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Kapitel 14 – Mächtiger Bada-Bumm

„Schneller! Los!“ brüllte die Todesritterin den Goblin und ihre beiden Taurenkollegen an, während um sie herum schwarze Nebelschwaden dick aus dem Boden fuhren. Wie aus dem Nichts formten sich winzige, schwarze Blasen, die zu Sha-Abnormitäten wucherten und mit ihren unförmigen Pranken nach allem griffen, was lebte und atmete.
Kweezil ließ sich nicht zweimal bitten, sprang vorwärts und rannte an Xelestra vorbei, hüpfte schnell an den immer größer werdenden Sha-Kreaturen vorbei. Die beiden Paladine jedoch griffen nach ihren Waffen, bereit, sich gegen die Bedrohung zu verteidigen. 
„Sonnenläufer laufen nicht vor der Gefahr davon. Wir sind nicht…“ begann Kared, der sich von der Todesritterin abwandt und seine breite Klinge zum Schlag über den Kopf hob. Zu seiner Überraschung aber zog ihm jemand das Schwert mit aller Kraft zurück und aus der Hand.
Baff wirbelte er herum, starrte in das emotionslose Gesicht der Todesritterin, die seine Klinge an der Schneide gepackt und zu sich gezogen hatte. Deutlich sichtbar schnitt die scharfe Klinge in das Leder ihres Handschuhs ein.
„Ihr werdet laufen. Jetzt.“ Sagte die Todesritterin mit emotionsloser Stimme, ehe sie Kared seine Klinge reichte. „Und keine Widerworte.“
Kared verengte die Augen, fixierte die Todesritterin mit entschlossenem Blick. „Es ist unehrenhaft, vor der Bedrohung davon zu laufen. Wir werden sie aufhalten. Wir…“
Erneut wurde Kared von der Todesritterin unterbrochen, die ihn in einer einzigen, flüssigen Bewegung mit ihrer linken Hand am Arm packte, nach vorne riss und dabei einmal um ihre eigene Achse im Uhrzeigersinn herum wirbelte. Noch in der Drehung zog sie ihre mächtige Axt vom Rücken, führte einen Schwung aus, der den Kopf von Kared nur um Fingersbreite verfehlte, dafür aber eine der Sha-Abnormitäten, die genau auf den Punkt zu stürzte, an dem er noch vor einem Augenblick gestanden hatte, genau in der Mitte halbierte. Kared indes stolperte überrascht und verärgert nach vorn, fing sich aber, starrte zuerst wütend auf die Todesritterin und dann auf ihre Klinge, von der dickes, schwarzes Blut tropfte, während die Sha-Abnormität am Boden ihr dunkles Leben aushauchte. Dann sah er, wie mehr als ein Dutzend weitere dieser Kreaturen mittlerweile hinter ihnen standen und auf sie zu waberten. In einiger Entfernung sah man, wie aus den Dutzenden hunderte und aus den hunderten schließlich viele tausend dieser Sha-Wesen wurden, die bereits über die Tierwelt her fielen und diese verschlangen.
„Ich sagte LAUF!“ brüllte die Todesritterin den Paladin an, dessen Augen sich weiteten. Dann endlich nickte er knapp, hielt sein Schwert jedoch bereit, während er mit großen Schritten dem Goblin hinterher hechtete.
„Das…ist nicht….gut…“ ächzte Kared, der so schnell lief, wie ihn seine Hufe tragen konnten gen Nikariu gerichtet, die ihrerseits ebenfalls schnellen Schrites voran preschte. Nur aus den Augenwinkeln hinter sich sah sie, dass die Todesritterin gute drei, vier Schritt hinter ihnen blieb und im Laufen immer wieder mit geübten Schwüngen ihrer großen Axt die verfolgenden Sha-Abnormitäten auf Distanz hielt.
„Was…hat Garrosh…nur angestellt?“ schnaubte er weiter.
„Meinst…du…er…war….das?“ antwortete Nikariu, ebenfalls schnaufend. Spätestens in diesem Moment bereute sie, dass Kared und sie – anders als die Todesritterin, wie ihr aufgefallen war – eine vollständigte, massive Plattenpanzerung trugen, die dank ihrer Steifheit und ihres nicht unwesentlichen Gewichtes an ihrer Ausdauer zehrten. Auch deswegen hätte sie sich jetzt lieber Reittiere gewünscht, egal, wie auffällig diese auch gewesen wären.
„Natürlich. Wer…denn sonst?“

Kweezil hatte den Vorteil, dass er sich sowohl den Blicken dieser Sha-Kreaturen sehr effektiv zu entziehen wusste, als auch die Tatsache, dass zumindest zwei der drei Tauren im Dauerlauf derart laut vor sich hin schepperten und klapperten, dass sie JEGLICHE Aufmerksamkeit eventueller Feinde auf sich zogen. Letzteres hatte sich allerdings schnell dadurch erledigt, dass Kweezil mit deutlich mehr Tempo voran stürmte und so binnen weniger Minuten einen beachtlichen Vorsprung heraus gelaufen hatte. So war er auch der Erste, der in der Nähe der Höhle ankam und dort die ersten Kämpfer des Goldenen Lotus erspähte, die bereits gegen zahllose Sha kämpften. Nun, zumindest versuchten sie sich zu acht gegen die schier endlose Masse der Sha zu stemmen. 
Kweezil zögerte einen Augenblick, ob er sich jetzt mit in das Kampfgetümmel stürzen oder die Pandaren lieber sich selbst überlassen sollte. Doch noch ehe er sich entschieden hatte, brach einer der Pandaren zusammen, wurde sein Körper binnen weniger Augenblicke von den Sha-Abnormitäten verschlungen und richtiggehend in Fetzen gerissen.
„ZAO! NEIN!“ brüllte eine Pandarin, die sich zu ihrem gefallenen Kameraden umwandte, um ihm noch zu Hilfe zu eilen. Dieser Moment der Unaufmerksamkeit reichte bereits, damit auch sie von den Sha angefallen und zu Boden gerissen werden konnte.
Binnen weniger Augenblicke dezimierte sich die Zahl der Pandaren so von den ursprünglich acht auf nur noch drei, die Rücken an Rücken in der Mitte einer wahren Schar von Sha die Oberhand zu behalten versuchten. Doch trotz aller Bemühungen, der reinigenden Zauber der Priesterin unter den dreien und den entschlossenen Schlägen des großen, massigen Pandaren, brachen auch die drei unter der Macht der Sha zusammen, die sich wie ein riesiger Bienenschwarm über die nun unterlegenen Pandaren her machten.
Kweezil hatte von seinem Versteck aus alles genau beobachtet, schluckte trocken. Zu seinem Glück war er unbemerkt geblieben – auch wenn einer der Pandaren ihn für einen Augenblick direkt angestarrt hatte, ohne noch die Chance zu haben, ein Wort oder auch nur einen Mucks von sich zu geben. Für einen winzig kleinen Augenblick machte er sich innerlich Vorwürfe, warum er den Pandaren nicht zu Hilfe gekommen war. Dann aber siegte wieder sein eigener Überlebensinstinkt und seine für Goblins typische, egoistische Art, die sich mit seiner rationalen Sicht der Situation vermichten und einig wurden: Wenn er denn eingegriffen hätte, dann wären statt acht lediglich neun Tote zu beklagen gewesen. Nein, er war sich sicher, dass er keinen Unterschied gemacht hätte. Jetzt jedoch hatte er noch eine Möglichkeit, etwas zu tun.
Mit diesem Gedanken griff er in seine Tasche, brachte ein Päckchen mit schwarzem Pulver sowie einige Kugeln hervor. Innerlich seufzte er – hatte er dieses Päckchen doch ursprünglich dafür gekauft, um den Goldspeicher von Höllschrei aufzusprengen und sich seinen wohlverdienten Lohn selbst zu nehmen. Dann aber wurde ihm klar, dass er wohl gar kein Gold mehr besitzen würde, wenn er denn hier vom Sha ebenso verschlungen würde wie diese acht Pandaren. Noch ehe er lange überlegen und seiner Gier verfallen konnte hatte er das Paket und die drei Kugeln bereits in Richtung des Sha geworfen.

„Ich…ich….kann…gleich….nicht….mehr….“ ächzte Nikariu, deren Herz ihr mittlerweile bis knapp unters Kinn zu hämmern schien. Auch Kared keuchte heftig, würde das Tempo zweifelsohne nicht mehr lange mitmachen können.
„Wir…sind….fast….da. Nur…noch….die….Ecke….da.“ antwortete er, deutete vor die drei.
Nikariu folgte seinem Fingerzeig, erspähte eine riesige, schwarze Fläche voller Sha. Dutzende, hunderte von kleineren und größeren Schrecken bildeten einen riesigen Schwarm, der wie Heuschrecken nur auf Beute zu warten schien.
Gerade als sie eine Warnung ausrufen und stehen bleiben wollte, sah sie eine Stichflamme aus der Mitte dieses Schwarms senkrecht in den Himmel fahren, gefolgt von einer heftigen Explosion, die ihr gesamtes Gesichtsfeld schlagartig in grelles Weiß hüllte.
„RUNTER!“ brachte sie noch heraus, warf sichmit aller Macht vorwärts in den Dreck, als bereits die Druckwelle über sie hinweg raste. Erde, kleinere und größere Felsbrocken, Teile von Sha-Kreaturen, undefinierbare Rüstungsteile und Körperflüssigkeiten der verschiedensten Farbem spritzten umher, während ein Donnergrollen wie bei fünf Unwettern gleichzeitig durch die Luft schnitt.
Dann Stille. Für einen Augenblick war es Nikariu, als hätte sie die Explosion selbst ebenfalls aus dem Leben gerissen. Doch dann fühlte sie ihren Körper, spürte Bewegung neben sich.
Langsam hob sie ihren Kopf, blickte an ihre linke Seite. Kared lag dort neben ihr, ebenfalls längseits auf den Boden geworfen, legte ihr eine Hand auf den Rücken.
„Bist du in Ordnung?“
Nikariu blickte an sich herunter, bewegte ihre Beine ein wenig und nickte dann schließlich. „Ja, ich…ich glaube schon.“
„Aufstehen! Wir haben keine Zeit für Ruhepausen.“ Schnaubte Xelestra von hinter den beiden.
Verblüfft drehten die beiden Paladine ihre Köpfe in Richtung der Todesritterin, nur um zu sehen, dass diese trotz der Druckwelle stehengeblieben war. Ihre Mähne war durch die extreme Druckwelle noch wilder und zerzauster, als sie ursprünglich gewesen war, Dreck und unzählige Erdklumpen klebten an einer Seite ihrer Rüstung, während etliche gut zwei Meter lange Riefen schön parallel von ihren Hufen aus nach vorn reichten. Davon unbeeindruckt schritt sie auf die beiden noch am Boden liegenden Paladine zu, verstaute ihre Axt und reichte ihre Hände herab, um beiden auf zu helfen.
„Oh, ihr seid das!“ rief eine helle Stimme aus einem Versteck hinter einem größeren Felsen, die sich erst nach einigen verwunderten Blicken der Tauren als Kweezil entpuppte. Der Goblin rieb sich die Ohren, während er auf die Tauren zu kam.
„Ich glaub ich hab etwas zu viel von dem Sprengpulver genommen. Naja, drei Sprengkapseln waren vielleicht doch etwas zu viel.“
„DU warst das?!“ brüllte Kared. „Bist du eigentlich übergeschnappt? Einen Augenblick später und du hättest uns auch zerfetzt!“
Kweezil zuckte mit den Schultern. „Ist doch gut gegangen. Oder wolltest du lieber mit den Sha-Dingern kuscheln und den Pandaren in den Tod folgen?“
„Ich geb dir gleich folgen!“ schnaubte Kared, hob drohend seine mit Schlamm verdreckte Faust.
„Später. Wir müssen weiter. Ehe Höllschrei noch Schlimmeres anstellt.“ Hielt Nikariu ihren Ordensbruder zurück.
Kared schnaubte, blickte dann zu Nikariu hinüber, nickte ihr zu. „Du hast Recht. Wenn er diese Abnormitäten ins Leben rufen kann, dann kann er noch wesentlich Schlimmeres.“
Auch Xelestra nickte, deutete in Richtung der Höhle, deren Eingang in der Ferne bereits erkennbar war. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren stürmte sie wieder vorwärts, nur um wenige Augenblicke später wie angewurzelt stehen zu bleiben. Regungslos starrte sie auf eine Gestalt, die gerade aus der Höhle heraus stapfte.
Kweezil und die beiden Tauren hatten schnell wieder aufgeschlossen, blickten die Todesritterin fragend an. Dann folgten sie ihrem Blick, erspähten ebenfalls die Gestalt, die sich vor dem Höhleneingang breitbeining aufgebaut hatte.
Ein Orc in nahezu gänzlich schwarzer Plattenrüstung. Zwei große Schwerter steckten jeweils links und rechts in filigran gearbeiteten Schwertscheiden, die in einem sanften Blau schimmerten. 
„Khaled.“ Brummte Kweezil leise.
Xelestra nickte nur langsam, während sie ihre Fäuste langsam zu ballen begann.
„Wer?“ fragte Kared.
„Ein anderer Todesritter. Glaube ich.“ Erklärte Nikariu.
„Ihr wartet hier.“ Knurrte Xelestra, ehe sie sich langsam in Bewegung setzte. „Ich habe etwas zu erledigen.“

Published inFrostfeuer

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