädigt werden können. Ich hoffe nur, dass der Hexenmeister gut auf meine Schwester Acht gibt und sie von Kämpfen zwischen Allianz und Horde fernhält. Ihre Rettung war beim ersten Mal bereits riskant und hat mich selbst fast das Leben gekostet. Und auch wenn ich es mit Freude erneut tun sollte, wenn es nötig wird, so möchte ich sie keinesfalls in Gefahr sehen. Nicht jetzt, wo sie vom bösen Bann des Lich-Königs befreit ist und fern von der Dunkelheit dem Licht zugewandt wandeln kann.“
Direkt unter dem Text erblickte Nikariu, mit dreierlei Tinte in Farbe skizziert, die Büste einer kindlichen Taurin. Lange, kunstvoll geflochtene Zöpfe hingen links und rechts neben dem Kopf herunter, verliefen bis weit unter die Schultern. Besondere Sorgfalt erkannte sie bei der Gesichtszeichnung und den Augen, die bis ins kleinste Detail aufgezeichnet waren und eine kindliche, glückliche und unbeschwerte Fröhlichkeit ausstrahlten. Und doch – sie erschrak bei dem Anblick dieser Skizze innerlich.
Ihr war, als würde sie in einen Spiegel blicken, der sie um Jahre jünger aussehen ließ. Ja, diese Skizze stellte SIE dar. Deutlich erkannte sie die kleinen Schönheitsflecken unter ihren Augen, sogar die Augenfarbe war haargenau getroffen und die Zöpfe trug sie sogar heute noch ähnlich, obwohl sie ihr mittlerweile nicht einmal annähernd so elegant gelangen und eine solche Länge eher hinderlich im Kampf war.
Nein, das musste doch eine große Verwechslung sein. Woher sollte diese Todesritterin wissen, wie…
Sie blätterte kopfschüttelnd weiter, überflog die nächsten Absätze, in denen unzählige Begegnungen mit der Geißel beschrieben wurden, Kampfstrategien erläutert, Schwächen der unterschiedlichen Bestien, Trinkwasserquellen, mögliche Unterstände und große Öffnungen in den Felswänden, durch die man scheinbar ins Innere der Welt kriechen konnte, wenn sie die Worte richtig interpretierte. Insbesondere Letzteres war wieder mit zahlreichen Illustrationen versehen. Zahnräder, technische Zeichnungen und Maßangaben, mit denen Nikariu nichts anzufangen wusste. Eine Seite weiter fand sie eine Karte von Azeroth – mit der Ausnahme, dass es die Welt als eine einzige Landmasse darstellte, durch die mit feiner Tinte Trennlinien gezeichnet worden waren und so die einzelnen Kontinente darstellte. Am unteren Rand der Landmasse jedoch sah man farblich hervorgehoben einen Bereich, den sie mit einem Fragezeichen beschriftet hatte.
Pandaria. Zweifellos die Landmasse, die in den anderen Karten immer gefehlt hatte. Wie und wo kam die Todesritterin an diese Karte?
Nur zwei Seiten weiter folgte die Erklärung. Sie war verletzt und auf der Flucht in einen Schacht in der Nähe der Sturmgipfel gestürzt und dort an ein Archivum geraten, in dem uralte Informationen über Azeroth gespeichert worden waren. Vieles hatte sie, so schrieb es Xelestra selbst, nicht verstanden, hatte es bei einzelnen Aufzeichnungen, die sie für nützlich erachtete, belassen und sich auf einer Karte stattdessen die Position des Archivums markiert, um es später wieder betreten zu können.
Wieder blätterte Nikariu einige Seiten weiter vorwärts.
„Es ist nun fünf Jahre her, wenn ich mich nicht verzählt habe, dass ich mein altes Leben, meine Familie, meine Freunde und alles, was mich einstmals ausgemacht hat, zurückgelassen habe. Gerne würde ich schreiben, dass ich meine Taten nicht bereue, das ich das Richtige getan habe und stolz bin zu stehen, wo ich bin. Doch nichts wäre weiter von der Wahrheit entfernt als eben das.
Viele andere haben nach ihrem Wandel ihre Vergangenheit als fremdes Leben abgetan, leben nur für Hass und den Morgen. Doch ihre Regeln sind nicht die Meinen, ihre Perspektive, stets nur den Kampf zu suchen, ist nicht die Meine. Mein Kampf – er hat einen Sinn, er hat eine Aufgabe. Ich folge einem Schwur, den ich mir selbst gab, einem inneren Kodex. Und doch…
Die Druidin sprach einst, dass selbst in Todesrittern ein lebender Kern steckt, ein Funke, der auch vom Lich-König höchst selbst nicht ausgelöscht werden konnte. Hier, in dieser Kälte, in der Dunkelheit der polaren Nacht, hier fühle ich den Funken in mir. Ich fühle seine Wünsche, ich fühle seine Sehnsucht und seinen Schmerz.
Ich fühle den Wunsch, nach Hause zu gehen. Mich für meine Taten zur Rechenschaft ziehen zu lassen. Mich vor Cairne zu stellen, seinen strafenden, väterlichen Blick auf mir zu spüren und ihn um Verzeihung zu bitten. Mich zu meiner Familie zurück zu begeben und Nikariu, meine kleine Schwester, in den Arm zu nehmen.
Ich fühle den Schmerz, den dieser Funke mir bereitet. Wir alle haben diesen Schmerz – auch die Todesritter der schwarzen Klinge. Doch sie verschließen ihn in sich, nutzen den Schmerz für Zorn, lenken ihn gegen alles Lebendige, verfallen dem Chaos und töten, was immer sie töten sollen. Sie sind Bestien ohne Führung, ohne inneren Kompass. 
Ich hoffe, ich werde niemals so werden wie sie. Mein Kodex, er ist alles, das mir geblieben ist auf dieser Welt.“
Jetzt hatte Nikariu Gewissheit. Und doch verstand sie es nicht. Sie konnte nicht begreifen, dass sie einerseits die ganze Zeit so blind gewesen war, andererseits konnte sie das Niedergeschriebene nicht glauben.
Nur zu gern hätte sie ihre Eltern gefragt, ob es wahr war, was sie gerade gelesen hatte. Doch das ging nicht mehr – sie waren beide während des Kataklysmus und dem Verrat der Grimmtotem bei der Verteidigung von Donnerfels gefallen. Aber einen konnte sie fragen. 
Vadarassar. Ihren ‚Onkel‘. Den, der sich seit Jahren so fürsorglich um sie gekümmert hatte.

Endlich war Kweezil zufrieden. Die Todesritterin war am Leben und würde wieder vollständig gesund werden, die junge Paladina war auch wieder gesund und munter und er hing nicht am Galgen oder vor dem Erschießungskommando von Höllschrei. Außerdem hatte der Hexenmeister endlich die Bezahlung rausgerückt und Kweezil sogar angeboten, zumindest die kommenden Nächte hier in Sicherheit zu verbringen, da Orgrimmar aktuell offensichtlich nicht unbedingt der beste Ort zum Nächtigen war. Bedenken, wie es seinen Angestellten und Vertrauten wohl gehen möge und ob seine Zeppelinfirma, die die Transporte organisierte, überhaupt in der Lage war, den Betrieb aufrecht zu erhalten, schob er ob des reichlich gefüllten Goldbeutels zunächst einmal beiseite und stimmte dem Vorschlag zu, zunächst einmal hier zu bleiben und sich von der Teufelsküche des Hexenmeisters versorgen zu lassen.
„Onkel Vada?“ rief mit einem Mal eine Stimme von der Seite, ließ den Hexenmeister, der gerade eine angeregte Unterhaltung mit seinen Besuchern geführt hatte, aufhorchen und den Blick auf Nikariu fallen, die in der Nähe des Ausgangs stand und ihm bedeutete, einmal zu kommen.
Der Hexenmeister seufzte kurz, entschuldigte sich knapp und erhob sich sogleich von seiner Sitzgelegenheit, schritt auf Nikariu zu, die bereits die Zeltplanen beiseite geschoben hatte und nach draußen schritt.
„Was hast du denn? Ist alles in Ordnung?“ fragte der Hexenmeister, der einige Schritte hinter ihr her laufen musste, während sie mit festem Schritt auf die Klippe zu marschierte, von der aus man in der Ferne Donnerfels erkennen konnte. Dann, als sie beinahe am Rand angekommen war, machte sie ruckartig Kehrt und blickte ihn mit festem, ärgerlichen Blick an.
„Wann hattest du eigentlich vor mir zu sagen, dass diese Todesritterin meine Schwester ist?!“ schnaubte sie drauflos.
Vadarassar riss die Augen auf. „Was? Woher…?“ fragte er, blickte auf das sogleich von ihr in die Höhe gehaltene Buch.
„Hier drin. Sie hat es aufgeschrieben. Warum muss ich das so erfahren und nicht von dir? Ich habe dir vertraut!“
Der Hexenmeister seufzte, trat einen Schritt näher an die junge Taurin heran, deren Augen sich wieder mit Tränen füllten.
„Du hättest es nicht so erfahren sollen, Kleines.“ Begann er langsam. „Nicht aus einem Buch. Und nicht von mir. Ich durfte und ich wollte ihr diese Entscheidung nicht abnehmen. Die Sorge, dass du wieder…“
„Das ich wieder WAS? Zu ihr fliegen, ihr helfen, ihr beistehen und…“
„Das du selbst auch wieder dem Pfad einer Todesritterin folgen könntest.“
Nikariu starrte den Hexenmeister baff an. Die Wut, die gerade noch in ihr gebrodelt hatte, war nun Verblüffung gewichen. Unverständnis. Aber Vadarassar fuhr fort.
„Sie hat alles getan, um dich zu befreien. Deine Seele aus der Seelenschmiede befreit, sie in deinen Körper zurückgeführt. Und sie hat dich zu mir gebracht, damit ich dich zurück nach Kalimdor bringe.“
Jetzt stand der Hexenmeister direkt vor Nikariu, legte seine linke Hand auf ihre Schulter. Ihr Blick war an ihm herab auf den Boden gewandert.
„Ich musste ihr versprechen, dass ich auf dich aufpassen würde. Du warst ihr wichtiger als ihr eigenes Leben. Wichtiger als alles andere. Sie wollte, dass du nicht ihre Fehler machst.“
Die junge Paladina nickte schwach, sagte aber keinen Ton. Es gab auch nichts mehr zu sagen. Sie verstand nun endlich alles. Dann fiel sie Vadarassar in den Arm, hielt ihn fest und flüsterte schließlich nur ein leises „Danke“.
„Komm wieder rein. Wir werden gleich zu Abend essen. Ich bin mir sicher mit etwas im Magen geht es dir direkt wieder besser.“

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Kapitel 17 – Flucht durch den Nether

Schwindel hatte sie erfasst, umschlang sie und ließ ihre Sinne Karussell fahren, als sie mit einem Mal in einer fremden, ihnen unbekannten Welt auftauchten. Doch – war das hier überhaupt eine Welt? Festen Boden gab es scheinbar nicht und der Himmel sowie alles um sie herum veränderte ständig Farbe und Form, zerfaserte in feinen Nebel, nahm dann wieder feste Form an. Einzelne inselartige Felsbrocken drifteten umher, wurden von Wesen umkreist, deren bloßer Anblick Kweezils Gesichtsfarbe aschfahl werden ließ. Denn jetzt begriff er, wo sie waren.
Der wirbelnde Nether.
Eine Zwischenwelt, in der die Dämonen und die finstersten Kräfte, die er sich nur ausmalen konnte, heimisch waren. Ein Ort des Todes und der Verdammnis. Und genau in dem Moment, da er es laut aussprechen wollte, hatten ihn die Augen der Dämonen bereits erfasst, begannen große, pechschwarze Flügel die nicht vorhandene Luft davon zu schlagen und die massigen, unförmigen Körper in Richtung jener drei, die so ganz und gar nicht hierher gehörten, zu tragen.
„Hab ich euch!“ piepste eine schrille Stimme direkt neben Kweezil, der in ihre Richtung blickte und in die mit grünem Feuer gefüllten Augenhöhlen eines Teufelswichtels blickte, der nur geringfügig kleiner als er selbst war. Gerade noch wollte er nach seinen Waffen greifen, da hatte der Wichtel ihn schon mit einer Hand an der Stirn gepackt, griff mit der anderen die beiden Tauren an ihrer Mähne, während die übrigen Dämonen nur noch zwei Flügelschläge von der Gruppe entfernt waren.
Wieder verging die Existenz der drei in Flammen, verzehrte grünes Feuer ihre Körper und riss sie damit schlagartig aus dem Nether heraus, ehe sie ebenso schlagartig an anderer Stelle wieder aufschlugen.

Regen plätscherte auf das saftige Gras, in dem sie nun offenbar lagen. Wie lange sie unterwegs gewesen waren, wo sie dieser Wichtel und das Feuer hingeführt hatte – sie wussten keine Antworten auf diese Fragen. Und nur zu gerne hätten sie den Wichtel höchst selbst gefragt, doch sowohl Kweezil als auch Nikariu spürten die Spuren, die diese Art der Reise an ihnen hinterlassen hatte. Ihnen kam es so vor, als wäre ihr gesamter Körper von einer unbeschreiblich großen Anstrengung erschlafft und in sich zusammen gesunken. Selbst das Atmen schien ihnen in den ersten Momenten schwer zu fallen, was sich jedoch glücklicherweise binnen weniger Atemzüge wieder legte. Diese Zeit jedoch reichte für den kleinen Wichtel, um seinerseits von den dreien weg zu laufen und in ein Zelt zu stürmen, das ein wenig abseits von den dreien mitten in der Wiese stand.

„Ich denke nicht, das ich nach Orgrimmar gehen und mitkämpfen werde.“ Sagte Vadarassar mit ruhiger Stimme, hob dabei die Tasse Tee in seiner Hand und nahm einen kräftigen Schluck, ehe er wieder zu seinem Gast blickte.
Braline Donnerhuf. Eine zierliche, ernst drein blickende Taurendruidin, deren Robe mit einem feinen Blätterkleid bewachsen war und jedem so bereits von Weitem lautstark das Wort „Druide“ in den Verstand brüllte. Freunde nannten sie aufgrund ihres kastanienbraunen Fells schon früh Braunpelz. Und auch wenn ein Hexenmeister der wahrscheinlich widernatürlichste und unwahrscheinlichste Freund einer Druidin sein konnte, so war sie doch einer der ältesten und geschätztesten Freunde, die Vadarassar sich vorstellen konnte. Sie wiederum vertrat interessanterweise eben genau diese Ansicht ebenfalls, hatte sich trotz des aktuellen Kriegszustandes von Donnerfels hierher aufgemacht, um den Hexenmeister um Unterstützung zu bitten.
Mit einem tiefen Seufzen stellte sie die Tasse ab und ließ den Leerwandler, der vorher gänzlich bewegungs- und geräuschlos neben ihnen gestanden hatte, frischen Tee hinzu gießen.
„Ganz Mulgore macht mobil gegen Garrosh. Hamuul und die anderen Erzdruiden sind noch immer am Hyjal und helfen dabei, Nordrassil und seine Sprösslinge zu pflegen und zu beschützen – ich bin damit die ranghöchste Druidin und soll den Rest der Druiden…“
Sie atmete einige Male tief ein und aus, bliickte den Hexenmeister dann mit großen Augen an. „Selbst wenn die Unterstüztung der Blutelfen und Untoten rechtzeitig ankommt oder die Allianz….es wird ein Gemetzel werden. Wir brauchen jede Hand, jeden Magier, jede Hilfe, die wir bekommen können.“
„Ich werde mitkommen.“ Sagte Kyzaria, die über einem Buch versunken gewesen war und nun zur Druidin aufblickte. Im gleichen Atemzug schloss sie das Buch, legte es auf den Arbeitstisch des Hexenmeisters zurück.
„Garrosh folgt den Taten seiner Vorfahren. Jener Vorfahren, für die ich mich schon früher geschämt habe. Doch dieses Mal werde ich es nicht sein, die ins Exil geht.“ Dann sah sie hinüber zu Vadarassar.
„Was hält dich zurück, Bruder? Hast du Angst davor, ein paar alte Freunde ins Jenseits zu schicken?“
Erneut seufzte der Hexenmeister, lehnte sich in seinem Sitz zurück und schloss die Augen. Zu gerne hätte er jetzt die Dinge ausgesprochen, die ihm durch den Kopf gingen. Dinge wie die zahllosen Schlachten, die er bereits gegen so viele Bedrohungen Azeroths gefochten hatte, die Siege und die knappen Niederlagen, das Leid und der Tod geschätzter Freunde, denen auch die besten Heiler nicht mehr helfen konnten. Doch vor allem – und diesen Umstand hielt er besonders tief in seinem Inneren verschlossen – hatte er während seiner unzähligen Schlagen gesehen, was mit anderen Hexenmeistern mit der Zeit passierte, wenn diese zu oft, zu lange und zu stark Energien aus dem Nether kanalisierten und auf ihre Gegner warfen. Er hatte gesehen, wie diese mit der Zeit selbst zu Dämonen wurden, ihre Macht ins Unermessliche stieg, ehe sie ob dieser Macht entweder wahnsinnig wurden, sich gegen ihre eigenen Freunde wandten oder der Nether und die Energien, mit denen sie um sich warfen, sie einfach aufzehrte, bis nur noch ein Häufchen Asche übrig blieb. Auch ihn würde so ein Schicksal ereilen, wenn er die dämonischen Kräfte zu häufig und zu stark anrief und sie gegen seine Feinde einsetzte. Doch er war noch wach, seiner Macht noch bewusst genug, um zu erkennen, dass er da mit seinem eigenen Leben spielte.
„Ich habe genug Leid erlebt. Da muss ich nicht…“
„MEISTER! SIE SIND WIEDER DA!“ kreischte die schrille Stimme des Wichtels durch das gesamte Zelt, riss die Aufmerksamkeit von drei Augenpaaren geradezu an sich, während die kleine, in grünes Feuer getauchte Gestalt wild herum hüpfte.
„….später!“ endete Vadarassar und sprang von seinem Sitz auf, stürmte zum Eingang seines Zelts und hinaus.

Draußen angekommen weiteten sich seine Augen vor Entsetzen. Er erblickte Xelestra, die auf der Seite lag und der eine mächtige Axt tief in ihrem Rücken steckte, Nikariu, die von der Todesritterin scheinbar umarmt wurde und sich gerade mühsam aufzurappeln versuchte und schließlich noch den Goblin namens Kweezil, der seinerseits den Hexenmeister erblickte und mit leicht wankender Bewegung auf ihn zu stürmte. Doch der Hexenmeister ließ den Goblin einfach stehen, lief stattdessen zu den beiden Tauren.
„Niki – bist du in Ordnung?“
Die Paladina nickte langsam, hielt sich aber ihren linken Arm und verzog das Gesicht, kniff ein Auge zu. „Ja….ja, ich bin okay. Aber sie…“ 
„Ich kümmere mich um sie.“ Beschwichtigte Braunpelz, die hinter Vadarassar her gestürmt war und nun neben der Todesritterin auf ein Knie sank. Vorsichtig ließ sie ihre Finger über den Körper der Taurin wandern, schloss dabei die Augen und konzentrierte sich auf die Lebensenergien, die jeder Druide instinktiv in allen Lebewesen spüren konnte.
Es dauerte nur wenige Augenblicke, dann trat sie einen Schritt von der Todesritterin zurück, blickte zuerst Nikariu, dann den Hexenmeister an. Ihr Blick war finster.
„Sie stirbt.“
„WAS? NEIN!“ brüllte Nikariu, der gerade noch von Vadarassar auf geholfen wurde und den sie nun mit ihrem rechten Arm entschlossen zur Seite stieß, die Druidin böse ansah.
„Kannst du denn nichts tun?“ fragte seinerseits Vadarassar besorgt. Doch die Druidin schüttelte langsam den Kopf.
„Sie hat zu viele schwere Wunden. Ihre Lebensenergien verblassen schneller als ich sie wieder stärken kann. Wenn sie zu schwach werden….“
„Was dann?!“ rief erneut die junge Paladina. „Was passiert dann?“
„Dann wird ihre restliche Lebenskraft von den unheiligen Mächten in ihr übermannt und gänzlich aufgezehrt. Übrig bleiben nur noch unheilige Energien. Wie in einem Ghul.“ Erklärte Vadarassar der jungen Paladina die aussichtslose Lage. Doch die schüttelte nur den Kopf, blickte dann entschlossen zu der Orcmagierin, die sich gerade ein heftiges Wortgefecht mit dem Goblin lieferte. Offenbar verlangte er lautstark, endlich bezahlt zu werden.
„Heilige Energien könnten sie retten. Heilige Energien von An’She. Mein Orden kann ihr sicher helfen.“ Rief sie laut. Doch erneut schüttelte Braunpelz den Kopf.
„Die Sonnenläufer sind fast alle bereits in Richtung Klingenhügel aufgebrochen. Und selbst wenn du noch jemadnen finden würdest und dieser sogar helfen wollen würde – es ist zu spät. Ihr bleiben nur noch wenige Stunden. Wenn überhaupt.“
Nikariu schloss die Augen, wischte sich mit der rechten Hand die Tränen, die langsam an ihren Wangen hinab flossen ab, schritt dann näher an Braunpelz heran. Erst jetzt, da sie voreinander standen erkannte man den Größen- und Altersunterschied wirklich deutlich. Sicher, Braunpelz war für Taurenverhältnisse klein und zierlich gewachsen. Doch Nikariu war noch kleiner, blickte aber aus wesentlich reiferen, leuchtenden Augen zu der Druidin hinauf.
„Sie hat mein Leben gerettet. Zweimal. Bitte – es muss doch einen Weg geben.“
Einige Augenblicke erwiderte die Druidin den Blick der jungen Paladina vor sich. Und ja, sie wusste nur zu gut um die Bedeutung der Todesritterin für die Paladina. Mehr noch, als diese sich selbst bewusst sein mochte. Doch sie wusste auch, dass das Unterfangen aussichtlos war. Die Chancen waren quasi nicht vorhanden und selbst wenn sie Erfolg haben mochte und jemanden von ihrem Orden mitbringen würde, wäre es immer noch riskant.
Dann aber seufzte sie, sank erneut auf die Knie neben Xelestra, strich über die Klinge der Axt, die tief in ihren Rücken eingedrungen war. Vorsichtig umschlossen ihre Hände den Griff der Axt, versuchte sie die massive Klinge vorsichtig aus dem Leib der Todesritterin zu ziehen. Doch zu ihrem Ärger war die Axt schlicht zu schwer, als dass sie diese auch nur einen Millimeter hätte bewegen können.
„Warte, ich helfe dir.“ Rief Nikariu, schritt um die Druidin herum und legte ihre rechte Hand um den Griff. Dann zog sie ihrerseits und war verblüfft, wie leicht die Axt doch tatsächlich war. Verständnislos blickte sie auf die Druidin, die von der Klinge abließ und ihrerseits die Paladina anstarrte. Dann war die Klinge, deren Schneide und Spitze derart tief in den Körper von Xelestra eingedrungen war, dass sie fast den vorderen Teil ihrer Rüstung erreicht hätte, allein in der Hand von Nikariu, die die Axt mit einer Hand leicht und locker zu Vadarassars Zelt brachte und davor in den Boden stieß. Die Tatsache, dass die Schneide problemlos unzählige Steine im Boden entweder beiseite stieß oder gar durchschlug zeigte ihr aber, dass sie offensichtlich doch ein ordentliches Gewicht zu besitzen schien. Warum sich die Klinge aber dennoch in ihrer Hand so leicht angefühlt hatte…sie verstand es nicht.
Braunpelz ihrerseits hatte sich schnell wieder der Todesritterin zugewandt, ließ ihre Heilkräfte wirken, um zumindest die mächtige Wunde am Rücken der Todesritterin zu schließen. Quälend langsam ebbte die Blutung ab, begann die Wunde zumindest Ansätze von Heilung zu zeigen, während die Druidin immer wieder mit dem Kopf schüttelte. Dann schloss sie ihre Augen, kniete sich neben der Todesritterin hin und legte beide Hände auf sie.
„Zwei Stunden. Mehr Zeit kann ich dir nicht geben. Beeil dich.“
Nikariu nickte, wollte gerade losstürmen, als sich eine Hand auf ihre Schulter legte. Fragen blickte sie hinter sich, erblickte die Magierin und ein Magierportal, das neben ihr wabend die Umrisse von Donnerfels zeigte.
„Hier entlang.“

Wieder wurden die Relitäten durcheinander gewirbelt, vermischten sich Fleisch und Magie zu einem Wirbel, der schlagartig und viel schneller als zuvor endete und die Reise mitten auf den Marktplatz von Donnerfels führte.
Nikariu stolperte mehr aus dem Portal hinaus, tänzelte umher und prallte prompt mit der linken Schulter gegen einen anderen Tauren, der gerade mehrere Körbe mit Lebensmitteln getragen hatte. Nun verteilten sich sowohl die Körbe samt Inhalt als auch die Paladina auf dem Boden. Und während der Taure zu einem lauten Seufzen und wüsten Beschimpfungen ansetzen wollte, hielt sich Nikariu ihren verletzten, linken Arm, in dem der Schmerz neu aufflammte und ihr fast das Bewusstsein raubte. 
„Kannst du denn nicht…oh, hast du dich verletzt? Das tut mir lei…“ begann der Taure, reichte ihr eine Hand, um ihr wieder auf zu helfen. Doch Nikariu schlug die Hilfe aus, raffte sich schnell selbst auf die Hufe, zwang die vor ihren Augen explodierenden Sterne davon und steuerte durch den Trubel des Marktplatzes hindurch auf eine der Lodges zu, von denen aus eine Hängebrücke in Richtung der Jägeranhöhe führte.
„Du solltest dich lieber auch selbst versorgen lassen, Kleines.“ Merkte Kyzaria an, die sichtlich Mühe hatte, mit der Taurin Schritt zu halten. Zwar strauchelte sie immer wieder, wirkte noch unsicher zu Fuss und hielt sich an Türrahmen und dem Geländer der Hängebrücke fest, doch sie lief, als wäre jemand mit einem Dutzend Peitschen hinter ihr her, um sie immer weiter anzutreiben.
„Ich werde es überleben.“ Schnaubte Nikariu, die das Zelt ihres Ordens in Rekordzeit erreichte und sogleich betrat. 
Im Inneren waren nur wenige ihres Ordens. Drei von ihnen diskutierten angeregt über die aktuelle Situation in Orgrimmar, zwei weitere standen mit dem Rücken zum Eingang und machten sich offenbar gerade bereit, um selbst zur Front aufzubrechen. Hinter ihnen stand eine kleine Gruppe aus sechs oder sieben ihr unbekannten Tauren, die offensichtlich nicht dem Orden angehörten und wild durcheinander redeten und riefen. Alles schien sich auf die bevorstehende Schlacht vorzubereiten.
„HILFE!“ brüllte Nikariu in das Zelt hinein, um die Aufmerksamkeit aus den unzähligen Gesprächen auf sich zu ziehen. Ein Vorgehen, das einen mehr als durchschlagenden Erfolg hatte, denn alle Augenpaare, sogar die der fremden Tauren, schossen geradezu in Richtung Eingang und fokussierten sich auf die junge Paladina, die noch immer etwas schwindelig weiter in das Zelt hinein trat. Bei den Blicken blieb es aber nicht – zwei der drei diskutierenden Paladine stürmten sofort zu ihr, griffen die junge Taurin an der rechten Schulter, führten sie in das Zelt hinein.
„Was ist passiert? Wurdest du angegriffen? Wo sind die Feinde?“ prasselten die Fragen auf sie ein, wanderten die Blicke der beiden Sonnenläufer über ihren Körper, blieben an ihrem linken Arm hängen, den sogleich ein strahlend helles, wärmendes Licht erfüllte und den gebrochenen Knochen, die verletzten Muskeln und Sehnen wieder zusammenwachsen ließ und den Schmerz in wohlige Wärme umformte. Für einen Augenblick wollte sie einfach nur still stehen und dieses angenehme Gefühl genießen, ehe ihr der eigentliche Grund für Hilferufe wieder in den Sinn kam und sie einen der beiden Tauren am Arm packte.
„Eine Freundin von mir braucht Hilfe. Sie liegt im Sterben. Bitte!“
„Beruhig dich. Wer ist deine Freundin? Wo ist sie?“ beschwichtigte einer der beiden mit sanfter Stimme.
„Sie ist auf den Klippen. Bei meinem Onkel. Bitte, wir müssen uns beeilen, bevor die unheiligen Mächte sie verzehren.“
Erst als sie den Satz schon vollends ausgesprochen hatte fiel ihr auf, wie die Blicke der beiden Paladine sich mit jedem Wort veränderten, kühler und weniger freundlich wurden. Dann traten sie jeder jeweils einen Schritt zurück, sahen sie streng an.
„Du sprichst von einem Exorzismus?“ fragte einer der beiden nun mit ernster Stimme.
„Was? Nein, sie ist schwer verletzt und braucht Hilfe!“ entgegnete Nikariu. 
„Komm einmal mit. Ich denke du musst uns das einmal genauer erklären.“

Unter deutlichem Protest folgte Nikariu zwei der drei Paladine, die sich von ihrem Kameraden verabschiedeten und die junge Taurin sowie die Magierin aus dem großen Zelt hinaus, außen herum und in ein kleineres Zelt führten. Hier stand nur eine einzelne Taurin mit dem Rücken zum Eingang und legte gerade ihre Ausrüstung bereit, um sich ebenfalls auf den Weg in Richtung Durotar zu machen. Als sie die Besucher bemerkte wandte sie sich um und blickte Nikariu mit freundlicher Miene an.
Nikariu erkannte sofort, wer ihr gegenüber stand und senkte ihr Haupt zu einer Verbeugung. Dann aber ergriff sie sofort wieder das Wort, wurde aber von einem der anderen Tauren mit einem Handstreich dazu aufgefordert, ruhig zu verbleiben.
„Aponi, diese Jungläuferin bat um Hilfe bei der Heilung einer ‚Freundin‘ von ihr, die offenbar mit unheiligen Kräften in Verbindung steht. Wie sollen wir weiter verfahren?“
Die Anführerin der Sonnenläufer blickte die kleine Taurin mit festem Blick an, sah sowohl Trauer, Verzweiflung aber auch Entschlossenheit in ihrem Blick. Dann nickte sie den beiden Paladinen zu.
„Ich werde mich darum kümmern. Ihr beiden – ihr habt einen Auftrag zu erfüllen. Unsere Brüder und Schwestern brauchen euch.“
Die beiden Tauren nickten, traten einige Schritte zurück, ehe sie sich umwandten und schnellen Schrittes davon stapften. Nur Nikariu und die Magierin, die wortlos etwas abseits stehen geblieben war, standen nun mit Aponi gemeinsam in dem Zelt. Aponi seufzte, wandte sich dann selbst wieder um und widmete sich einem großen Beutel, den sie nun weiter mit allerlei Bandagen, Tränken und Heilkräutern füllte.
„Deine Freundin ist auch eine Taurin nehme ich an.“ Begann Aponi eine einfache Frage, die Nikariu sogleich mit heftigem Nicken bejahte.
„Todesritterin?“
Erneut nickte Nikariu, diesmal jedoch langsamer.
Der Anführerin der Sonnenläufer entfuhr ein Stoßseufzer. „Dachte ich mir. Es tut mir leid aber ich kann dir leider nicht helfen.“
„Aber…“ begann Nikariu, die ihre Augen weit aufriss und Aponi entsetzt anstarrte.
„Jedes Lebewesen wird vom Lichte An’Shes oder dem milden Strahlen Mu’Shas berührt. Manche finden Kraft darin, andere Trost – doch sie alle wandeln im Lichte von einem der Augen der Erdenmutter. Doch Todesritter haben sich dem Lichte abgewandt, schreiten in der Dunkelheit.“ Erklärte Aponi während sie ihr Bündel weiter packte.
„Wesen, die in der Dunkelheit verloren sind, können nicht vom Licht erreicht werden. Sie sind für uns verloren, unerreichbar.“
„Aber…aber….“ Stammelte Nikariu, der erneut die Tränen ausbrachen. Dann sank sie auf die Knie und begann zu weinen.
„Gibt es denn keine Möglichkeit, zumindest einen Versuch zu unternehmen?“ fragte nun Kyzaria stattdessen, legte tröstend eine Hand auf Nikarius Schulter, während Aponi den Beutel über die Schulter warf und scih dann endlich zu den beiden umwandte.
„Todesritter haben sich für einen Pfad entschieden, der abseits unserer Pfade liegt. Sie haben ihr Leben ebenso verloren wie ihre Seele, ihre Werte und ihre Identität. Und selbst wenn ich helfen könnte, so habe ich keine Zeit. Die Belagerung Orgrimmars hat begonnen und viele unserer Brüder und Schwestern fallen in diesem Moment. Dutzende Leben von Brüdern, die dem Licht zugewandt sind, sind in Gefahr. Sie benötigen unsere Hilfe dringender.“
„Bist du wirklich dieser Meinung, Aponi?“ brummte eine extrem tiefe, rauhe Stimme hinter Nikariu, begleitet vom sanften Rascheln der Zeltplane, als diese beiseite geschoben wurde.
Aponi seufzte beim Anblick des Tauren, der sich nun im Eingang aufgebaut hatte und der sich auf einen gänzlich schwarzen Stab aufstützte. Seine Mähne war gepflegt und durchzogen von grauen und weißen Strähnen, die im Sonnenlicht silbern glänzten. Auch sein übriges Fell war bereits ergraut und gab nur einen groben Anhaltspunkt, wie alt dieser Taure wohl sein mochte. Eine nahezu gänzlich weiße Robe, die nur mit goldenen Nähten und Stickereien verziert war und um einen über seinen Nacken gelegten, schwarzen Schal ergänzt wurde, fiel besonders auf. Vor allem deswegen, weil Tauren sonst nicht dafür bekannt waren, Stoffroben zu tragen.
„Du solltest doch am Besten wissen, dass es keine vollkommene Dunkelheit gibt. In jedem Lebewesen steckt ein Kern der atmet und der dem Guten zugewandt ist.“
„Das ist Unsinn und du weißt es. Denk nur mal an den Lich-König, der seine untoten Horden über alles…“ begann Aponi ihre Verteidigung, wurde aber von dem alten Tauren unterbrochen.
„…der in der Stunde seines Todes von der Dunkelheit verlassen und von den ehrwürdigen Toten von seinen Sünden erlöst wurde. Sein Kern war von sehr viel Finsternis und Kälte verhüllt – und doch vorhanden. Bedenke stets: Nur weil der Mantel dichtund dunkel ist, muss das Wesen darunter nicht ebenfalls dunkel sein.“
„Sollen wir also unsere Brüder an der Front im Stich lassen? Noch dazu für eine Todesritterin, die dem Licht abgewandt ist und nur das Böse verkörpert?“
„Nicht alle, die einen anderen Pfad als wir gewählt haben, sind deswegen in anderer Richtung unterwegs. Lehnst du nun also die Hilfe ab, weil sie nicht deinen Werten entspricht oder weil du jene, die dir näher sind, als wichtiger erachtest als jene, die dem Tode geweiht sind?“
Aponi seufzte. „Wir haben aber niemanden, den wir entbehren können. Unsere Kräfte sind bereits überall gebunden.“
„Dann werde ich unsere junge Sonnenläuferin begleiten.“ Entgegnete er, schritt näher an die noch immer am Boden knieende Paladina heran und legte eine seiner Hände auf ihre Schulter.
Allein schon durch diese Berührung fühlte Nikariu, als würde wohlige Wärme durch ihren gesamten Körper wandern, ihr Trost und neue Kraft spenden. Beinahe erleichtert blickte sie auf, sah neben sich in das Gesicht des alten Tauren, der sie mit einer väterlich-freundlichen Strenge anblickte.
„Nein. Unsere Brüder und Schwester…“
„…werden durch die übrigen Mitglieder unseres Ordens mehr als ausreichend versorgt werden und sicherlich beipflichten, dass jedes Leben wert ist, gerettet zu werden. Schließlich kämpfen sie genau dafür, richtig?“
Aponi brummte zustimmend. Natürlich hatte er Recht. Er hatte immer Recht, wenn es um derartige Dinge ging. Und überhaupt: Wer konnte schon einem der ältesten Tauren, die in Donnerfels lebten und sogar einstmals dem Häuptling als Berater gedient hatten, widersprechen?

Erneut öffnete sich ein Portal auf der Anhöhe, auf der Vadarassar sein Zelt aufgeschlagen hatte. Eben jene Anhöhe, auf der Kweezil nun auf den Hexenmeister lautstark einredete und seine Bezahlung sowie die sichere Passage zurück nach Orgrimmar einforderte.
„Deine Aufgabe war es, sowohl die Todesritterin als auch die Paladina sicher und unversehrt zurück zu bringen.“ Konstatierte Vadarassar.
„Hab ich doch gemacht! Beide sind lebendig angekommen.“ Fasste Kweezil zusammen.
„Lebendig?“ knurrte Vadarassar und deutete auf die am Boden liegende Todesritterin. „Und unversehrt?“
„Sie lebt doch noch, oder? Außerdem wie sollte ich…“
„DU hattest einen einfachen Auftrag: Sorg dafür, dass die Todesritterin die Paladina findet und hierher zurück bringt. Von irgendwelchen Schlachten oder einer persönlichen Vendetta gegen den durchgedrehten Kriegshäuptling war keine Rede! Wenn du dafür Geld willst, dann hol es dir von Garrosh selbst!“
Kweezil war gerade dabei mit tiefrotem Kopf eine wüste Beschimpfung zu erwidern, da trat zuerst Nikariu aus dem Portalwirbel, fing sich diesmal deutlich schneller von dem bereits bekannten Wirbel und wandte sich bereits um, hielt eine helfende Hand in Richtung Portal, aus dem sogleich der Taure trat, der ihr die Hilfe zugesichert hatte. Dann erst folgte Kyzaria, hinter der sich das Portal auch sogleich schloss.
Die Augen des Tauren wanderten über die Anwesenden, die sich hier auf der Wiese der Anhöhe befanden. Ihm fiel sofort die Druidin auf, die neben der offensichtlich verwundeten Todesritterin inmitten eines riesigen, braunen Grasfleckens kniete und offenbar in Trance verfallen war, um ihre Kräfte weiter zu verstärken. Er sah aber auch, dass welche Kräfte die Druidin da auch immer aufzubringen versuchte, sie damit am Ende auch die Bestie fütterte, die am Ende die Todesritterin von innen verschlingen würde.
Langsamen Schrittes trat er an die Druidin heran, legte eine Hand auf ihre Schulter.
Überrascht von der plötzlichen Berührung brach die Trance von Braunpelz, wankte sie etwas hin und her, ehe sie sich fing und zu ihrer linken blickte, wo der alte Taure nun stand.
„Novatian!“ rief sie etwas verwundert aus. „Was…was machst du…“
„Es ist in Ordnung, Kind. Ruh dich nun aus.“ Antwortete der Taure mit ruhiger, freundlicher Stimme. Doch die Druidin blickte zur Todesritterin hinab, biß auf die Zähne.
„Ich habe getan, was ich konnte. Sie hat nicht mehr viel Zeit.“
„Ja, das sehe ich.“ Sagte er, langsam nickend. „Doch ganz gleich, was sie auch getan haben mag und welchen Weg sie auch gewandelt ist – An’She wird sich niemals von einer der Ihren abwenden. Ganz gleich, was sie gesagt haben mag oder wie lange sie in der Dunkelheit war.“
Dann drehte er sich um und blickte zu der Magierin, dem Hexenmeister und dem Goblin, deutete nacheinander auf sie.
„Ihr nehmt ihr alles Metall vom Leib, das ihr könnt und bringt sie hinein. Ihr Körper braucht Wärme und Geborgenheit, damit ihr Geist heilen kann.“

Mit vereinten Kräften und so schnell sie konnten lösten die drei alles an Rüstung vom Leib der Todesritterin, die sie nur konnten, warfen sie diese nur lose auf einen Stapel. Jetzt erst wurde das Ausmaß der Verletzungen, die sie davon getragen hatte und die trotz der Bemühungen von Braunpelz nicht geheilt worden waren, ersichtlich. Ihr Brustkorb war verformt und an einer Seite besorgniserregend weich, während ihr Bauch von Schnitten gesäumt war. Dann fassten die drei an, hoben ihre Beine hoch, während der herbeigeeilte Leerwandler die Todesritterin unter den Schultern packte, anhob und so gemeinsam ins Innere des Zeltes schleppte. Der Taure Novatian folgte ihnen, blickte noch einmal kurz in Richtung Sonne, lächelte einmal schwach ob des wolkenlosen Himmels und verschwand dann im Inneren. Zurück blieb nur Nikariu, die die Rüstung von Xelestra zusammenlegte und nach drinnen bringen wollte.
Als sie fertig war und den gesamten Stapel anhob, vernahm sie ein leises Reißen, gefolgt von einem für eine Rüstung ungewohnt leisen Aufschlag auf dem Gras. Verwundert blickte sie zu Boden, sah ein Buch, das dort direkt vor ihren Hufen im Gras lag. Der Einband war mit Schnitten gesäumt, an den Rändern verkohlt und eingerissen – aber ansonsten schien das Buch noch massiv zu sein. Wirklich verwundert war sie jedoch über das, was auf dem Einband stand. Keine Worte, kein einziger Buchstabe. Nur eine geballte, silberne Faust, die auf einem einstmals fein gearbeiteten Hintergrund nach oben gereckt wurde.
Vorsichtig balancierte sie die übrige Rüstung auf ihrem rechten Arm, bückte sich und ergriff das Buch mit der linken Hand, ehe sie selbst im Inneren des Zeltes verschwand.

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Kapitel 16 – Höllschrei again

Lautes Tosen von massiven Ketten, die aus ihrer Verankerung gerissen und über den Boden gezogen wurden, füllte die hohe, weitläufige Halle, die noch vor wenigen Wochen verborgen in den dunklen Tiefen des Tals der Blüten gelegen hatte. Laute, kehlig klingende Befehle schnitten durch die Lärmkulisse, die von Dutzenden schwer gerüsteter Orcs in einer zwar chaotischen, aber dennoch irgendwie synchronen Choreographie mündete.
„Bewegt euch! Diese Ketten werden in Orgrimmar benötigt, um unsere neue Waffe zu verstärken!“ brüllte eine der Wachen, die von Höllschrei höchst selbst dazu auserkoren worden war, das Chaos so weit zu ordnen, dass seine Befehle zu seiner Zufriedenheit ausgeführt wurden, während er sich um seine unerwünschten Gäste kümmerte.
Diese Gäste waren zwei Pandaren, die, umgeben von vier Wachen, vor ihm auf dem Boden knieten, während er sich am Leid des Dickeren der beiden ergötzte. Eine lange, tiefe Wunde zierte dessen Brustkorb, aus dem stoßweise Blut drang und an ihm hinab lief, während eine jüngere, schlankere und weibliche Pandarin ein Bündel Bandagen gegriffen hatte und diese nach Kräften auf die Wunde zu drücken versuchte, während ein grünlicher Schimmer um ihre Hände waberte. Wäre sie geübter gewesen, hätten die Ströme, die sie zu wirken versuchte, die Wunde binnen weniger Sekunden zumindest so weit verschlossen, dass die Blutung zum Erliegen gekommen war. Doch dazu war sie zu jung, zu unerfahren, hatte außer in ihren ersten Trainingslektionen nie wirklich Heilungszauber gewirkt. Ihre Ausbildung stand erst am Anfang – und nun fürchtete sie, dass ihr ein baldiges Ende drohen mochte.
„Lass….ich habe…versagt….“ Versuchte der größere der beiden Pandaren die jüngere Pandarin davon abzuhalten, die Wunde weiterhin zu behandeln. Höllschrei indes stand amüsiert vor den beiden, hielt die Axt drohend in Richtung der Pandarin und wies sie an, mit dem weiterzumachen, was sie dort tat.
„Oh nein, alter Mann. Ihr werdet leiden und sehen, wie die Macht der Horde ALLES beherrscht. Ihr werdet erst sterben, wenn ICH es euch GESTATTE!“
„Kriegshäuptling. Die Soldaten haben ein Problem mit den Verankerungen. Sie scheinen etwas festzuhalten, das…“ begann der Orc, der noch eben im Zentrum des Raums gestanden hatte, um die übrigen Soldaten zu koordinieren. Doch statt sich die Bedenken seines Untergebenen anzuhören, drehte Höllschrei lediglich den Kopf in seine Richtung und brüllte ihn mit voller Lautstärke an.
„MICH INTERESSIEREN DIESE VERANKERUNGEN NICHT! BEFOLGT EURE BEFEHLE!“
„Ja, Kriegshäuptling!“ entgegnete der Soldat schnell, hob die Faust und hämmerte sie sich auf die Brust. Das Letzte, was er wollen konnte, war Höllschrei zu verärgern. Allerdings reichte schon das bloße Überbringen einer Nachricht, die ihm nicht gefiel, schon aus, um Höllschrei EXTREM zu verärgern. Und derartiger Ärger endete für den Boten generell tödlich. Also wandte er sich um, rannte zu den Soldaten und wies sie an, auch die Verankerungen aus dem Boden zu reißen und durch das riesige Magierportal, das von zwei Magiern offen gehalten wurde und direkt in die Tiefen Orgrimmars führte, zu verfrachten. Warum es ausgerechnet diese Ketten sein mussten, verstand er indes ebenso wenig wie die Tatsache, dass Höllschrei dafür seine Krieger und nicht die Peons bestimmt hatte. Einige der Dunkelschamanen hatten zwar etwas von einem Sha, das die Ketten erfüllen würde und hier in dieser Kammer besonders stark war gefaselt, doch derlei Unsinn interessierte ihn nicht. Für ihn und alle anderen Krieger ging es eigentlich nur darum, Befehle auszuführen, die von Klingen, die in Körper geschlagen wurden handelten. Darin waren sie gut, das war ihre Bestimmung und darin gingen sie auf. Das Schleppen von schweren Metallketten indes gehörte nicht zu den Dingen, die sie gerne verrichteten.

Der Gang erinnerte eher an einen Minenstollen denn einn validen, normalen Durchgang. Offensichtlich hatte jemand diesen Ort hier bewusst unter unzähligen Metern Erde vergraben, damit weder die Pandaren noch sonst jemand ihn jemals finden würden. Dummerweise aber hatte derjenige offenbar nicht mit der Beharrlichkeit eines Orcs gerechnet, der wahnsinnig genug war, sein eigenes Volk ins Verderben zu führen. Denn ansonsten wäre sicher mehr zum Schutz aufgeschüttet worden, als einige Meter Erde.
Xelestra musste sich an einigen der Holzbalken ducken, um sich nicht den Kopf anzuschlagen, blickte dann hinter sich und zu den beiden Paladinen, die schon aufgrund ihrer niedrigeren Körpergröße weniger Probleme mit dem Stollen hatten. Allerdings sah sie bereits bei einem flüchtigen Blick, dass sie sich hier ganz und gar nicht wohl fühlten.
Der Goblin indes hüpfte fast schon unbeschwert umher und wirkte auf sie, als wären derartige Stollen sein natürliches Zuhause. So gab er ihr auch keine Widerworte, als sie ihn kurzerhand voraus schickte, um nach eventuell noch vorhandenen Wachen Ausschau zu halten.

Eine logische Entscheidung der Todesritterin, ihn nach vorn zu schicken. Keine, auf die er stolz war und auch keine, die er sich selbst ausgesucht hätte, aber die einzig logische Entscheidung, wie Kweezil feststellen musste. Immerhin gab der Stollen, der wie im Zickzack und offensichtlich unter Anleitung von Goblinbergbauern entstanden war, mit seinen Nischen genug Deckung, damit er von Ecke zu Ecke huschen konnte, ohne gesehen zu werden, während er seinerseits selbst voran spähen konnte.
Ein Gedanke huschte durch seinen Kopf. Der Gedanke, sich einfach in einer dieser dunklen Nischen zu verstecken, zu verweilen und nicht aufzutauchen, bis die drei Tauren an ihm vorbei marschiert waren, um dann schnurstracks in der entgegengesetzten Richtung wieder zu verschwinden. Dann jedoch erinnerte er sich an die Abnormitäten, die draußen über sie hergefallen waren, den langen Weg zurück zum Schrein und die Allianzler, die von den Veränderungen im Tal zweifelsohne ebenfalls Wind bekommen und ebenso wie die Horde ein Großaufgebot entsandt haben mochten, um die Verderbnis zu bekämpfen und deren Ursprung zu ermitteln. Das er keinem von beiden so wirklich in die Arme laufen wollte, war klar – einzig unklar war, welcher von beiden ihn schneller und schmerzhafter ins Jenseits schicken würde.
Also seufzte Kweezil, schlich weiter voran und kam bald schon ans Ende des Stollens, der in eine große Halle mündete.
Große Halle? Guter Witz – die Beschreibung „gross“ reichte nicht einmal ansatzweise, um die Ausmaße dieses Raums zu beschreiben. Ein schneller Blick in alle vier Ecken des Raumes bekräftigte seine erste Einschätzung, dass der Schrein der zwei Monde mit seinen drei Stockwerken offensichtlich problemlos in dieser Hallte Platz gefunden hätte. Leicht links von ihm ragten zwei massive Türen auf, deren Erbauer entweder turmhoch gewesen sein mussten, oder dringend etwas kompensieren mussten und dies durch schiere Größe der beiden mächtigen Pforten taten. Die Tatsache, dass die Türknäufe in über fünf Meter Höhe und in passender Größe angebracht waren, legte jedoch eher Ersteres als Antwort nahe. Knapp hinter der Tür und auf dem Podest, von dem aus zahllos viele Treppen hinab in die eigentliche Halle führten, stand ein einzelner Orc und hielt scheinbar Wache, beobachtete den Stollen, in dem sich Kweezil noch versteckt hielt. Die Tatsache, dass er sich noch nicht bewegte und eher gelangweilt auf seine Axt gestützt auf dem Treppenabsatz stand, ließ Kweezil davon ausgehen, dass er ihn tatsächlich noch nicht erspäht hatte. Allerdings würde er zweifelsohne Alarm schlagen, sobald er auch nur einen von den vieren, die gerade in dem Stollen unterwegs waren, sehen sollte. 
Kweezil blickte hinter sich, sah, dass die drei Tauren wohl nur noch ein oder zwei Minuten brauchen würden, ehe sie nicht nur in Sicht-, sondern auch in Hörweite des Orcs kommen würden. Also zog er einen kleinen Wurfdolch aus seinem Gürtel, griff an ein kleines Fläschchen und schraubte vorsichtig den Deckel ab. Dann ließ er die dünne, leicht hohle Klinge des Dolchs in die nun offene Flasche sinken, ehe er das Fläschchen wieder äußerst vorsichtig verschloss und verstaute. Erneut blickte er sich um, griff dann mit der linken Hand nach einem kleinen Stein und warf diesen im hohen Bogen über den Orc hinweg auf die Treppe.
Vom Aufschlag des Steins aus seiner Lethargie gerissen, wirbelte der Orc herum und starrte in die Richtung, aus der er den Aufschlag des Steins gerade noch gehört hatte. Nur Augenblicke später spürte er bereits, wie etwas Eiskaltes seinen Nacken traf und einen spitzen, brennenden Schmerz durch seine Adern schickte. Doch gerade als er seinen Mund aufreißen und laut losbrüllen wollte, fühlte er eine schlagartige, ihm bis dahin völlig unbekannte Enge um seinen Brustkorb und seinen Hals. Unfähig, auch nur einen Pieps von sich zu geben oder gar zu atmen blieb er wie angewurzelt stehen, packte sich mit einer Hand an seinen Hals, während seine Lungen verzweifelt nach Luft rangen.
Grünweißer Schaum quoll aus seinem Hals und zwischen seinen Hauern hinaus, ehe die Welt vor seinen Augen in Schwärze verschwand und ihm die Beine versagten. Dann stürzte er vornüber die Treppe hinab, schepperte hinunter und blieb schließlich leblos am Fuße der Treppe liegen, während Kweezil die Augen zukniff und auf die Zähne biss.
Verdammt. Sein teuerrstes Gift und dieser Trottel musste ausgerechnet nach vorn hin umkippen. DEN Krach von einem gerüsteten Orc, der die komplette Treppe runter stürzte, hatte nun zweifelsohne jeder andere Orc in der Halle und allen angrenzenden Räumen gehört. So wandte er sich um und lief den Tauren schnell entgegen, um sie zu warnen.

Tatsächlich hatte das Scheppern nicht nur die Orcs, sondern auch die beiden Pandaren erreicht, die sich verwundert ansahen. Binnen weniger Augenblicke waren Befehle in den Raum gebrüllt worden und lief ein Dutzend der Wachen in Richtung des Geräuschs, um nach dem Rechten zu sehen, während die anderen ihre Arbeit auf Geheiß von Höllschrei beschleunigten und die Reste aus dem Boden rissen.
Die Krieger rannten im Dauerlauf auf den unteren Treppenabsatz zu, erblickten dort den leblos am Boden liegenden Kameraden und starrten umher. Erneut wurden Befehle gebrüllt und teilten sich die Orcs in einzelne Gruppen auf, um die Verstecke innerhalb der großen, offenen Halle zu durchsuchen. 
„Ihr drei – geht dort links lang! Und ihr vier dort nach vorne. Der Rest – mir nach!“ grunzte einer der Krieger. Doch gerade als er den Kopf wieder nach vorn richtete und voran marschieren wollte, blickte er unmittelbar in die Klinge der Todesritterin, die die Spitze ihrer Axt nur wenige Zentimeter vor seine Nase hielt. Ihr Blick war kalt und wenn überhaupt, dann nur von Entschlossenheit geprägt. Etwa vier Schritt hinter ihr standen die beiden Paladine, die ihrerseits ihre Waffen gezogen hatten – bereit, um sich gegen etwaige Feinde zu verteidigen.
Der Orc verzog sein Gesicht zu einem bösen Grinsen, hob seine Axt und setzte an.
„Angriiiippfpfpfpff…..“ begann er den Schrei, der mittendrin durch einen gezielten Streich der Todesritterin unterbrochen wurde, als sie die obere Hälfte seines Kopfes mit einem Schlag zu Boden schickte. Doch der Ausruf hatte gereicht, damit die übrigen elf Orcs ihre Waffen zückten und auf die drei Tauren einstürmten. Und nicht nur das – weitere Orcs rannten durch die in einiger Entfernung offen stehenden, riesigen Türen, hinter denen drei Gestalten zu erkennen waren. Doch nur eine davon hielt eine massive Axt in einer Hand.
Höllschrei.
Xelestra wirbelte mit ihrer Axt einmal kreisförmig nach vorn, schwang ihre Klinge dabei gegen fünf Gegner auf einmal und traf vier von ihnen mit schweren Schnitten, stürzte dann voran auf einen weiteren Orc, den sie aus vollem Lauf auf ihrer Axt aufspießte und sogleich zur Seite schleuderte. Dann fiel ihr Blick zurück auf die beiden Paladine, die nun ihrerseits ebenfalls auf die anstürmenden Orcs losgingen, während sich der Goblin im Schatten der beiden hinter ihnen aufhielt und seine Dolche gezogen hatte.
„Kümmert euch um die Orcs hier.“ Brüllte Xelestra, fokussierte einen weiteren Orc und riss ihn mit der unheiligen Macht, die nur ein Todesritter zu nutzen wusste, quer durch die Luft und mitten in den Schwung ihrer gewaltigen Axt, die ihrerseits ohne spürbaren Widerstand durch Fleisch und Rüstung schnitt, den Orc in zwei Hälften geteilt zu Boden sinken ließ. Dann starrte sie wieder nach vorn und in Richtung Höllschrei.
„Er gehört mir.“

‚Kümmert euch um die anderen‘ hatte sie gerufen. Ja sicher, viel anderes blieb den beiden Paladinen und dem Goblin auch nicht über, als die Todesritterin mit Anlauf voran stürmte und die Axt in Richtung Höllschrei schwang. Die übrigen Wachen traten, vom schnellen Tod ihrer Kollegen, die versucht hatten, die Todesritterin aufzuhalten, sichtlich beeindruckt, lieber den Sturm auf die übrigen Kämpfer an, die in ihren Augen ein leichteres Ziel abgaben. Nun, zumindest vermuteten sie das.
Kared hielt seinen breiten Streitkolben zum Schlag bereit, stürmte vor Nikariu und donnerte den mächtigen Kopf donnernd gegen die Seite der ersten Wache, die auf die drei zustürmte. Die Paladina trat ihrerseits rechts aus seinem Schatten hervor, hatte bereits ihr Schwert zum Schlag erhoben und schnitt damit tief in die Schulter einer zweiten Wache, die die Lücke ihres Kollegen sogleich schließen wollte, während Kweezil zwischen den Beinen und Hufen hindurch schoss, zwei weitere Wachen hinterrücks erwischte und ihnen seine Dolche in den Rücken rammte. Zwei schnelle Schnitte und die Wachen sanken kraftlos, aber noch immer lebendig, zu Boden, während er herumwirbelte und die Dolche in Richtung noch einer Wache schleuderte. Dann, noch mitten in der Bewegung, griff er hinter seinen Umhang, zog in der Drehung seine Klappflinte, die noch in der Bewegung zu ihrer vollen Länge zusammenschnappte und gleich darauf donnernd den Inhalt beider Läufe in das Gesicht der nächstbesten Wache entleerte.
„Ich hab schon drei. Und ihr?“ rief Kweezil amüsiert vom Boden hinauf zu den beiden Tauren, die jeder mit zwei weiteren Wachen gleichzeitig beschäftigt waren. Vor ihren Hufen lagen bereits jeweils auch schon vier erschlagene Streiter von Höllschrei. Doch entweder hatten die Wachen, mit denen sie sich nun beharkten, diese lediglich als Kanonenfutter nach vorn geschickt oder ihre Taktik war den Wachen mittlerweile klar, so dass sie sich auf die Paladine hatten einstellen können. Nur mit Mühe schafften sie es, von den Gegnern nicht nieder gerungen zu werden. Und auch Kweezil sah sich nun wesentlich zäheren Feinden gegenüber, hatte seinerseits Mühe, den Schüssen von zwei Scharfschützen, die sich auf ihn eingeschossen hatten, auszuweichen und gleichzeitig die Wache, die ihn mit einer mächtigen Zweihandaxt bedrohte, kein allzu leichtes Ziel zu geben.

Höllschrei blickte indes auf die Todesritterin, die mit blankem Zorn in den Augen auf ihn zu stürmte, amüsiert an. Überheblich trat er einige Schritte vor die beiden Pandaren, wies noch in einem Nebensatz zwei Wachen an, auf diese Acht zu geben, ehe er seine Axt hob und erst im letzten Moment zur Parade ansetzte, um den mächtigen Schlag der Todesritterin zu parieren. Dann, mit einem Mal, wurde ihm bewusst, dass er sie auf den ersten Blick wahrscheinlich unterschätzt hatte.
Der Schlag war heftig, hallte metallisch-laut wie eine Glocke durch die riesige Halle und ließ Höllschrei für einen Augenblick wanken. Als er sich wieder gefangen hatte, war die Todesritterin bereits zwei Schritte zur Seite ausgewichen, stieß mit dem stachelbesetzten Griff ihrer Axt in Richtung seines Kopfes, verfehlte ihn nur um Haaresbreite. Erneut wirbelte sie herum, zielte mit der Klinge ihrer Axt auf seinen Hals.
„Deine Existenz ist zu Ende, Höllschrei.“ Knurrte Xelestra wütend mitten im Schwung. Zu ihrer Verblüffung wich er dem Schlag nicht aus, sondern packte ihre Hand mitten im Schwung und bremste so die Klinge einige Zentimeter vor seinem Hals. Dann, mit einer Leichtigkeit, die fast schon spielerisch wirkte, stieß er mit seiner Stirn gegen die Nase der Todesritterin und stieß ihre Axt gleichzeitig von sich. 
Xelestra strauchelte einen Augenblick, fing sich aber binnen zwei Schritten, packte ihre Axt mit beiden Händen und schnaubte Höllschrei an.
„Du WAGST ES dich gegen deinen KRIEGSHÄUPTLING zu stellen?!“ brüllte Höllschrei. „Du minderwertes Stück Rindfleisch gehörst in die GOSSE!“
Nun war es Höllschrei, der voran stürmte und seine Axt schwungvoll gegen Xelestra führte. Die jedoch wich mit einem Ausfallschritt zur Seite, schwang dabei ihre Axt und traf ihn ihm Rücken, verpasste ihm dabei einen breiten Schritt. Höllschrei allerdings hatte sich seinerseits ebenfalls im Sprung in ihre Richtung gedreht, schwang seine Axt in ihre Richtung, traf ihren linken Arm. Sie versuchte den Schlag mit ihrer Armschiene zu parieren, scheiterte dabei aber teilweise, so dass die Klinge abrutschte und sich in ihren Unterarm bohrte.
„DU wirst es sein, der in der Gosse landet, Höllschrei. Als Leiche. Und diesmal wird dir niemand zu Hilfe eilen.“ Schnaubte Xelestra, hob ihre Axt, um erneut zum Streich anzusetzen.
Doch sie stutzte, als sie ihn sah. Anstatt sich vor Schmerzen zu winden oder zum nächsten Angriff bereit zu machen, stand er nur da und lachte lauthals.
„Glaubst du im Ernst, dass ich jemals auf einen von euch angewiesen war? Ich habe den Häuptling deiner niederen Art erschlagen. Und genau so einfach wie ihn werde ich nun auch dich erschlagen!“
Cairne. Dieser Sohn eines mutterlosen Ogers wagte es, sich hier und jetzt über Cairne lustig zu machen. Wut kochte in Xelestra hoch. Wut, die sie zu einem einzigen, mächtigen Schlag formen wollte. Wut, die ihre Hand treiben und ihm den Kopf abschlagen würde.
Doch nichts passierte. Sie starrte auf ihren linken Arm, die Wunde, die die Axt von Höllschrei geschlagen hatte, das Zittern ihrer Muskeln. Etwas stimmte nicht, etwas stimmte ganz und gar nicht.
Mit unbeschreiblicher Ruhe schritt Höllschrei langsam auf die Todesritterin zu, stand mit einem Mal direkt vor ihr.
„Tauren sind keine Mitstreiter. Tauren sind keine Gegner. Sie sind Beute. Und mit Beute kämpft man nicht. Man schlachtet sie!“ sagte er in Ruhe, während er langsam seine Axt hob, um seinerseits Xelestras Hals anzuvisieren. 
Sie indes kniff die Augen zu, brüllte ihren Körper innerlich an, ihr endlich wieder zu gehorchen. Doch nichts schien zu passieren. So sah sie, wie Höllschrei die Axt mit viel Schwung auf ihren Hals zu schwang. Erst im letzten Moment spürte sie, wie zumindest etwas Kontrolle in ihren Körper zurück fuhr. Für eine Parade war es aber zu spät. Also tat sie das Einzige, was sie in dieser Situation tun konnte.
Xelestra ließ sich mit lautem Scheppern nach hinten weg fallen, klatschte wie ein Maikäfer auf den Rücken und ließ die Axt eine Hand breit vor ihrem Gesicht vorbei rauschen. Höllschrei, der davon völlig überrumpelt wurde, wirbelte, vom Schwung seiner eigenen Axt angetrieben, mit der Klinge mit und brüllte vor Zorn über seinen Fehler, während Xelestra sich mühsam am Boden auf den Bauch zu rollen versuchte, um schnell wieder aufzustehen. Doch ihr Körper war immer noch wie betäubt, ließ jede ihrer Bewegungen langsam, zäh und kräftezehrend werden.
„DU BLEIBST AM BODEN!“ brüllte Höllschrei wutentbrannt, als Xelestra sich aufzurichten begann, ihren linken Huf aufsetzte und beide Hände auf ihr Knie legte, um sich so nach oben zu pressen, trat seinerseits mit seinem gesamten Gewicht links gegen das Knie.
Mit einem lauten Krachen gab das Knie unter dem brachialen Tritt Höllschreis nach, drehte sich nach innen weg und ließ die Todesritterin wieder auf die Seite stürzen. Sie brüllte laut – teils aufgrund des Schmerzes, der nun durch ihr Bein schoss, teils weil Höllschrei ihr nun einen großen, einen wichtigen Teil ihrer Kampfkraft genommen hatte. Doch Höllschrei war noch nicht fertig mit ihr, trat weiter auf die am Boden liegende Todesritterin ein, donnerte seine Stiefel in ihren Rücken, ihre Seite, ihren Bauch und gegen ihren Kopf, ließ unter den heftigen Tritten Knochen zerschmettern. Für ihn war das hier kein Kampf – es war eine Bestrafung, eine Schlachtung von einem Beutetier, das ihm in seinen Augen nicht gewachsen war und es dennoch gewagt hatte, gegen seinen Herrn aufzubegehren.
„Lass sie in Ruhe!“ brüllte mit einem Mal eine andere Stimme aus der Ferne, ließ Höllschrei für einen Augenblick inne halten. Doch noch ehe er sehen konnte, aus welcher Richtung der Schrei kam, krachte bereits etwas voll in seine Seite und warf ihn seinerseits von den Beinen.
„Bist du in Ordnung?“ hörte Xelestra eine ihr vertraute Stimme über sich, blickte nach oben und erblickte, umgeben von einer blutroten Aura, Nikariu, die über sie gebeugt stand und einen besorgten Blick aufgelegt hatte.
Sie nickte langsam, zwang sich selbst, sich aufzurichten. „Du musst…weglaufen. Nimm Kared und Kweezil. Lauft…holt Hilfe. Ihr…..“
„ACHTUNG!“ brüllte die Pandarin mit einem Mal und unterbrach Xelestra mitten im Satz. Die beiden Tauren blickten in ihre Richtung, sahen nur den Finger, der zur Seite deutete. Dann krachte bereits die Faust Höllschreis gegen den Kopf von Nikariu, die von dem heftigen Schwung mit voller Wucht gegen die Wand geschleudert wurde. Langsamen Schrittes ging er auf die Paladina zu, die benommen an der Wand herab rutschte, sich die rechte Schulter hielt und nicht den Eindruck vermittelte, allzu rasch wieder weglaufen zu können.
„Nun gut, dann wirst du zuerst sterben – und dann deine Freundin.“ Knurrte Höllschrei, hob die Klinge weit über seinen Kopf. Doch noch ehe er zuschlagen konnte, traf etwas seine Axt und ließ sie im hohen Bogen quer durch den Raum, fliegen, ehe sie am anderen Ende mit Schwung in den Boden knallte. Dunkle, schwarze Wolken stiegen aus dem Boden auf, begannen den Raum langsam wie ein dichter Nebel zu füllen, während er zornig in die Augen der Todesritterin starrte, die auf ihrem rechten Bein balancierend hinter ihm stand. Wie sie es geschafft hatte, sich so schnell aufzurichten und trotz ihrer Verletzungen auch noch ihre mächtige Axt zu schwingen, verstand der Kriegshäuptling nicht. Es war ihm aber auch egal. Ohne einen Augenblick des Zögerns packte er in ihre Axt hinein, zog mit aller Kraft daran und trat gleichzeitig gegen ihre bereits schon arg lädierte Brust.
Sofort fiel Höllschrei auf, wie immens schwer diese Axt war. Dass sie die Klinge mit solcher Leichtigkeit schwingen konnte, war ihm ein Rätsel. Und es war auch unerheblich. Schließlich würde er nicht viel brauchen, um diese Ärgernisse aus der Welt zu schaffen.

Noch wärend Höllschrei mit den beiden Tauren beschäftigt war und seine Axt in den Boden eingedrungen war, hatten die übrigen Wachen bereits eingesehen, dass eine weitere Bewachung der Pandaren sinnlos war, hatten die Flucht durch das noch immer offene Portal nach Orgrimmar angetreten. Das wiederum hatte die junge Pandarin dazu genutzt, mit schnellen Schritten in Richtung der beiden anderen Fremden zu stürmen. Die widmeten sich in der Zwischenzeit den beiden verbliebenen Wachen, wobei auch diese bereits deutliche Kampfspuren aufwiesen.
„Schnell! Eure Freunde werden von Höllschrei hingerichtet!“ brüllte die junge Pandarin, lenkte damit die beiden Wachen kurz genug ab, damit sowohl Kared als auch Kweezil diese endlich zu Boden schicken konnten. Nach einem kurzen Augenblick des Durchatmens blickten sie einander an, starrten dann auf die noch immer offenen Türen, die mit einem Mal weiß zu leuchten begannen.
„SHA-FREISETZUNG FESTGESTELLT. NOTFALLEINDÄMMUNG AKTIVIERT“ hallte es lautstark durch den Raum, während die riesigen Türen sich wie von Geisterhand zu bewegen begannen.
„Los, Beeilung!“ brüllte Kweezil und schoss bereits im Laufschritt auf die sich schnell schließenden Türen zu. Im allerletzten Moment schaffte er es noch, sich durch die fast geschlossenen Torflügel hindurch zu quetschen, hörte dann das metallene Geräusch des Portals, das sich hinter ihm verriegelte. Kared und die Pandarin dagegen waren zu spät, standen auf der anderen Seite, hämmerten mit den Fäusten gegen die Außenseite des massiven Portals, ohne eine Möglichkeit, das Tor wieder zu öffnen.

Höllschrei hatte indes die massive Axt mit beiden Händen gepackt, sich der Paladina zugewandt, die noch immer benommen an die Wand gelehnt lag. Dann holte er aus und rammte die Axt mit einem Schwung voran, zielte dorthin, wo auch bei Tauren hoffentlich das Herz sein mochte.
„Nein….“ Ächzte eine Stimme direkt neben ihm, die mit der Bewegung der Axt rechts an ihm vorbei ebenfalls nach vorn stürzte und nur Augenblicke vor der Klinge die Brust der Paladina erreichte.
Xelestra hatte sich mit allerletzter Kraft nach vorn geworfen, spürte, wie ihre eigene Klinge sich nun in ihren Rücken bohrte und ihre Welt in Dunkelheit hüllte. Ihre blau schimmernden Augen verdrehten sich, als der kalte Stahl ihrer Axt durch ihren Leib schnitt.
Kweezil seinerseits sah dem Schauspiel entsetzt aus gut zehn Meter Entfernung zu, reagierte schnell und zog eine kleine Kugel aus seiner Gürteltasche, warf sie auf Höllschrei, der wieder tobte und versuchte, die Klinge wieder aus dem Leib der Todesritterin heraus zu ziehen. Die Kugel traf genau sein Gesicht, explodierte dort mit einem grellen Lichtblitz und blendete ihn effektiv. Dann stürmte der Goblin auf die beiden Tauren zu, rüttelte an beiden.
„Schnell, wir haben nicht viel Zeit. Wir müssen hier weg!“ brüllte er beide an.
Nikariu blickte ihn noch immer leicht verwirrt an. Dann sah sie auf die Todesritterin direkt vor sich, deren Körper lebloser als je zuvor wirkte. Sie erschrak, schüttelte sich ihrerseits. Doch aus welchem Grund auch immer schien noch immer ein wenig Leben in der Todesritterin zu stecken – und sie flüsterte mit scheinbar letzter Kraft etwas in Nikarius Ohr.
„Rechte….Tasche….Kugel….zerbrechen…“
Nikariu blickte fragend drein, griff dann aber in Xelestras rechte Gürteltasche und brachte eine seltsam leuchtende Kugel hervor. Eine grünliche Flamme tanzte in der Mitte, strahlte eine seltsame Aura ab. Eine Aura, die ihr sehr bekannt vorkam.
Auch Kweezil hatte die Worte der Todesritterin gehört, sah die Paladina aber zögern, als sie die Kugel in Händen hielt, blickte über die Schulter und sah, wie Höllschrei die Nachwirkungen seiner Blitzbombe langsam abschüttelte. Nur noch wenige Augenblicke und sie alle drei wären ihm ausgeliefert.
Also packte er seinen Dolch und schwang ihn gegen die Kugel. „Wir haben Keine Zeit für Sentimenta….“ Begann er seinen Satz, der jäh unterbrochen wurde, als die Spitze seiner Klinge die Kugel traf und in Abermillionen Scherben zerplatzen ließ.
Die grüne Flamme züngelte einen kurzen Moment auf, ehe sie explosionsartig an Größe gewann und alle drei einhüllte. Schlagartig verzehrte sie die Flamme, hinterließ nur ein kleines Häufchen Asche, das langsam zu Boden rieselte.
Sie waren weg. Weg von diesem Ort, weg aus dieser Welt, weg aus dieser Dimension. Das dämonische Feuer, das in der Kugel gefangen gewesen war, hatte sie vollständig verschlungen…
…um sie an einen anderen, weit entfernten Ort zu schleudern.

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Kapitel 15 – Duell der Todesritter

Deutlich wies die Todesritterin ihre drei Gefährten an, an Ort und Stelle zu warten, während sie mit festem Schritt auf den Höhleneingang und den davor stehenden Orc zuschritt. Dieser, durch seine Rüstung selbst aus der Ferne als Todesritter identifizierbare Orc war natürlich niemand anderes als Khaled – jener Todesritter, der bereits im Schrein auf alles andere als einen freundlichen Eindruck gemacht hatte. Und auch jetzt blickte er nur grimmig zu Xelestra, die den Blick mit ebenso grimmigem Blick erwiderte.
„Du hättest deinen Auftrag erfüllen sollen. Dann hättest du länger gelebt.“ Schnaubte Khaled bereits, als Xelestra gerade erst in Hörweite kam. „Wen willst du noch alles verraten? Zuerst einen Stamm, dann die Grimmtotem, den Lich-König, die schwarze Klinge und dann schließlich den Kriegshäuptling und die Horde als Ganzes. Wann verrätst du deine Haustiere da hinten?“
Sie biß sich auf die Zunge. Natürlich hatte sie in der Vergangenheit viele Fehler gemacht. Fehler, deren Tragweite sie nie hätte ahnen können. Fehler, die sie jeden Tag aufs Neue bereute, die sie jederzeit vermeiden und einen anderen Weg wählen würde, wenn sie denn nur die Chance hätte, es zu tun. Doch das konnte sie nicht. Sie hatte keine Möglichkeit, vergangene Fehler zu korrigieren oder sie auch nur gut zu machen. Alles, was ihr nur blieb, war zu verhindern, dass sie jemals wieder solche Fehler machen würde. 
Und für ihre Fehler zu büßen. 
Wortlos zog sie langsam ihre Axt vom Rücken, blieb im gleichen Atemzug aber gute fünf Meter von Khaled entfernt stehen, starrte ihn dabei starr an. Auch der Orc zog nun seine beiden Schwerter, bereitete sich auf den nun offensichtlich kommenden Sturmangriff vor. Zu seiner Verblüffung aber kam dieser nicht. Stattdessen rammte Xelestra ihre Klinge mit aller Kraft in den Boden, ohne dabei den Blick vom Orc zu nehmen.
„Du kapitulierst? Verrätst du am Ende sogar deine eigenen Ideale, deine Prinzipien, deine…“
„NIEMANDEN habe ich je verraten!“ donnerte die Todesritterin derart laut hervor, dass es selbst die Paladine in einiger Entfernung hören konnten. „Ich folge keinem, dessen Motive nur dem einen dienen. Und was dich angeht…“ fuhr sie fort, mit einem Finger der linken Hand auf ihn deutend, während sie mit ihrer Rechten das Kürschnermesser aus der Schnalle an ihrem Gürtel zog und es fest mit ihrer rechten Fast umklammerte.
„…für dich brauche ich nicht mehr als das hier.“
Dann stürmte sie voran, während Khaled sie zuerst verdutzt anstarrte. Sie griff ihn an. Mit einem Kürschnermesser. Einem kleinen, stumpfen, verdammten Kürschnermesser. War sie nun vollends wahnsinnig geworden?
Der Orc ließ sich diese ultimative Provokation nicht gefallen, hob seine Schwerter und stürmte der Todesritterin entgegen, holte zum Schwung aus und stieß ihr seine Schwerter in zwei großen Bögen geschwungen entgegen. Beide Schwerter klirrten lautstark – eines davon gegen das kleine Messer, das andere gegen die metallene Armschiene der Todesritterin, die mit unvermindertem Tempo auf ihn zu stürmte, dabei ihr linkes Knie hob und im vollen Lauf und voller Wucht in seinen Bauch rammte.
‚Verdammt.‘ dachte Khaled nur, als sich ihr Knie durch seine Rüstung tief in seinen Bauch bohrte, ihm die Luft nahm und ihn einige Meter zurück schleuderte. Eine tiefe, hässliche Beule verblieb im massiven Plattenpanzer, der seinen Körper nahezu vollständig bekleidete und schützte. Immerhin hatte dieser den Tritt, der ihm ansonsten sicherlich einige Rippen gebrochen hätte, so abgefedert, dass er lediglich einige Atemzüge brauchte, um sich wieder zu fangen. Und das tat er auch, riss sich vom Boden auf und stürmte erneut auf die Todesritterin zu, die Schwerter diesmal in geschlosseneren Bögen gen ihren ungeschützten Hals schwingend. Dann spürte er den Nachteil seiner Rüstung überdeutlich: Trotz ihrer Größe und der Tatsache, dass sie eine verdammte Taurin war, bewegte sie sich mit ihrer leichten Plattenrüstung deutlich schneller, wich den Stößen von Khaled geschickt aus, schaffte es gar, ihn zu umtanzen und die Schläge nahezu alle zu parieren, die trotz dieser Agilität Treffer geworden wären. Gleichzeitig aber schützte die Rüstung von Khaled ihn vor den Stößen und Schlägen mit Faust und Klinge, die gegen ihn gerichtet worden waren.
Ein Patt. Das hätte auch Xelestra klar sein sollen – da war sich Khaled absolut sicher. Doch auch er hatte keine Möglichkeit, Xelestra mit fairen Mitteln zu besiegen. Fairness aber war noch nie seine Domäne gewesen. Alles was er tun musste war warten und beobachten, um auf eine Gelegenheit zu warten, damit er als Sieger aus diesem Kampf hervorgehen würde.
Überraschend schnell erkannte er seine Chance in den Bewegungen, die Xelestra da vollführte. Denn so grazil und geschickt sie sich auch wandte, so auffällig war es doch, dass sie offensichtlich mit voller Absicht einige Drehungen und Bewegungen vermied und stattdessen lieber riskierte, dass einer der Schläge von Khaled ihre Armschiene oder einen anderen Teil ihrer Rüstung traf. Zuerst hatte Khaled an einen Zufall geglaubt, machte dann aber einige Schritte zur Seite, um eine Drehung und das Neigen nach Rechts bei ihr zu provozieren. Doch wieder vermied sie genau diese Bewegung, schonte offensichtlich ihre rechte Seite und alles, was Brust und Bauch auf ihrer rechten Seite zu sehr streckte oder stauchte.
Ein Plan war in seinem Kopf gereift. Wieder schwang er seine Schwerter in Richtung ihres Halses, zielte auf ihren linken Arm und wirbelte dann einmal um seine eigene Achse, als er sah, wie seine Schläge von ihr problemlos pariert wurden, zog seine Schwerter zurück, drehte eines von ihnen in seiner Hand um und donnerte dann mit all seiner Kraft den Griff des rechten Schwertes in ihre rechte Flanke. Es knirschte einmal laut, als er spürte, wie eine offensichtlich angeknackste Rippe unter seinem kräftigen Schlag brach, die Todesritterin einmal laut ächzte, nach hinten stolperte und die linke Hand auf ihre rechte Flanke presste, während sie auf ein Knie sank. Khaled indes hielt seine Schwerter triumphierend in Richtung ihres Halses.
„Du bist eine exzellente Kämpferin. Aber du bist zu stur, zu aufbrausend, zu eigensinnig.“
Xelestra blickte zu Boden, wirkte, als hätte sie heftige Schmerzen. Dann aber hob sie ihren Kopf, starrte Khaled direkt an. Der stutzte ob ihres Gesichtsausdrucks.
Kein Schmerz, keine Trauer, keine Wut. Nur Entschlossenheit…und war das ein Grinsen, das da von ihren Mundwinkeln angedeutet wurde?
„Und du bist zu leichtgläubig.“ Knurrte sie, ehe sie in einer einzigen, fließenden Bewegung zu explodieren schien. Mit einem einzigen Schwung ihrer linken Hand, die von ihrer Flanke weg schnellte, wischte sie die Schwerter vor sich weg, hob ihre rechte Hand, zur Faust geballt, in Richtung von Khaleds Schädel, stieß sich mit aller Kraft vom Boden ab und donnerte ihre Faust so mitten in das verdutzte Gesicht des Orcs, fühlte nun ihrerseits das Knacken von Knochen unter ihrer Hand, während der Orc mit Schwung nach hinten flog, in der Luft einen halben Salto machte und mit dem Gesicht nach unten im Dreck landete.
Khaled stöhnte, wollte sich wieder aufrappeln, stemmte sich auf seine Hände, die noch immer seine Schwerter umklammerten. Dann fühlte er ein heftiges Brennen in seiner linken Hand.
„Bleib unten!“ schnaubte Xelestra, die neben ihn getreten war und einen ihrer Hufe mit aller Kraft auf seine linke Hand gedonnert hatte. Unter den metallbeschlagenen Hufen brachen die feinen Hand- und Fingerknochen der linken Hand wie dünne Äste. Dann bückte sich Xelestra, griff das Schwert des Orcs und wog es in einer Hand.
„Wenn du mich tötest, dann tu es schnell.“ Grummelte der Orc durch den Matsch hindurch.
„Wenn ich dich hätte töten wollen, dann hätte ich meine Axt benutzt.“ Schnaubte Xelestra zurück, umfasste dann den Griff der Klinge mit ihrer rechten Hand. „Das hier ist besser.“
Mit diesen Worten stieß sie die Klinge senkrecht auf seine rechte Schulter, flührte sie dabei geschickt zwischen den einzelnen Panzerplatten, die Brust- und Armrüstung verbanden, hindurch, ehe sie das Schwert mit aller Kraft nach unten drückte. Tief schnitt das Schwert in die rechte Schulter des Orc ein, der den Schmerz deutlich spürte, den Schrei jedoch unterband. Doch statt hier zu enden schob sie die Klinge tief und tiefer, bis schließlich das Heft der Klinge auf der Rüstung auflag und die Klinge durch seine Schulter hindurch vollständig im Boden verschwunden war. Erst jetzt nahm sie ihren Huf von seiner linken Hand, trat einige Schritte zurück, wobei sie das andere Schwert etwa zwei Meter weg und damit aus seiner Reichweite trat.
Khaled starrte wütend zu ihr nach oben, sah jedoch nicht viel mehr als ihre Gürtellinie. Als sie das sah ging sie in die Hocke, legte ihre Hände auf die Knie und blickte ihn so von oben herab mit zufriedenem Blick an.
„Bring es zu Ende!“ schnaubte er sie an.
„Nein. Du wirst leben und du wirst erzählen, was passiert ist.“
„Den Teufel werde ich.“
„Deine Entscheidung.“ Entgegnete Xelestra, erhob sich und beugte sich dabei provokant über die vorher geschonte, verletzte rechte Seite, ohne auch nur ansatzweise zu zucken, schritt zu ihrer Axt, zog sie aus dem Boden und blickte dann zu ihren drei Begleitern, die trotz ihrer klaren Worte mittlerweile näher gekommen waren. Nikariu und Kweezil schauten teils stolz, teils besorgt zu der Todesritterin, während Kared er ernstere Miene auflegte.
„Du hast ihn nicht getötet? Normalerweise sind Todesritter….“
„Normalerweise?“ fragte Xelestra nur, ohne die Frage abzuwarten oder gar richtig zu beantworten.

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