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Kapitel 22 – Kampf dem Koloss

Der Gegner war übermächtig. Eine riesige, eiserne Abscheulichkeit, die äußerlich einem der Vernichter der Kor’kron nachempfunden war – allerdings um etliche Faktoren größer als jene höchst gefährlichen und nicht minder furchteinflößenden Riesenskorpione, die nur die fähigsten aller Krieger zu reiten wagten und damit ihren Gegnern durch das bloße Erscheinen auf dem Schlachtfeld bereits Angst enflößten. Unzählige Krieger waren vor der schieren Größe, der Macht und den ebenfalls tödlichen Waffen des riesigen Konstrukts bereits gefallen. Eine noch wesentlich größere Zahl an Kriegern indes lag verwundet – einige zum Glück leichter, andere dagegen schienen aufgrund der Schwere ihrer Wunden bereits mehr tod als lebendig zu sein – hinter Felsen, verborgen in den messerscharfen und verwinkelten Canyons und damit außerhalb der Reichweite jener gefährlichen Monstrosität.
Um so beeindruckender war die Courage der gerade mal ein Dutzend zählenden Sonnenläufer und Wachen der Tauren, die jeweils zu viert von drei Seiten auf die riesige Bestie zu schlichen. Selbst wenn es ihnen dabei nicht gelingen sollte, das Monstrum zu erlegen, so wollten sie ihm doch zumindest so viel Schaden zufügen, damit die übrigen, noch verbliebenen Krieger den finalen und zum Sieg führenden Schlag ansetzen können sollten.
So jedenfalls war der Plan des jungen Arnak Spalthuf gewesen, der seine anderen, ebenfalls jungen Kameraden schnell von der Fehlerfreiheit und Sicherheit seines Planes überzeugt hatte. Selbstverständlich stand er zudem in der Vierergruppe, die das Monstrum von vorne angehen und ablenken sollte, hielt sein breites, golden schimmerndes Schwert in die Luft und brüllte lautstark auf, als er mit schnellem Blick nach links und rechts sah, wie seine Kameraden zum Angriff bereit standen.
Der Koloss nahm den lautstark auf sich aufmerksam machenden Tauren mit maschinell typischer Ruhe wahr, fixierte seine Klauen auf ihn, donnerte diese in Richtung der vier Tauren, die ihrerseits auseinander sprangen, dem mächtigen Schlag der Klaue auswichen. Dann hoben die beiden Krieger ihre mächtigen Äxte, schwangen diese in Richtung der grässlichen Fratze des Metallmonstrums, um diese mit einem geschickten, kräftigen Schlag zu spalten.
Zu ihrem Entsetzen jedoch hatte die diabolische Maschine in kalter Berechnung bereits nur auf so eine Aktion gewartet, hob den gerade noch zur Seite geschwungenen Arm empor und spie eine glühend heiße Fontäne aus Flammen auf die Krieger, die sich gänzlich auf ihren Angriff konzentriert hatten. Der Angriff dauerte keine zwei Sekunden, da gingen die Kampfschreie und schrille Schmerzensschreie über, erfüllte der Geruch von brennendem Fell, kochendem Blut und verbranntem Fleisch die Luft, ließ die beiden Paladine um ihre Fassung ringen, während ihre Kameraden vor ihren Augen in den Flammen zu vergehen begannen.
Die anderen acht Kameraden nahmen das Geschrei zum Anlass, stürmten voran und donnerten ihre Waffen ihrerseits gegen die Flanken der maschinellen Monstrosität. Zu ihrem Entsetzen hatte die riesige Maschine aber wohl auch mit so etwas gerechnet, flogen vier etwa melonengroße, mit Stacheln besetzte Kugeln zu jeder Seite und explodierten knapp über dem Boden, rissen tiefe Wunden in Beine und Hüften der Krieger, die vor Schmerz schreiend zu Boden gingen. 
Arnak blieb nur, ungläubig zu starren, wie sein doch so genial geplanter Schachzug bereits binnen Sekunden von der Maschine zunichte gemacht wurde. Dann aber fing er sich, blickte zu seinem Kameraden hinüber, der seierseits ebenfalls zu Arnak starrte. Dann stürmten sie zu den Seiten und ihren verwundeten Kameraden, um diese zumindest so schnell es geht vor den heißen Flammen der Maschine zu schützen. Doch erneut wurde ihre Hoffnung zunichte gemacht, als ein rötliches Leuchten den Kameraden von Arnak einhüllte und dann, gänzlich ohne den Flammenatem der Bestie, in Brand setzte. 
„NEIN!“ brüllte der junge Sonnenläufer, hob die Hand und flehte An’She um Schutz für seinen Kameraden, auf das sie zumindest ihm das Leben zu retten vermochte.
Und tatsächlich schienen die Gebete erhöhrt zu werden. Denn das rote Glühen verging inmitten einem intensiven, weißen Leuchten, das den Sonnenläufer umgab und die Flammen, die gerade in seinem Fell zu züngeln begannen, innerhalb von einem Augenstreich verlöschen ließ. 
Mit dem Seufzen eines geschlagenen Hundes, der zumindest noch einen kleinen Erfolg erlangt hatte, ließ Arnak den Arm sinken, blickte zu den verletzten Kameraden hinüber, die sich mit aller Kraft und nur unter Zuhilfenahme ihrer Arme hinter einen Felsen zu schleppen versuchten. Und dann erspähte er eine weitere Gestalt, die sich hinter die vier geschlichen hatte, einen der vier packte und kurzerhand in Sicherheit zog. Eine junge Sonnenläuferin, die gerade erst mit an die Front gekommen war und sich nun schon mit in die Gefahr begeben hatte.
„VERSCHWINDE! HIER IST ES GEFÄHRLICH!“ brüllte Arnak, der für den Moment vergessen hatte, dass er die Bestie damit erst auf sie aufmerksam machen würde. Glücklicherweise aber ignorierte der Eiserne Koloss die Taurenpaladina für den Augenblick, wandte sich dafür einem anderen Ziel zu.
Ihm.

Die Reise von Mulgore nach Durotar war eine Reise von Tagen gewesen, wenn man den Weg zu Fuss bewältigen wollte. Und selbst auf einem Reitwolf, einem Kodo oder einem anderen Reittier dauerte die Reise bis zu den Toren Orgrimmars immer noch nahezu einen Tag, wenn das Tier wohl genährt und gut im Training war, so dass man es im Sprint halten konnte.
Windreiter hatten die Distanz bereits auf einige Stunden reduzieren können. Doch Drachen…für Drachen waren Distanzen dieser Art eine Sache von weniger als einer Stunde, wenn sie ihre Kräfte nicht über Gebühr belasteten.
Weder Arkano noch Nerakis hatten allerdings diesen Luxus. Der eine wurde von der widerwillig auf seinem Rücken getragenen Todesritterin zu dem äußersten Tempo, das er zu leisten in der Lage war, getrieben, während Vadarassar seinen getreuen Netherdrachen darum bat, mit dem Frostwyrm Schritt zu halten. Und obwohl dieses hohe Tempo sichtlich an der Kondition des jungen Drachen nagte, machte dieser überdeutlich, dass es gegen seine Ehre gegangen wäre, hätte er gegenüber einem Frostwyrm auch nur eine halbe Hornlänge nachgegeben.
Mit einem Tempo, das selbst wesentlich ältere und kräftigere Drachen als halsbrecherisch bezeichnet hätten, überbrückten die beiden Giganten Seite an Seite fliegend die Distanz binnen weniger als einer Stunde, erblickten die Tore Orgrimmars und die Verteidigung vor den Mauern sowie auf Selbigen. Unzählige Windreiter mit Schützen und magiebewehrten Kämpfern auf den Rücken flogen auf der Innenseite der metallbeschlagenen Mauern umher, hielten dabei aber einen gehörigen Abstand zu den Zinnen und der nach oben gedachten Verlängerung.
„Sie haben eine magische Barriere über die Stadt gelegt. Die Leylinien reichen bis tief unter die Stadt hinunter.“ Merkte Nerakis nach kurzem Blick an. Es war eine Eigenheit der Netherdrachen, Magie und eben besagte Leylinien so natürlich wahrzunehmen, wie ein Bluthund eine Fährte – mit dem Unterschied, dass sie dafür nicht ihre Nase, sondern ihre wie Juwelen schimmernden Augen hierzu verwendeten. 
„Dann werden wir also auch von vorn angreifen müssen.“ Seufzte Vadarassar, blickte dann auf das Ungetüm direkt vor den Toren, aus dessen Maul gerade Flammen auf ein golden leuchtendes Objekt brandeten. Seine Kinnlade fiel ihm auf die Brust.
„Das…das ist doch wohl nicht möglich!“ schnaubte Kweezil, der sich seinerseits ein Fernrohr aus der Tasche gegriffen und das Monstrum damit in näheren Augenschein genommen hatte. „Dieser Mistkerl von Rußschmied hat mir meinen Entwurf geklaut! Ich habe gutes Geld für das Ding bezahlt und er verkloppt es als SEINE Erfindung!“
Der Hexenmeister blickte hinter sich, starrte den Goblin fassungslos an. „Was ist das für ein Ding?“
„Ein Panzer, was denn sonst? Entworfen, um im Verbund mit ganzen Regimentern den Boden aufzuwischen. Modernste Technik. Absolut tödlich. Und…“
Kweezil stockte, als er mit dem Fernrohr erblickte, wer das Ziel der Attacke war.
„…er greift gerade die Schwester von Xelestra an.“
Zwei Herzschläge dauerte es, ehe das letzte Wort aus Kweezils Mund in eine Aktion von Xelestra mündete. Entschlossen zwang sie ihren Frostwyrm in einen rasanten Sturzflug auf den Koloss zu.

Arnak war auf Nikariu zu gestürzt, hatte sie zwischen den vier Verwundeten neben dem Felsen zu Boden geworfen und damit im letzten Augenblick aus der Bahn des Flammenangriffs gestoßen. Erneut erfüllte das goldene Glimmen von An’Shes Licht die Umgebung, legte sich ein schützendes Leuchten um die Paladine und bewahrte sie vor einem ähnlich tragischen und schmerzhaften Tod wie die beiden Krieger, die an der Seite von Arnak zu Asche verbrannt worden waren.
„Lauf. Schnell! Ich versuche ihn abzulenken!“ brüllte Arnak die junge Paladina an. Doch die stand ihrerseits bereits wieder aufrecht und drückte den jungen Sonnenläufer ihrerseits zurück. 
„Du hast keine Chance gegen dieses Monstrum. Entweder wir gehen gemeinsam, oder wir bleiben gemeinsam.“
„Bist du wahnsinnig? Hast du nicht gesehen, was das Ding mit Haromm und Maal gemacht hat? Wir…RUNTER!“
Der Streit der beiden wurde schlagartig von einem Krachen des Kolosses unterbrochen, der seine Pranken mit voller Wucht in den Boden gerammt hatte. Risse zogen sich unter den beiden Tauren durch den Boden, raubten ihnen den Stand. Binnen weniger Augenblicke waren sie bis zu den Knien im Boden eingesunken, unfähig, sich weiter zu bewegen. Und gerade als sie diesen Schock ausgestanden hatten, blickten sie in Richtung des grollenden Monsters, starrten mitten in das glühende Maul. Flammen züngelten darin, wuchsen zu einem grausamen, flammenden Sturm heran. Gerade als die Flammen auf sie zu schießen sollten, reichten sie sich die Hände, schlossen die Augen und hofften, dass An’She ihnen auf irgendeine Art ein Wunder schicken möge, um ihre Leben doch noch zu retten.

„NEIN!“ brüllte Xelestra, als sie Nikariu mit ihren eigenen Augen und überdeutlich vor dem Monstrum stehend erblickte, während die Bestie zur letzten Attacke ansetzte. Entschlossen stand sie auf, stürmte mit großen Schritten über den Hals des Frostwyrms nach vorn, verpasste Arkano einen ordentlichen Tritt auf die Stirn und sprang damit mit aller Kraft in Richtung der beiden Tauren, die im aufgerissenen Boden unmittelbar vor dem Maul der metallenen Bestie festhingen. Dann züngelten die Flammen aus dem Maul, wuchsen zu einem breiten, vertilgenden Flammenstrahl an. Doch noch ehe die Flammen die beiden Sonnenläufer erreichen konnte, kam Xelestra krachend zwischen dem Eisernen Koloss und den Tauren auf dem Boden auf und brüllte so laut, wie sie nur konnte. Der unbeschreibliche Schmerz, der ihr durch die geschundenen Glieder fuhr, wich dem Zorn auf dieses Monstrum, dessen kalter, lebloser Körper sich mit all seinen Waffen gegen das Einzig Wertvolle, das ihr noch geblieben war, aufbäumte, um seinen Auftrag zu erfüllen.
Nur Bruchteile von Sekunden später war Xelestra von Flammen umgeben. Doch die Flammen setzten sie nicht in Brand. Nein, sie berührten die Todesritterin nicht einmal, veränderten in ihrer Nähe gar die Farbe, wandelten sich von einem züngelnden Gemisch aus Rot und Gelb zu einem intensiven, von einigen blauen Stränen durchzogenen Grün, das in allen Runen, die in Xelestras Rüstung eingelassen waren, ebenfalls grell aufleuchtete.
„SCHLUSS DAMIT!“ brüllte die Todesritterin, packte ihre mächtige Axt mit beiden Händen und rammte sie, einer Lanze gleich, mit aller Kraft nach vorn und in das groteske Maul der eisernen Abscheulichkeit.
Ein grässliches, schrill kreischendes Geräusch durchschnitt die Luft, als das Feuer mit einem Mal kurz intensiver wurde, dann unkontrolliert zu allen Seiten spritzte, auch die Arme des Kolosses selbst traf, diese zum Glühen brachte und dann urplötzlich verebbte, während der gesamte Körper in Bewegung geriet. Das schrille Kreischen ging in ein sonores Brummen über, schüttelte den Kopf des Kolosses in unregelmäßigen Bewegungen hin und her, ehe eine heftige Explosion die Axt aus dem Kopf heraus schleuderte und selbst Xelestra den Stand raubte, sie nach hinten warf. Doch noch im Sturz zurück drehte sie sich mit aller Kraft, packte die hinter ihr befindliche Nikariu mit beiden Armen, zog sie fest an sich heran und rollte sich dann einige Meter weiter hinten so ab, dass sie die junge Paladina vor etwaigen Trümmern oder Angriffen schützen konnte.

„Was war das?!“ brüllte Vadarassar, der Nerakis vorerst in einigem Abstand gehalten hatte.
Kweezil hatte bis gerade noch das Fernrohr hoch gehalten und die Situation beobachtet, ohne ein Wort zu sagen. Nun jedoch lag es, auf seinen Schoß gelehnt, nutzlos in seiner Hand.
„Sie…sie hat mit ihrer Axt das vordere Hochleistungssamophlang zerstört. Der Koloss ist jetzt blind und sein Flammenwerfer zerstört.“
„Na das klingt doch hervorragend. Wenn sie das Ding besiegt hat, dann…“
„Wer hat etwas von besiegt gesagt?“ unterbrach Kweezil den Hexenmeister. „Das Teil hat noch drei weitere Waffensysteme. Und jedes hat eine eigene Energiequelle.“
Er hob wieder sein Fernrohr, sah, wie die Todesritterin langsam aufstand und Nikariu sowie den anderen Paladin hinter einen großen Felsen in Sicherheit zog. Nur wenige Momente später schnitt ein rot glühender Laserstrahl genau dort, wo sie noch Sekunden vorher gelegen hatte, eine tiefschwarze Bresche durch den Boden, krachten Minen gegen den Felsen und donnerten erneut Risse durch die Erde.
„Das Ding ist zwar blind, aber jetzt ist es dazu noch richtig sauer.“

Published inFrostfeuer

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