Es ist naturgemäß nicht leicht, einen idealen Charakter zu bauen. Allerdings kann man einen Anhaltspunkt dafür bekommen, was denn nun ein guter Charakter ist oder eben nicht. Das Zauberwort ist in allen Fällen: Balance.
Was einen GUTEN Charakter auszeichnet, ist die Tatsache, dass er eben ein Gleichgewicht aus Stärken und Schwächen besitzt. Natürlich kann ein Charakter eine außergewöhnliche Stärke und einen guten Vorteil haben (immer und überall nur Mittelmaß gäbe auch einen äußerst langweiligen Durchschnittscharakter), aber diese Vorteile müssen dann eben durch Nachteile ausgeglichen werden, da sie andernfalls eben diesen Übermensch- oder anderen ungewollten Komplex bekommen oder – ebenfalls schlimm – sogar gänzlich nutzlos werden.
Ein wirklich guter Charakter hat also mindestens eine Fähigkeit, die ihn aus der Masse herausstechen lässt – und passend dazu eine Schwäche, die diese Stärke wieder ausgleicht. Ein Troll zum Beispiel ist groß und stark, hat eine große Ausdauer und kann viele Angriffe einstecken, ist umgekehrt aber nicht sonderlich intelligent, kann leicht manipuliert werden und ist vielleicht sogar etwas ängstlich. Eine Riesenschildkröte wird groß und sehr alt, pflanzt sich dafür aber nur selten fort und ist dazu noch sehr, sehr langsam. Ein Gepard wiederum ist sehr schnell – doch kann diese Stärke nur selten ausspielen, ist direkt im Anschluss sogar derart ausgelaugt, dass man ihn problemlos mit einer Hand fangen könnte, ohne dass er groß etwas dagegen tun kann. Und ein Magier mag ausgesprochen intelligent und magisch begabt sein, wird aber selbst gegen einen Bauernjungen im Armdrücken jederzeit untergehen.
Man sieht: All diese Charaktere und Tiere sind zwar mehr oder minder „Standard-“ oder „Klischee-Rollen“, aber jede von ihnen ist auf eine gewisse Art und Weise stark, hat im Umkehrschluss dann aber eine markante Schwäche. Und genau deswegen funktionieren sie, wirken sie natürlich und glaubwürdig.
Wichtig ist hier, dass es sowohl körperliche, wie auch geistige Stärken und Schwächen gibt, die nur gemeinsam ausgeglichen werden können. So muss ein besonders starker Kämpfer nicht unbedingt dumm sein – es reicht schon, wenn er einen charakterlichen Makel hat, der diese Stärke wieder ausgleicht. Er könnte so zum Beispiel, wenn er eine gewisse Farbe sieht, seine gesamte Kraft verlieren, ein dunkles Schicksal, dessen er sich schämt, in sich tragen, von Albträumen geplagt sein oder das Bedürfnis haben, diese Kraft DERART offen zur Schau zu stellen, dass er für eine Gruppe eher ein Klotz am Bein wäre.
WIE man Stärken und Schwächen untereinander ausbalanciert, ist einem selbst überlassen. Nur eines sollte klar sein: Perfekt kann ein Charakter nie sein. Wäre er das, dann wäre er nicht mehr ausgeglichen.