Jeder, der schon einmal in einer Pen-and-Paper-Session gesessen hat, kennt ihn: Ein Charakter, der nur dazu da ist, zu stören, der sein eigenes Spiel spielt und der einzig und allein dazu ausgerichtet ist, zu bremsen, zu nerven und jede Lücke, die in einem System vorhanden ist, auszunutzen.
Mit „Edge“ meine ich hier tatsächlich den Charakter, der genau so hart am Rand dessen, was noch technisch möglich ist, erschaffen wurde, dass man ihn schon fast als „unbalanciert“ oder „illegal“ bezeichnen könnte. Es ist die Sorte Charakter, die beim Wettschießen immer ins Schwarze trifft, stets die perfekten Worte findet, immer alles besser weiß und auch sonst die Frage aufwirft, warum er denn in einer Gruppe ist oder sich mit der aktuellen Geschichte überhaupt befasst.
Wer jetzt sagt, dass das eher nach einem Mr. Perfect klingt, der KÖNNTE Recht haben – aber die Motivation des Edgelords ist eine andere. Als schönes Beispiel für einen Edgelord kann man hier den von Bruce Willis gespielten Hancock nehmen (zumindest am Anfang des Films): Ein Charakter der ALLE Möglichkeiten und Fähigkeiten eines Mr. Perfect in sich vereint, der sich aber seinen Freunden, seinen Gegnern und sogar sich selbst gegenüber wie ein absoluter Drecksack verhält und sein Ego als das Wichtigste betrachtet. Wäre der Film nur um diesen Charakter und seine Verhaltensweisen gegangen, man hätte bestimmt ein paar peinlich-lustige Momente erlebt, dann aber eben ob der Natur, dass er nicht idealistisch, sondern ein einfaches Arschloch ist, schnell weiter geschaut und sich gefragt, warum man den Mist denn nur gerade eingeschaltet hat.
Edgelords unterhalten nur genau einen Menschen und machen auch nur einem einzigen beim Zusehen Spass: Demjenigen, der sie erstellt hat, der sie spielt und verwendet. Für alle anderen sind sie eine Belastung. Da man Bücher und Rollenspiel aber nicht lediglich für sich, sondern insbesondere auch für andere schreibt und MIT anderen ZUSAMMEN spielt/lebt, ist so eine Herangehensweise der beste Weg, sich Feinde zu machen. Ergo: Finger weg.