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Kategorie: Frostfeuer

Kapitel 14 – Mächtiger Bada-Bumm

„Schneller! Los!“ brüllte die Todesritterin den Goblin und ihre beiden Taurenkollegen an, während um sie herum schwarze Nebelschwaden dick aus dem Boden fuhren. Wie aus dem Nichts formten sich winzige, schwarze Blasen, die zu Sha-Abnormitäten wucherten und mit ihren unförmigen Pranken nach allem griffen, was lebte und atmete.
Kweezil ließ sich nicht zweimal bitten, sprang vorwärts und rannte an Xelestra vorbei, hüpfte schnell an den immer größer werdenden Sha-Kreaturen vorbei. Die beiden Paladine jedoch griffen nach ihren Waffen, bereit, sich gegen die Bedrohung zu verteidigen. 
„Sonnenläufer laufen nicht vor der Gefahr davon. Wir sind nicht…“ begann Kared, der sich von der Todesritterin abwandt und seine breite Klinge zum Schlag über den Kopf hob. Zu seiner Überraschung aber zog ihm jemand das Schwert mit aller Kraft zurück und aus der Hand.
Baff wirbelte er herum, starrte in das emotionslose Gesicht der Todesritterin, die seine Klinge an der Schneide gepackt und zu sich gezogen hatte. Deutlich sichtbar schnitt die scharfe Klinge in das Leder ihres Handschuhs ein.
„Ihr werdet laufen. Jetzt.“ Sagte die Todesritterin mit emotionsloser Stimme, ehe sie Kared seine Klinge reichte. „Und keine Widerworte.“
Kared verengte die Augen, fixierte die Todesritterin mit entschlossenem Blick. „Es ist unehrenhaft, vor der Bedrohung davon zu laufen. Wir werden sie aufhalten. Wir…“
Erneut wurde Kared von der Todesritterin unterbrochen, die ihn in einer einzigen, flüssigen Bewegung mit ihrer linken Hand am Arm packte, nach vorne riss und dabei einmal um ihre eigene Achse im Uhrzeigersinn herum wirbelte. Noch in der Drehung zog sie ihre mächtige Axt vom Rücken, führte einen Schwung aus, der den Kopf von Kared nur um Fingersbreite verfehlte, dafür aber eine der Sha-Abnormitäten, die genau auf den Punkt zu stürzte, an dem er noch vor einem Augenblick gestanden hatte, genau in der Mitte halbierte. Kared indes stolperte überrascht und verärgert nach vorn, fing sich aber, starrte zuerst wütend auf die Todesritterin und dann auf ihre Klinge, von der dickes, schwarzes Blut tropfte, während die Sha-Abnormität am Boden ihr dunkles Leben aushauchte. Dann sah er, wie mehr als ein Dutzend weitere dieser Kreaturen mittlerweile hinter ihnen standen und auf sie zu waberten. In einiger Entfernung sah man, wie aus den Dutzenden hunderte und aus den hunderten schließlich viele tausend dieser Sha-Wesen wurden, die bereits über die Tierwelt her fielen und diese verschlangen.
„Ich sagte LAUF!“ brüllte die Todesritterin den Paladin an, dessen Augen sich weiteten. Dann endlich nickte er knapp, hielt sein Schwert jedoch bereit, während er mit großen Schritten dem Goblin hinterher hechtete.
„Das…ist nicht….gut…“ ächzte Kared, der so schnell lief, wie ihn seine Hufe tragen konnten gen Nikariu gerichtet, die ihrerseits ebenfalls schnellen Schrites voran preschte. Nur aus den Augenwinkeln hinter sich sah sie, dass die Todesritterin gute drei, vier Schritt hinter ihnen blieb und im Laufen immer wieder mit geübten Schwüngen ihrer großen Axt die verfolgenden Sha-Abnormitäten auf Distanz hielt.
„Was…hat Garrosh…nur angestellt?“ schnaubte er weiter.
„Meinst…du…er…war….das?“ antwortete Nikariu, ebenfalls schnaufend. Spätestens in diesem Moment bereute sie, dass Kared und sie – anders als die Todesritterin, wie ihr aufgefallen war – eine vollständigte, massive Plattenpanzerung trugen, die dank ihrer Steifheit und ihres nicht unwesentlichen Gewichtes an ihrer Ausdauer zehrten. Auch deswegen hätte sie sich jetzt lieber Reittiere gewünscht, egal, wie auffällig diese auch gewesen wären.
„Natürlich. Wer…denn sonst?“

Kweezil hatte den Vorteil, dass er sich sowohl den Blicken dieser Sha-Kreaturen sehr effektiv zu entziehen wusste, als auch die Tatsache, dass zumindest zwei der drei Tauren im Dauerlauf derart laut vor sich hin schepperten und klapperten, dass sie JEGLICHE Aufmerksamkeit eventueller Feinde auf sich zogen. Letzteres hatte sich allerdings schnell dadurch erledigt, dass Kweezil mit deutlich mehr Tempo voran stürmte und so binnen weniger Minuten einen beachtlichen Vorsprung heraus gelaufen hatte. So war er auch der Erste, der in der Nähe der Höhle ankam und dort die ersten Kämpfer des Goldenen Lotus erspähte, die bereits gegen zahllose Sha kämpften. Nun, zumindest versuchten sie sich zu acht gegen die schier endlose Masse der Sha zu stemmen. 
Kweezil zögerte einen Augenblick, ob er sich jetzt mit in das Kampfgetümmel stürzen oder die Pandaren lieber sich selbst überlassen sollte. Doch noch ehe er sich entschieden hatte, brach einer der Pandaren zusammen, wurde sein Körper binnen weniger Augenblicke von den Sha-Abnormitäten verschlungen und richtiggehend in Fetzen gerissen.
„ZAO! NEIN!“ brüllte eine Pandarin, die sich zu ihrem gefallenen Kameraden umwandte, um ihm noch zu Hilfe zu eilen. Dieser Moment der Unaufmerksamkeit reichte bereits, damit auch sie von den Sha angefallen und zu Boden gerissen werden konnte.
Binnen weniger Augenblicke dezimierte sich die Zahl der Pandaren so von den ursprünglich acht auf nur noch drei, die Rücken an Rücken in der Mitte einer wahren Schar von Sha die Oberhand zu behalten versuchten. Doch trotz aller Bemühungen, der reinigenden Zauber der Priesterin unter den dreien und den entschlossenen Schlägen des großen, massigen Pandaren, brachen auch die drei unter der Macht der Sha zusammen, die sich wie ein riesiger Bienenschwarm über die nun unterlegenen Pandaren her machten.
Kweezil hatte von seinem Versteck aus alles genau beobachtet, schluckte trocken. Zu seinem Glück war er unbemerkt geblieben – auch wenn einer der Pandaren ihn für einen Augenblick direkt angestarrt hatte, ohne noch die Chance zu haben, ein Wort oder auch nur einen Mucks von sich zu geben. Für einen winzig kleinen Augenblick machte er sich innerlich Vorwürfe, warum er den Pandaren nicht zu Hilfe gekommen war. Dann aber siegte wieder sein eigener Überlebensinstinkt und seine für Goblins typische, egoistische Art, die sich mit seiner rationalen Sicht der Situation vermichten und einig wurden: Wenn er denn eingegriffen hätte, dann wären statt acht lediglich neun Tote zu beklagen gewesen. Nein, er war sich sicher, dass er keinen Unterschied gemacht hätte. Jetzt jedoch hatte er noch eine Möglichkeit, etwas zu tun.
Mit diesem Gedanken griff er in seine Tasche, brachte ein Päckchen mit schwarzem Pulver sowie einige Kugeln hervor. Innerlich seufzte er – hatte er dieses Päckchen doch ursprünglich dafür gekauft, um den Goldspeicher von Höllschrei aufzusprengen und sich seinen wohlverdienten Lohn selbst zu nehmen. Dann aber wurde ihm klar, dass er wohl gar kein Gold mehr besitzen würde, wenn er denn hier vom Sha ebenso verschlungen würde wie diese acht Pandaren. Noch ehe er lange überlegen und seiner Gier verfallen konnte hatte er das Paket und die drei Kugeln bereits in Richtung des Sha geworfen.

„Ich…ich….kann…gleich….nicht….mehr….“ ächzte Nikariu, deren Herz ihr mittlerweile bis knapp unters Kinn zu hämmern schien. Auch Kared keuchte heftig, würde das Tempo zweifelsohne nicht mehr lange mitmachen können.
„Wir…sind….fast….da. Nur…noch….die….Ecke….da.“ antwortete er, deutete vor die drei.
Nikariu folgte seinem Fingerzeig, erspähte eine riesige, schwarze Fläche voller Sha. Dutzende, hunderte von kleineren und größeren Schrecken bildeten einen riesigen Schwarm, der wie Heuschrecken nur auf Beute zu warten schien.
Gerade als sie eine Warnung ausrufen und stehen bleiben wollte, sah sie eine Stichflamme aus der Mitte dieses Schwarms senkrecht in den Himmel fahren, gefolgt von einer heftigen Explosion, die ihr gesamtes Gesichtsfeld schlagartig in grelles Weiß hüllte.
„RUNTER!“ brachte sie noch heraus, warf sichmit aller Macht vorwärts in den Dreck, als bereits die Druckwelle über sie hinweg raste. Erde, kleinere und größere Felsbrocken, Teile von Sha-Kreaturen, undefinierbare Rüstungsteile und Körperflüssigkeiten der verschiedensten Farbem spritzten umher, während ein Donnergrollen wie bei fünf Unwettern gleichzeitig durch die Luft schnitt.
Dann Stille. Für einen Augenblick war es Nikariu, als hätte sie die Explosion selbst ebenfalls aus dem Leben gerissen. Doch dann fühlte sie ihren Körper, spürte Bewegung neben sich.
Langsam hob sie ihren Kopf, blickte an ihre linke Seite. Kared lag dort neben ihr, ebenfalls längseits auf den Boden geworfen, legte ihr eine Hand auf den Rücken.
„Bist du in Ordnung?“
Nikariu blickte an sich herunter, bewegte ihre Beine ein wenig und nickte dann schließlich. „Ja, ich…ich glaube schon.“
„Aufstehen! Wir haben keine Zeit für Ruhepausen.“ Schnaubte Xelestra von hinter den beiden.
Verblüfft drehten die beiden Paladine ihre Köpfe in Richtung der Todesritterin, nur um zu sehen, dass diese trotz der Druckwelle stehengeblieben war. Ihre Mähne war durch die extreme Druckwelle noch wilder und zerzauster, als sie ursprünglich gewesen war, Dreck und unzählige Erdklumpen klebten an einer Seite ihrer Rüstung, während etliche gut zwei Meter lange Riefen schön parallel von ihren Hufen aus nach vorn reichten. Davon unbeeindruckt schritt sie auf die beiden noch am Boden liegenden Paladine zu, verstaute ihre Axt und reichte ihre Hände herab, um beiden auf zu helfen.
„Oh, ihr seid das!“ rief eine helle Stimme aus einem Versteck hinter einem größeren Felsen, die sich erst nach einigen verwunderten Blicken der Tauren als Kweezil entpuppte. Der Goblin rieb sich die Ohren, während er auf die Tauren zu kam.
„Ich glaub ich hab etwas zu viel von dem Sprengpulver genommen. Naja, drei Sprengkapseln waren vielleicht doch etwas zu viel.“
„DU warst das?!“ brüllte Kared. „Bist du eigentlich übergeschnappt? Einen Augenblick später und du hättest uns auch zerfetzt!“
Kweezil zuckte mit den Schultern. „Ist doch gut gegangen. Oder wolltest du lieber mit den Sha-Dingern kuscheln und den Pandaren in den Tod folgen?“
„Ich geb dir gleich folgen!“ schnaubte Kared, hob drohend seine mit Schlamm verdreckte Faust.
„Später. Wir müssen weiter. Ehe Höllschrei noch Schlimmeres anstellt.“ Hielt Nikariu ihren Ordensbruder zurück.
Kared schnaubte, blickte dann zu Nikariu hinüber, nickte ihr zu. „Du hast Recht. Wenn er diese Abnormitäten ins Leben rufen kann, dann kann er noch wesentlich Schlimmeres.“
Auch Xelestra nickte, deutete in Richtung der Höhle, deren Eingang in der Ferne bereits erkennbar war. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren stürmte sie wieder vorwärts, nur um wenige Augenblicke später wie angewurzelt stehen zu bleiben. Regungslos starrte sie auf eine Gestalt, die gerade aus der Höhle heraus stapfte.
Kweezil und die beiden Tauren hatten schnell wieder aufgeschlossen, blickten die Todesritterin fragend an. Dann folgten sie ihrem Blick, erspähten ebenfalls die Gestalt, die sich vor dem Höhleneingang breitbeining aufgebaut hatte.
Ein Orc in nahezu gänzlich schwarzer Plattenrüstung. Zwei große Schwerter steckten jeweils links und rechts in filigran gearbeiteten Schwertscheiden, die in einem sanften Blau schimmerten. 
„Khaled.“ Brummte Kweezil leise.
Xelestra nickte nur langsam, während sie ihre Fäuste langsam zu ballen begann.
„Wer?“ fragte Kared.
„Ein anderer Todesritter. Glaube ich.“ Erklärte Nikariu.
„Ihr wartet hier.“ Knurrte Xelestra, ehe sie sich langsam in Bewegung setzte. „Ich habe etwas zu erledigen.“

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Kapitel 13 – Die Schwester des Hexenmeisters

„An’She, große Jägerin. 
Du spendest uns Wärme und vertreibst die Finsternis in allen Ländern und Herzen. 
Dein Licht leitet uns auf unseren Pfaden und schenkt uns das Glück der erfolgreichen Jagd.
Und obgleich deine Jagd auf Mu’Sha nicht enden mag, beginnst du sie mit jedem Tag erneut.
Schenke uns deine Weisheit, deine Ausdauer und deine Beharrlichkeit, dem Dunkel entgegen zu treten.
Denn wir sind die Diener, die der Dunkelheit entgegen treten, tragen das Licht in unseren Herzen und unseren Seelen.
Po owachi An’She, po Nokee.“ Sprach Dezco vor den versammelten Sonnenläufern, die sich auf der Terrasse vor dem Schrein in mehreren Halbkreisen um ihn herum auf den Boden gesetzt hatten und ihre Augen geschlossen hielten, während sie ihre Gesichter gen Himmel und zur Sonne gedreht hielten.
„Owachi An’She, po Nokee.“ Erwiderten die Tauren ihrerseits den Dankesruf ihres Anführers, öffneten dann die Augen und blickten auf Dezco, der ihnen zunickte und schließlich selbst Platz nahm, ein Bündel aus seiner Tasche griff, es vor sich ablegte, öffnete und den Inhalt auf dem nun ausgebreiteten Tuch ausbreitete. Einige Scheiben Brot, ein Klumpen Käse und eine mit einem dunkelroten Saft gefüllte, tonmäßig aussehende Flasche waren die einzigen Dinge, die zum Vorschein kamen.
Auch die anderen Sonnenläufer taten es ihm gleich, packten kleine Bündel aus, die sie vor sich entpackten und Ähnliches auf ihren Tüchern ausbreiteten. Nur wenige hatten zusätzlich noch ein Stück Obst dabei – zumeist Äpfel, Birnen oder einige Trauben. Dann griffen sie zu und begannen ihr gemeinsames Frühstück.
Die Sonnenläufer legten großen Wert auf diese kleinen Rituale, die sie mit An’She, der Sonnengöttin, dem Auge der Erdenmutter, und natürlich ihren Clankollegen verband. Auf diese Weise fühlten sie sich selbst auf Reisen und in fremden Ländern in gewisser Weise heimisch. Bemerkenswert war aber auch, dass während dieser Mahlzeit einzig das gemeinsame Gebet gesprochen wurde und ansonsten relative Ruhe herrschte. Kein Geflüster, keine Unterhaltungen und kein Austausch von Rezepten, Erfahrungen oder Ähnlichem störte dieses stille, bedächtige Ritual.
Xelestra stand deutlich abseits vom Ritual, lehnte an einem der Torbögen, die in den Schrein hinein führten, während sich Kweezil im Inneren am reichlichen Angebot an möglichen Frühstücksleckereien der Pandaren gütlich tat. Sowohl er als auch Nikariu hatten ihr angeboten, beim jeweiligen Frühstück teilzunehmen – auch wenn klar gewesen sein mochte, dass eine gänzlich schwarze Taurin, die zudem als Todesritter das krasse Gegenteil von dem verkörperte, woran die Sonnenläufer glaubten, inmitten von Dutzenden Paladinen mehr als nur ein seltsamer Gast gewesen wäre. Doch das war nicht der Grund, weshalb sie abgelehnt hatte. Schließlich hätte es sie dazu interessieren müssen, was die Paladine über sie dachten – und das tat es nicht im Geringsten. Viel mehr war es noch das letzte verbliebene Quentchen Stolz in ihr, das ihr verbot, trotz der von ihr deutlich gespürten Schwäche, irgendwie für andere sichtbar Nahrung zu sich zu nehmen und dabei ihre noch lebendige Hälfte zu zeigen.
Das sie überhaupt eine lebendige Hälfte besaß, wusste sie erst seit jenem Ereignis vor einigen Jahren, als es der Druidin gelang, die Wunden der Todesritterin mit Hilfe ihrer Heilmagie zu verschließen. Ein Umstand, der bei einem toten Lebewesen nicht hätte passieren dürfen. Dieser Umstand – die Tatsache, dass ihre Wunden tatsächlich heilten, auch wenn jegliche Heilungsmagie ihre eigene Kraft im ersten Moment zu schwächen schien – und die Tatsache, dass sie selbst dann noch nicht vom Angesicht Azeroths verschwunden war, nachdem der Lich-König sie ihrer unheiligen Kräfte beraubt hatte, bewies die Theorie der Druidin nur umso deutlicher.
Die unheiligen Kräfte des Lich-Königs, die entweihenden Energien der Geißel auf der einen Seite, die strenge, beharrliche Lebensenergie eines jeden Lebewesens auf der anderen Seite ihrer Existenz, beide Energien sowohl in Symbiose als auch ständigem Widerspruch zueinander, eingeschlossen in ihrem Körper, beide untrennbarer Teil von ihr, die voneinander zehrten und doch gegenseitig am Leben hielten. Und im Augenblick war es ihre lebendige Hälfte, die sich nach der Energie sehnte, die ihr ihre unheilige Hälfte zur Heilung ihrer Wunden geraubt hatte. Entsprechend spürte sie ein Gefühl, dem „Hunger“ noch am Nächsten kam. Und doch verweigerte sie ihrem Körper diesen Nachschub, auch wenn er noch so sehr danach gierte und die Gerüche, die aus dem Inneren des Schreins an ihre Nüstern drangen, das Verlangen nach Nahrung immer heftiger werden ließen. 
„Hast du Hunger, Schätzchen?“ fragte mit einem Mal eine brummige Stimme hinter ihr. Überrascht, aber dennoch bemerkenswert ruhig wandte sie sich um, blickte in das breite, freundlich drein schauende Gesicht einer alten Pandarendame. Das sie zweifelsohne den Zenit ihres Lebens schon lange hinter sich gelassen hatte, sah man ihr an dem ergrauten Fell und den weißen Strähnen in ihrer Frisur an. Außerdem wirkte sie – selbst für die Maßstäbe eines Pandaren – füllig und auf eine gewisse Weise gutmütig und ihre Augen, auch wenn sie den Glanz der Jugend bereits verloren hatten, wissend und freundlich.
Xelestra hatte sie als jene, die den Besuchern und Reisenden Proviant verkaufte und für das leibliche Wohl der Bewohner verantwortlich war, bereits am frühen Morgen wahrgenommen. Allerdings stand sie nun abseits ihrer Theke und der Kochnische, in der sie noch bis eben das Frühstück zubereitet hatte, hielt ein altertümliches Holztablett vor sich, auf dem ein noch dampfender Laib Brot, ein Krug voll mit Honigminztee und ein großes Stück Braten feinsäuberlich auf einem Gedeck bereitet worden waren.
Die Todesritterin zögerte einen kurzen Augenblick, ehe sie sich abwandt. „Ich benötige kein Essen.“
„Jaja, das sagen sie alle, die jungen Dinger.“ Entgegnete die Pandarin, setzte das Tablett auf einem kleinen Beistelltisch neben dem Eingang ab und gab der Todesritterin einen leichten Knuff in die Seite. Wieder wandte sich Xelestra zu der alten Dame, unterdrückte dabei den natürlichen Reflex, auf eine derartige Berührung einen Fausthieb als Antwort folgen zu lassen und blickte erneut in das entwaffnend freundliche Gesicht der alten Pandaren.
„Ich habe doch das Knurren deines Magens bis hinüber zu meiner Theke gehört. Also keine falsche Scheu.“
Erneut wollte Xelestra etwas entgegnen, doch die Pandarin tätschelte nur sanft die zur Ablehnung nach vorn gehobene Hand der Todesritterin, wandte sich dann um und ging zurück in ihre Kochnische, schnitt so jegliche aufkeimende Diskussion bereits im Entstehen ab und widmete sich wieder ihrem Ofen. Zurück blieb nur das Tablett mit dem so verlockend riechenden Essen darauf.
Beinahe strafend schienen sie der Braten und das Brot anzustarren, danach zu verlangen, dass sie danach griff und sie dem zuführte, wozu sie eigentlich da waren. Und auch mit ihrer lebenden Hälfte rang sie, kämpfte innerlich gegen das Verlangen, einfach zuzugreifen und so den Hunger zum Schweigen zu bringen.
Dann griff sie schließlich mit einer ruckartigen Bewegung nach dem Laib Brot, riss es vom Tablett herunter und biß hinein, ehe sie überhaupt selbst begriff, was sie gerade getan hatte.
Das Brot war in der Tat gerade erst frisch aus dem Ofen gekommen und hätte ihr wahrscheinlich hervorragend geschmeckt, wenn sie denn mehr als nur rudimentäre Geschmacksnerven besessen hätte. So hingegen gab sie sich nur der Gier hin, schlang das Brot mit widernatülichem Appetit herunter, schlang mehr, als dass sie tatsächlick kaute. Binnen weniger Augenblicke war das Brot so vollends verschlungen, woraufhin sie auch nach dem Braten griff und diesen ebenfalls mit einem einzigen, großen Bissen herunter schlang.

Eine gute halbe Stunde war vergangen, seit die Sonnenläufer ihr Morgengebet begonnen und mit dem gemeinsamen Frühstück beendet hatten. Jetzt aber, da das Frühstück beendet war, ergriff erneut Dezco das Wort, erhob sich und schritt näher an Leave a Comment

Kapitel 12 – Die Sonnenläufer

Erneut war Stille im Schrein eingekehrt, nachdem die vorangegangene Stunde von mehr oder minder hektischem Treiben in einer der eigentlich leeren Kammern geprägt gewesen war. Eben jene leere Kammer war nun jedoch alles andere als leer – mit zwei Taurinnen und einem Goblin geradezu überfüllt.
Die Todesritterin lag noch immer auf dem Boden, regungslos auf ihre rechte Seite gerollt, atmete dort langsam und mit jedem Atemzug tiefer und ruhiger, während zwei Augenpaare sie genau im Blick behielten. Jene beiden Augenpaare gehörten zum einen Nikariu, die es sich auf dem Bett gemütlich gemacht hatte und nur mit Mühe gegen ihre eigene Müdigkeit ankämpfte, zum anderen Kweezil, dem dank seiner begrenzten Körpergröße der in Taurengröße bemessene, mit reichlich Stoff und Polstermaterial bezogene Hocker als Bettersatz voll und ganz reichte.
„Schläft sie jetzt?“ fragte Nikariu, ein Gähnen gerade noch unterdrückend.
Kweezil schüttelte den Kopf. „Mir hat sie gesagt, dass sie keinen Schlaf brauchen würde. Aber wenn sie Glück hat, ist sie einfach nur bewusstlos.“
„Wieso wenn sie Glück hat?“
„Weil sie sich dann nicht bewegt, die Schmerzen nicht spürt und die Wunden heilen können, bis sie aufwacht.“
Das ausgesprochen streckte sich der Goblin und stand von seinem Lager auf, um die achtlos weggeworfene Klinge, die noch immer in einer mittlerweile leicht angetrockneten Blutlache lag, näher zu begutachten.
Er schluckte einige Male trocken, während seine Augen über die filigran und rasiermesserscharf geschliffenen Flächen der mehrfach geschwungenen Klinge wanderten, unzählige, winzige Widerhaken in jeder Senke erspähte und schließlich den sauber getrennten Übergang, der einmal in das Klingenheft geführt hatte und um den noch die Reste seines mit einigen oberflächlichen Schnitten übersäten Lederhandschuhs bedeckte. Eine grausame Klinge – und doch war es nicht die Gefährlichkeit dieser Klinge, die ihn so trocken schlucken ließ. Viel mehr war es die Tatsache, dass er genau diese Art und Form der Klingen kannte. Oft hatte er Händler in der Kluft der Schatten gesehen, die diese hinter dem Rücken der Wachen und in noch viel tieferen Schatten, als man sie in der Kluft eh schon hatte, handelten – wenngleich keiner eine Klinge diesen Ausmaßes jemals vorgezeigt hatte. Denn auch wenn das Heft und somit ein gutes Stück fehlten, so war die Klinge allein länger als sein kompletter Arm.
„Ein Wunder, dass sie dieses Ding überlebt hat.“ Murmelte Kweezil, als er die Klinge vorsichtig anhob und vor seinem Gesicht hin und her drehte. Erneut schluckte er trocken, sah er doch, dass die Klinge trotz ihrer Breite und Länge ungewöhnlich schlank geschmiedet worden war.
„Das Ding hätte sie, wenn es noch viel länger in ihr drin geblieben wäre, sie von innen nach außen aufgeschlitzt. Oder schlimmer.“
„Wer macht sowas? Sowas…grausames…“ flüsterte Nikariu, die ihrerseits ihr Gesicht verzog und dann sorgenvoll auf die Todesritterin hinab blickte.
„Jemand, der sichergehen möchte, dass ein unbequemer Störfaktor möglichst qualvoll das Zeitliche segnet. Ein Sadist. Oder jemand ohne jegliches Ehrgefühl. Oder alles zusammen.“
Nikariu hob ihren Kopf von dem Kissen und blickte nun mit fragendem Blick zu Kweezil hinüber. „Und du meinst dieser andere Todesritter hat ihr das angetan, weil er sie nicht leiden kann?“
„Dieser Khaled? Nein – der ist nur ein Befehlsempfänger, wenn du mich fragst.“ Wiegelte Kweezil ab. „Das kam direkt von Nazgrim – mit dem Segen von Höllschrei, wenn du mich fragst. Der wollte Xelestra schon loswerden, als sie von Orgrimmar aus los ist. Allerdings hat sie sich recht erfolgreich bis hierher und zu dir durchschlagen können.“
„Zu mir?!“ fragte sie mit einem Mal überrascht, setzte sich nun vollends auf und blickte den Goblin direkt und mit völlig fassungslosem Blick an. „Was habe ich mit ihr zu tun?“
Für einen kurzen Augenblick zögerte Kweezil, biß sich selbst auf die Zunge, als er merkte, dass diese Paladina die Todesritterin offenbar wirklich nicht kannte. Vielleicht sollte er es für den Moment dabei belassen. „Tut doch nichts zur Sache. Wichtig ist: Warum bist DU hier? Mir ist neu, dass die Sonnenläufer derart verzweifelt sind, dass sie bereits Jünglinge an die Front schicken.“
„Ich bin kein Jüngling mehr! Ich bin…“ schnaubte Nikariu wesentlich lauter, als sie eigentlich beabsichtigt hatte. Dann, kleinlaut, fügte sie hinzu. „Ich bin mit meiner Ausbildung nahezu fertig. Und als Dezco und die anderen aufbrachen, bin ich mit ihnen gereist, um mich zu bewisen.“
„Mitten zwischen die Fronten von Höllschrei und der Allianz. In einem fremden Land. Denk doch mal an deine Familie, Kleines. Die machen sich…“
„Ich habe keine Familie mehr.“ Unterbrach die junge Taurin den Goblin. „Die Grimmtotem haben sie mir genommen, als Cairne sein Leben verloren hatte und wir alle trauerten. Ich habe nur noch den Orden und meine Freunde. Und die sind alle hier.“

Xelestra war weit davon entfernt, zu schlafen, ihr Bewusstsein verloren zu haben oder Ähnliches. Im Gegenteil war sie, von dem brennenden Schmerz in ihrer Brust ermahnt, hellwach. Allerdings hielt sie ihre Augen geschlossen, konzentrierte sich auf ihre Wunden in der Brust und lauschte, was um sie herum geschah, während die unheiligen Kräfte, die ein untrennbarer Teil ihrer Existenz waren, die Wunden ihres sterblichen Körpers zu heilen begannen. Doch gleichzeitig folgte sie der Unterhaltung der beiden, die sich über mehr als eine Stunde hinweg zog. 
Dreimal biß sie sich dabei selbst auf die Lippen, wäre den beiden ins Wort gefallen. Zunächst, als es um ihre Identität und die Beweggründe ging, warum sie den weiten Weg von Nordend bis hierher, in dieses südliche Land, auf sich genommen hatte. Der Goblin jedoch hatte gute rhetorische Arbeit geleistet, Nikariu den Ball wieder zugespielt, die ihrerseits von sich erzählte – und vom Tod ihrer Eltern sprach. Das war das zweite Mal, bei dem Xelestra sich selbst auf die Lippen biß. Doch die dritte Situation war schmerzlicher, traf sie mitten in ihr Herz.
Cairne war tot. Und die Worte der kleinen Taurin klangen gerade so, als wäre er nicht aufgrund seines hohen Alters ums Leben gekommen. Überdeutlich spürte die Todesritterin bei diesem Gedanken einen Stich im Herzen – ganz so, als ruhte die Klinge noch immer in ihrem Inneren. Erinnerungen, die sie stets verdrängte, wurden in ihr wach, drängten nach vorn in ihr Bewusstsein. Erinnerungen an die Zeit, in der sie nicht als jene Todesritterin auf Azeroth wandelte, sondern noch als Anwärterin der Wache von Donnerfels, als vielversprechende Kriegerin und tapfere Verteidigerin der Tauren. An den Tag, an dem sie von Cairne vereidigt und zur offiziellen Stadtwache ernannt werden sollte.
Der Tag, an dem sie dem alten Bullen ihre Abscheu vor dem Rest der Horde – und insbesondere der Orcs, die sich für die Herren über alle Stämme sahen – offen aussprach, ihrem Häuptling den Schwur verweigerte, da sie mit diesen Worten auch den ihr so verhassten Orcs die Treue geschworen hätte.
Der Tag, an dem sie von Magatha angesprochen und von den Grimmtotem aufgenommen wurde, um Kalimdor wieder zu einem Kontinent zu machen, der von den Stärksten und Mächtigsten der Tauren als führendem Volk beherrscht wurde. Der Tag, an dem sich die Pfade ihres Schicksals auf die Richtung hin lenkten, die zu dem Punkt führte, an dem sie heute stand.
Cairne. In ihrem tiefsten Innern hatte sie stets die Hoffnung verborgen, diesen Fehler, diese Fehlentscheidung, diesen Schritt in die falsche Richtung, die Wahl dieses fatalen Pfades vor ihm und unter seinen gütigen, braunen Augen einzuräumen und ihn für ihre Engstirnigkeit um Verständnis zu bitten. Doch nun, mit diesen einfachen Worten, mit diesem einfachen Satz der jungen Paladina, war diese Hoffnung, die so tief im Inneren von Xelestra auf den Moment, da sie eines Tages wieder Huf in ihr geliebtes Mulgore setzen können würde, vergraben gelegen hatte, mit einem Schlag verpufft, hinterließ eine schmerzende Leere in ihrem Inneren.
Eine Träne kroch aus ihren zugekniffenen Augen, lief, von den beiden zum Glück unbemerkt, über ihr Gesicht und zu Boden, während sie weiterhin der Unterhaltung der beiden lauschte. Nur zu gern hätte sie gehört, wie und was alles geschehen war, hörte stattdessen aber nur noch, wie Nikariu über ihre Ausbildung sprach und sich die beiden dann, einige Minuten später, doch dazu entschieden, einige Stunden Schlaf zu genießen.

Ungeduldig schritt Nazgrim vor seinen Wachen am Fuße der Treppen des Schreins auf und ab, blickte bei jedem Schritt einen anderen der vier knurrend an. Die Sonne war bereits wieder aufgegangen, verhieß einen neuen Tag. Einen Tag, an dem nicht nur die Todesritterin ihr Ende finden und die Allianz hoffentlich ablenken sollte, sondern auch der Schatz, den Höllschrei höchst selbst bei der Bergung überwachte, dem Boden dieses verdammten Tals entrissen werden. Immer wieder kamen einzelne Wachen zurück, hoben die Schultern und Arme, schüttelten ihre Köpfe. Von der Todesritterin fehlte offenbar jede Spur. Niemand hatte sie gesehen, keiner wusste, wo sie denn stecken mochte.
„Wenn eure Klinge sie bereits in der Nacht getötet hat, Khaled, wird Höllschrei höchst ungehalten sein!“ knurte der General den Todesritter an, der in einigem Abstand im Schatten stand und sich, anders als die Wache, überhaupt nicht rührte.
„Die Klinge wird sie sehr geschwächt haben. Es ist wahrscheinlich, dass sie sich ausruht. Aber sie tötet nicht alleinig.“ Antwortete er mit völlig emotionsloser Stimme.
„Das will ich für euch hoffen.“ Knurrte Nazgrim erneut, bellte dann die vier Wachen vor ihm an. „Los! Geht und holt die kleine Paladinkuh aus ihrer Kammer!“

Lautes Poltern riss sowohl Nikariu als auch Kweezil aus dem Schlaf, als metallene Panzerhandschuhe so heftig an die Tür der Nebenkammer hämmerten, dass diese fast aus den Angeln flog.
„Da sucht mich scheinbar jemand. Warte ich…“
„Halt! Beweg dich nicht!“ unterbrach Kweezil, der schlagartig hellwach und geistesgegenwärtig vor die Paladina sprang und sie daran hinderte, die Tür der Kammer zu öffnen, in der die drei die Nacht verbracht hatten.
„Wieso? Ich muss doch wenigstens nachsehen, wer das…“
„Das sind die Leute von Nazgrim. Sie wollen dich rausholen und zur Allianz schicken.“ Erklärte Kweezil schnell.
„Aber wieso? Ich habe mit denen…“
„Weil ich nicht aufgetaucht bin.“ Unterbrach Xelestra die beiden, deren Blicke schlagartig voneinander rüber zu der Todesritterin wanderten. Die war gerade dabei, sich zu erheben, zog das blutverschmierte Tuch von ihrer Brust und ließ es auf den Schemel fallen. Mit gewisser Beruhigung sah Kweezil, dass sein Schnitt nahezu vollständig verschwunden war und auch die dicke Verfärbung, die auf eine innere Blutung hindeutete, nun fehlte. Dennoch fiel ihm auf, dass sich die Todesritterin noch etwas ungelenk zu bewegen schien, während sie nach ihrer Rüstung griff und sich daran machte, diese wieder über zu ziehen.
„Was soll das werden, wenn man fragen darf?“ hakte die junge Paladina nach.
Xelestra hielt nicht inne, hatte ihre Aufmerksamkeit lediglich ihrer Rüstung gewidmet, die sie nun überzog und mit einigen geübt wirkenden Handgriffen zurecht zog. „Ich werde zu Nazgrim gehen und seinem Befehl Folge leisten.“
„Du unterstehst dich! Du bist immer noch verletzt!“ schnaubte Nikariu, wandte sich von der Tür ab und trat vor die Todesritterin, baute sich vor ihr mit vor der Brust verschränkten Armen auf. Das sie selbst nur mit einem Nachthemd bekleidet war und Xelestra gerade einmal bis knapp über die Brust reichte, ließ die sonst durchaus beeindruckend wirkende Pose allerdings ein wenig an Wirkungskraft verlieren.
Draußen hämmerten die Fäuste indes weiterhin gegen die Tür, wurde an Türgriff gezogen und versucht, die Tür aufzubrechen. Von diesen Geräuschen getrieben zog Xelestra die Verschlüsse ihrer Rüstung zu verriegeln. „Wenn ich nicht gehe, werden sie dich schicken. Also geh beiseite.“
„Nein, das werde ich nicht. Du wirst…“
„WAS GEHT HIER VOR?!“ brüllte eine energisch klingende Stimme draußen durch den Schrein. Nikariu schmunzelte – diese Stimme kannte sie nur zu gut.

Die beiden Orcs zuckten zusammen, als eine massige Gestalt auf sie zu stürmte und sich gute zwei Meter vor ihnen aufbaute. Ein hoch gewachsener Taure mit breiten Hörnern, deren Spitzen mit kunstvollen, goldenen Kronen versehen waren, baute sich vor den in dunkle Rüstungen gehüllten Orcs auf, verschränkte die Arme.
„Was treibt ihr hier im Schrein?!“ grummelte er, von dem Krach der Orcs sichtlich verärgert.
„Auf Befehl von General Nazgrim ist die Paladina Nikariu Dornhuf aus ihrer Kammer zum Appell zu bringen, damit sie weitere Befehle….“
„Die Paladina Dornhuf gehört zum Orden der Sonnenläufer und untersteht MEINER Befehlsgewalt. Wenn es Aufgaben für sie gibt, dann wird sie diese von MIR erhalten – und nicht von eurem ‚General‘.“ Unterbrach Dezco die hektisch und knurrig sprechenden Wachen, ohne dabei selbst auch nur den Hauch von Zorn zu zeigen.
„General Nazgrim besitzt volle Kommandogewalt über alle Truppen der Horde in Pandaria. Seine Befehle sind der Wille unseres Kriegshäuptlings Garrosh Höllsch…“
„Unser Kriegshäuptling kann mir gestohlen bleiben. Dieser Ort ist ein Platz des Friedens und untersteht MEINER Befehlsgewalt. Und jetzt verschwindet hier, ehe ihr eurem General einen ‚Vorfall‘ melden müsst.“
Laut grummelnd machten die Wachen Kehrt, ließen von der Tür ab und trotteten in Richtung Ausgang.
„Das wird noch ein Nachspiel haben, Sonnenläufer. Höllschrei wird von eurer Insubordination erfahren!“
„Ich freue mich schon darauf.“ Entgegnete Dezco nur, der nun ein zufriedenes Grinsen auflegte und sich der stark mit Mitleidenschaft genommenen Tür zuwandte, noch einen Blick in Richtung Ausgang warf, sicher ging, dass keine der Orcwachen mehr an Ort und Stelle war und dann seinerseits leise klopfte.
Zu seiner Überraschung öffnete sich die Nebentüre, aus der Nikariu sogleich ihren Kopf steckte und Dezco in die freundlichen Augen blickte.
„Nanu? Was treibst du in Aronds Kammer? Davon das ihr zusammen….“
„Was? Unsinn, nein!“ wiegelte Nikariu sofort ab. „Aber danke für die Hilfe. Diese Orcs – ich weiß nicht, was sie…“
„Ich habe nur getan, was ich für jeden meiner Schützlinge tun würde.“ Erklärte Dezco mit einem freundlichen, entwaffnenden Lächeln. „Und wenn ich Höllschrei dabei ein wenig in die Suppe spucken kann, dann ist es umso besser.“
„Trotzdem – danke.“
„Keine Ursache, Kleines. Doch mach dich fertig – die Sonnenmesse ist in einer Stunde. Und es gibt Dinge, die besprochen werden müssen.“

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Kapitel 11 – Unorthodoxe Heilung

Mittlerweile war die Nacht über den Schrein eingebrochen und die namensgebenden zwei Monde spendeten ein kühles, weißliches, schwaches Licht. Der Außenbereich hatte sich geleert, während auch innen das geschäftige Treiben langsam in ein gemeinschaftliches Gemurmel überging, begleitet von dem einen oder anderen Schnarcher. Nur wenige Wachen, zumeist Sonnenläufer, die sich freiwillig gemeldet hatten, standen noch am unteren Treppenabsatz Wache, behielten das Geschehen im Tal im Auge. Doch auch wenn sich in den vergangenen Wochen immer mehr Goblins und Orcs an den Ländereien zu Schaffen machten, die einst saftig-goldenen Wiesen mit Schaufel und Hacke durchgruben und ein wahres Chaos in der Natur anrichteten, so waren sie doch zumindest recht ereignislos – von dem Sha, das inmitten des vorher friedlichen Gebietes einmal abgesehen.
Entsprechend auffällig war es, als die Todesritterin taumelnd aus dem Eingang stürzte, vorwärts strauchelte und sich mit einer Hand auf dem Geländer abstützte, während sie ihre andere Hand mit aller Kraft gegen ihre Brust drückte, röchelte und sichtlich um Atem rang. Aus ihren Nüstern und ihren Mundwinkeln drang Blut, das mit jedem Atemzug noch etwas stärker zu laufen schien. Ihre Augen glänzten im fahlen Licht der beiden Monde, wirkten, als tränten sie, würde die Todesritterin weinen. Dann warf sie ihren Oberkörper nach vorn, geschüttelt von einem heftigen Hustenanfall, der weiteres Blut im hohen Bogen aus ihrem Mund schleuderte und sie fast von den Beinen riss.
‚Nicht bewegen‘ dachte sie, fühlte, wie die Schmerzen in ihrer Brust schwächer wurden, als sie für einen Augenblick den Atem anhielt und sich nicht bewegte. Doch bereits beim nächsten Atemzug flammten sie erneut auf, brannte es in ihrer Brust, als würde sie bei lebendigem Leib aufgeschlitzt. Doch noch schlimmer war die Tatsache, dass es immer schwerer für sie wurde, überhaupt zu atmen. Es war keine Stunde vergangen seit Khaled ihr die Klinge in die Brust gebohrt hatte….wie mochte das nur bis zum Sonnenaufgang werden? Sie biß auf die Zähne, presste ihre linke Hand noch kräftiger gegen ihre Brustplatte, versuchte, sich die Panzerung vom Leib zu ziehen. Doch die Verschlüsse und die Schlösser hielten eisern fest, pressten ihre Brust im Gegenteil noch fester zusammen.
„Todesritterin! Ein Glück, dass ich dich gefunden habe. Was…“ begann Kweezil, der hinter Xelestra die Stufen herunter gestürmt und in die Richtung gerannt war, die sie am Wahrscheinlichsten gewählt hatte. A Leave a Comment

Kapitel 10 – Verrat

Erneut näherte sich die Sonnenscheibe bedrohlich nahe dem Horizont von Azeroth, hüllte den Himmel in ein Farbspiel zwischen Dunkelblau und kräftigem Rot. Und obwohl die Strecke vom südlichsten Zipfel des Tals der vier Winde zum Tal der Blüten hin wahrlich keine kurze war, der massige Körper des Mantis und seine entsprechend gewaltigen Flügel mit der Extralast der Todesritterin und des Schurken sichtliche Mühe hatten, kam ihr Ziel mit jedem Flügelschlag näher.
Unter ihnen breitete sich die goldenen Wiesen und saftig-gelblichen Bäume des Tals der Blüten aus, strahlten auch aus dieser Höhe eine sehr eigene, aber durchweg bezaubernde Schönheit aus, die nur von den zahllosen Löchern, Gräben und frischen Baumstümpfen, die das Tal durchzogen, als wären wildgewordene Maulwürfe eingefallen. Allerdings, und das fiel ausgerechnet Kweezil sofort auf, waren diese Maulwürfe ziemlich genau von seiner Statur und gingen mit hochmodernem, technischen Gerät zur Sache.
„Wonach buddeln die denn da unten?“ fragte er sich, sprach diese Frage allerdings so laut aus, dass man es trotz der Windgeräusche und dem hochfrequenten Flattern der Flügel des Mantis verstehen konnte. Und dieser ließ es sich auch nicht nehmen, Kweezil zu antworten.
„Sie sind auf der Suche nach dem Meister.“ Schwärmte der Mantis nahezu schwärmend und mit ungewöhnlich ruhiger, freundlicher Stimme. Deutlich merkte man ihm die Begeisterung an, die er bei dem bloßen Gedanken an diesen ‚Meister‘ empfinden musste.
„Und den findet ihr im Dreck unter dem Gras?“ meinte Kweezil irritiert. „Oder sind die Erze dort euer Meister? Ein vergrabener Schatz vielleicht? Eine Truhe mit…“
„NEIN!“ fuhr der Mantis dazwischen. „Der große Meister aus einer fernen Vergangenheit. Mächtiges Wesen, dem alle Mantis dienen werden. Er wird uns zum Sieg führen. Die Welt wird wieder uns gehören!“
„Er ist einmal gescheitert. Er wird wieder scheitern.“ Kommentierte Xelestra, den Blick nicht vom Boden und der näheren Umgebung nehmend. Zwar war es einige Jahre her, seit sie ihre Schwester das letzte Mal gesehen hatte, jedoch war sie sich absolut sicher, diese zu erkennen, wenn sie diese erspähen sollte. Entsprechend genau behielt sie das Tal genau im Auge, wenngleich es noch ein gutes Stück bis zum Schrein war.
„Das letzte Mal kämpften die großen Wesen. Sie besiegten den Meister, sperrten ihn ein.“
„Die Titanen.“ Erklärte Xelestra so beiläufig, dass Kweezil nur fragend starren konnte.
„Archivum. Ehe du fragst.“ Fügte sie hinzu, diesmal allerdings nur so leise, dass lediglich Kweezil es mitbekam. Entsprechend plapperte der Mantis weiterhin schwärmend weiter.
„Ja. Aber sie sind fern und der Meister ist stark. Er wird uns Mantis führen, uns einen und wir werden mit seinem Segen erst Pandaria von den fetten Pandaren zurückerobern und schließlich ganz Azeroth unterjochen.“
Mit diesen Worten ging ein Ruck durch den Mantis, wurde sein Flügelschlag heftiger und er beschleunigte den Flug schlagartig, deutete mit einem seiner Arme nach vorn.
„Dort. Ein Atem des Meisters. Preiset den großen Propheten und seine Macht!“ stieß der Mantis mit frenetischem Jubel aus, während er vorwärts schnellte.
Kweezil und Xelestra starrten beide in die Ferne, erblickten ein riesiges, unförmiges und gänzlich schwarzes Monster, das scheinbar aus dem Boden gewachsen war und mit messerscharfen Pranken um sich schlug, während vom Boden aus unzählige kleine Gestalten auf das Ungetüm einschlugen. Zur Beruhigung der beiden Mitreisenden flog der Mantis derart schnell, verlor an Höhe und blieb nun auf Augenhöhe mit dem Monstrum, so dass sie diese kleinen Gestalten sehr schnell Form annahmen und erkennbar wurden.
Einige Orcs, wenige Blutelfen, dafür zahllose Tauren, denen eines gemein war: Sie alle trugen goldene Schultern und rote Umhänge, stemmten sich von allen am Stärksten gegen das Monstrum, während vor allem die Orcs eher im Hintergrund blieben und scheinbar abwarteten, was als Nächstes geschah.
Sonnenläufer. Von ihnen hatte Xelestra nur wenig gehört und noch weniger gelesen. Angeblich waren sie ein uralter Orden innerhalb der Gesellschaft der Tauren, die in den letzten Jahrzehnten in Vergessenheit geraten waren. Gold und Rot waren ihre Farben – und nicht viele Tauren wählten diese für die Erdenmutter eher untypische Farbkombination. Eine derart große Zahl in gleichartigen Gewändern…
Xelestras Gedanken stockten, als sie einen genaueren Blick auf das Schlachtfeld knapp vor und unter ihnen erhaschen konnte. Dort, inmitten der ganzen Tauren und an vorderster Front, stand eine junge, vielleicht vierzehnjährige Taurin, schwang ein für ihre Körpergröße beachtliches Zweihandschwert gegen die Bestie und zog damit ihre Aufmerksamkeit auf sich. Dann, für einen kurzen Augenblick, in dem das Monster ausholte und zum Schlag ansetzte, die Taurin beiseite sprang und sich um Matsch flink abrollte und nach oben in Richtung des nächsten Angriffs schaute, trafen sich die Blicke der Todesritterin und der jungen Taurin. Überdeutlich erkannte sie die kastanienbraunen Augen, deren leichter, goldener Schimmer sowohl ihren Namen, als auch ihre spätere Berufung vorweg genommen hatte.
Nikariu – Taur-ahe für „die Strahlende“, da sie bereits bei ihrer Geburt von einer besonderen Aura umgeben war.
Ihre Schwester.
„Dort!“ rief Xelestra und erhob sich auf dem Rücken des Mantis, deutete nach unten. Dann griff sie ihre Axt, schob sich an Kweezil vorbei, stieß sich mit aller Kraft zu einem Sprung in Richtung des Monstrums ab, bereit, ihre Axt in den Leib zu rammen und dem Monstrum ein schnelles Ende zu machen. Doch mitten in der Bewegung endete ihr Sturz nach unten, schwebte sie stattdessen kopfüber in der Luft. Wütend starrte sie an sich herab, erblickte eine der Hände des Mantis, die um ihr rechtes Bein geschlossen war und sie kopfüber in der Luft festhielt.
„Nein! Du wirst dem Propheten nichts tun!“ schnaubte er klickernd, den Griff um ihr Bein festigend.
„Lass los!“ brüllte Xelestra ihrerseits, zog ihr rechtes Bein an und rammte die dornbesetzten Eisen mit aller Kraft gegen den Kopf des Mantis, riss tiefe Wunden in das weiche Fleisch rings um die Facettenaugen. Doch statt den Griff zu lockern, packte er nur noch stärker zu, presste so heftig, dass sich das Metall knapp oberhalb ihres Hufes zu verformen begann und gegen ihr Bein gepresst wurde.
„Ihr Weichhäute werdet vor dem Meister fallen wie Ären im Wi…“
Mitten im Satz brach der Mantis ab, fiel sein Kiefer kraftlos nach unten und löste sich der Griff um Xelestras Bein, woraufhin sie schließlich und endlich nach unten stürzte. Erst auf den zweiten Blick sah sie oben, auf dem Rücken des Mantis, wie Kweezil die Hand um den Griff des Dolches gelegt hatte, der noch immer im Nacken des Ungetüms gesteckt hatte, diesen offensichtlich mit aller Kraft hinein gerammt und dem Monster somit den Todesstoß verpasst hatte. Und sie sah, wie die Flügel des Mantis wild und unkoordiniert herumflatterten, der Riese zu trudeln begann und dann ebenfalls in Richtung Boden stürzte. Doch statt den Absturz zu beobachten wandte sie sich lieber um, schwang ihre Axt und stieß vorwärts in Richtung der riesigen, schwarzen Abnormität.
Ein heftiger Schlag ging durch ihre Axt, als die Klinge auf die schwarze, waberige Masse traf und tief eindrang, darunter ein lilanes Fleisch zum Vorschein brachte, das von schwarzem Blut durchströmt würde. Den Ruck so gut sie konnte abfangend wirbelte Xelestra einmal um ihre Achse, rammte dann die Eisen ihrer beiden Hufe in die Flanke des Monstrums und zog an ihrer Axt, um diese ein Stück weiter unten erneut in das Monstrum zu rammen.
Ein wütendes, markerschütterndes Brüllen durchfuhr ihren Körper, ließ ihr Fell am ganzen Körper die Haare sträuben, als die Klinge ein zweites Mal tief in das Fleisch schnitt, dieses Mal das erwischte, was wohl der Bauch des schwarzen Ungetüms war. Erneut schwang sich Xelestra am Griff ihrer Axt, vollführte eine weitere Drehung und sah nur noch aus den Augenwinkeln, wie eine riesige, schwarze Pranke auf sie zu raste, um ihr den Kopf abzureißen. Instinktiv riss sie ihren Leave a Comment

Kapitel 9 – Ungewöhnlicher Zweikampf

„Was? Was soll das heißen wir werden angegriffen?!“ zischte Val’dis die Mantis an, die mit lautem Gezeter auf ihn zu stürmten. 
Er war wütend. Wütend über seine Kollegen, die nach dem Vorstoß durch den Schlangenrücken plötzlich und sehr schnell wieder zum Schwarm zurück geflogen waren. Wütend über die Tatsache, dass der Koloss, dank dem sie überhaupt erst den Schlangenrücken durchstoßen hatten, nun tot inmitten der Bresche lag, die er selbst geschaffen hatte und nun höchstpersönlich versperrte. Wütend über die Inkompetenz der Mantiskrieger, die ihm überlassen worden waren und von diesen erbärmlich ausgerüsteten Pandaren in Schach gehalten wurden, ohne dabei auch nur ansatzweise Boden gut machen zu können. Und jetzt, so meldeten die vier, die auf ihn zu gestürmt waren, drohten angeblich noch Angreifer von Süden aus.
Feiglinge. Schwächlinge. Val’dis kannte noch wesentlich mehr und passendere Vokabeln in Mantid. Keine davon war nett, keine war freundlich und alle waren sie für ihn im Moment zu schwach, als dass er sie hätte benutzen wollen.
„Wieso habt ihr nicht gekämpft?“ schnaubte er verärgert.
„Haben wir. Von uns zehn sind nur wir vier übrig.“
„Wie viele sind es? Welchen Weg nehmen sie?“
„Der eine ist sehr groß und hat alleine vier von uns erledigt. Der andere ist winzig, aber gefährlich. Hat Krax nicht einmal berührt, um ihn zu töten.“
Val’dis starrte die vier baff an. „Wir haben sechs unserer Krieger gegen ZWEI verloren? Was für Schwächlinge seid ihr?!“
„Wir….sie waren zu stark für uns. Sie…“
„…sind hinter euch.“ Schnitt eine fremde Stimme den Mantis ab. Erschrocken wirbelten sie herum, erspähten dann mit einem Mal die Todesritterin, die mit kaltem Blick in die entsetzten Gesichter der Mantis blickte, die nicht wussten, wie ihnen geschah, als ein leises Surren durch die Luft schnitt und zwei der Krieger traf, ihre Leiber in der Mitte teilte und sie so schnell erledigte, dass sie gar nicht mitbekamen, wie sie von der Todesritterin in nur einem Streich ins Jenseits geschickt wurden.
Vom plötzlichen Tod ihrer Kameraden noch immer baff sprang Kweezil aus dem Schatten der Todesritterin auf einen der beiden Überlebenden, rammte seine Dolche knapp unterhalb des Halses in den Körper des ersten, zog diese blitzartig auseinander, wirbelte auf den zweiten und ließ die noch immer vom Blut seines Kameraden tropfenden Dolche in dessen Kopf gleiten, als wäre es nur ein Stück warme Butter.
Val’dis brüllte laut auf, griff zu seiner Waffe und stürmte seinerseits zuerst auf die Todesritterin zu. „Nutzlose Drohnen! Alles muss man selber machen!“
Mit diesen Worten donnerte er seine übergroße Hellebarde mit aller Macht und überraschend hoher Geschwindigkeit auf die Todesritterin hinab. Xelestra sah den Angriff kommen, schien einen Moment abzuwägen, ob sie den Angriff parieren, aufhalten oder ihm besser ausweichen sollte, entschied sich dann für Letzteres und machte schnell einen Schritt zur Seite, sah noch in der Bewegung, wie die Waffe wesentlich schneller auf sie zu donnerte, als sie vom Körper des mehr als fünf Meter hohen Mantis erwartet hätte. Schnell hob sie ihren linken Arm schützend vor sich, spürte den Luftzug der mächtigen Hellebarde und wie die Klinge auf das Metall ihrer Armschiene traf, daran entlang glitt und genau dort auf dem Boden aufschlug, wo sie vor nicht einmal einem Augenaufschlag noch gestanden hatte. Splitter von Gestein und Dreck spritzten umher, als die Klinge den leicht felsigen Boden durchschnitt und ebenso ruckartig wieder nach oben schnellte, wie sie zu Boden gegangen war, während Xelestra ihre Axt hob und ihrerseits zum Schlag ausholte. Val’dis aber war auf diesen Angriff gefasst. Er hatte Jahrhunderte lang Rekruten ausgebildet, unzählige Kämpfe mit den Feinden der Mantis ausgetragen, kannte Kampftaktiken nur zu gut. Nur weil diese übergroße Weichhaut mit den Rekruten so kurzen Prozess gemacht hatte, hieß es noch lange nicht, dass er es ihr genau so leicht machte.
Gerade als Xelestra zuschlagen wollte, traf sie eine Faust direkt am Kinn, warf sie aus der Balance, schleuderte sie rückwärts durch die Luft. Noch während des Sturzes fing sie sich aber, machte eine Rolle rückwärts, kam wieder auf die Hufe und grub diese tief in den Boden. Ihre mit Stollen und Krallen besetzten Eisen zogen lange Riefen in den vorher glatten Boden, brachten sie im Handumdrehen wieder zum Stehen, während sie sich vor beugte, die linke Hand auf dem Boden und die rechte ihre Waffe fest umschlossen haltend. Dann richtete sie sich wieder auf, strich mit der Hand über ihr Kinn. Mehr Zeit sich wieder zu sammeln blieb ihr nicht, denn der Mantis stürmte bereits wieder auf sie zu, seine Hellebarde mit einem kräftigen Schwung auf sie zu rammend. Doch diesmal war sie auf den Angriff gefasst, schwang ihrerseits ihre mächtige Axt.
Die Klingen trafen sich mit lautem Donnern in der Luft, schlugen Funken und schickten ein Rucken durch die Arme der Todesritterin und die des Mantis, der ungläubig auf die für ihn wesentlich kleinere Taurin hinab starrte.
„Umöglich!“ brüllte er wütend.
„Ungewöhnlich.“ Entgegnete die Todesritterin ihrerseits, zog ihre Axt mit einem Ruck zurück, wirbelte herum, wich dabei dem Schlag der Hellebarde aus und schlug ihrerseits mit ihrer Axt zu, traf den Chininpanzer des Mantis. Doch statt wie bei den kleineren vor ihm einfach das Fleisch zu durchschneiden, schlug sie nur eine tiefe Kerbe in den Panzer. Ein böses Grinsen legte sich auf das Gesicht von Val’dis.
„Jetzt bin ich dra….“ Begann er, riss dann mit einem Mal den Kopf nach oben, als er einen brennenden Schmerz im Nacken spürte.
„Schön ruhig großer.“ Sagte Kweezil mit leiser, ruhiger Stimme vom Rücken des übergroßen Mantis, den Griff seines Dolches mit der rechten Hand haltend, der tief im Nacken des Riesen steckte. Geschickt hatte er die rasiermesserscharfe Klinge zwischen den einzelnen Segmenten des Panzers hindurch in das darunterliegende Fleisch gestoßen.
„Zwei Zentimeter. Dann bist du tot. Also benimm dich.“ Flüsterte der Goblin dem Mantis dorthin, wo er die Ohren vermutete. Und der Mantis schien tatsächlich zu gehorchen, ließ seine massive Waffe sinken.
„Brav so.“
Xelestra blickte den Mantis, der seine Waffe wegstellte, noch einige Augenblicke unsicher an, ehe sie auch ihre Waffe wegsteckte und auf den nun ruhig vor ihr stehenden Mantis genau musterte.
„Weichhäute. Was wollt ihr?“ fauchte der Mantis voller Verachtung.
Nun war es an Xelestra, die mit dem Finger auf den Mantis deutete, dann an ihm vorbei in Richtung Norden.
„Du wirst uns in den Norden bringen. Ins Tal der Blüten. Verstanden?“ diktierte sie mit ruhiger, strenger Stimme. Dann deutete sie auf Kweezil. „Andernfalls…“
Noch ehe der Goblin das stille Kommando zum Zustoßen oder zumindest Bewegen des Dolches umsetzen konnte, hob der Mantis die Hände und beeilte sich zu versichern, dass er der Forderung der Todesritter ultimativ entsprechen würde. So sehr er die Weichhäute auch verachtete, dies hier war weder die Zeit noch der Ort für Diskussionen dieser Art. Also ließ er sie ebenfalls auf seinen Rücken steigen, legte die Hellebarde ab und flog mit ausgebreiteten Flügeln in Richtung Norden.

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Kapitel 8 – Erster Feindkontakt

Die Dunkelheit lag noch immer schwer über dem südlichen Kontinent Azeroths, als seine Sinne langsam wieder zurückkehrten und die Leere des Schlafs von ihm wich. Für einen Augenblick meinte er noch zu träumen, als er einen süßlichen und einen rauchigen Geruch wahrnahm. Dann sah er das fahle Licht seines Multifunktions- Messers, das noch immer in einer der Felsritzen steckte und ein schwaches Dämmerlicht spendete.
Nein, das hier war kein Traum. Er war wieder wach. Doch dieser Geruch….
Von einer Sekunde auf die andere war er hellwach, sah sich um, versuchte die Todesritterin zu erspähen, die nur wenige Armlängen neben ihm auf den Felsen gelegen hatte, als er eingeschlafen war. Doch sie war verschwunden. An ihrer Stelle sah er lediglich eine tiefrote Blutspur, die den Fels hinab in die Schwärze des Waldes führte.
„Verdammt!“ schnaubte Kweezil, griff sich sein Messer, klappte es wieder zusammen, rollte die Decke in das kleine Paket, das es vorher gewesen war, zog einen Dolch und sprang von den Felsen herunter. Wie ein Schatten, der im flackernden Kerzenlicht ebenfalls kaum wahrnehmbar seine Lage änderte, sprang er von Deckung zu Deckung, spähte um die Ecken von Bäumen, Büschen und kleineren Felsbrocken, die seiner niedrigen Gestalt als Versteck dienen konnten.
„Xelestra! Wo steckst du?!“ brüllte er, wechselte sogleich die Deckung, ehe er weiter rief. „Sei noch am Leben. Bitte sei noch am….“
Sein Atem stockte, als er die Todesritterin am Boden kniend erspähte. Eine Rauchfahne stieg vor ihr auf. Deutlich erkannte er Blut, das ihr an den Armen herunter lief.
Schnell huschte er weiter, blieb in Deckung ihres Rückens, schlich nahe an sie heran, ehe er aus der Deckung ihrer Gestalt um sie herum fuhr, den Dolch zum Schlag bereit. Erst jetzt erkannte er, was die Todesritter verdeckt hatte und was gleichzeitig den Geruch verursacht hatte, den er jetzt überdeutlich roch.
In einem kleinen Feuer, das behelfsmäßig aus etlichen kleinen Steinen und Zweigen zusammengelegt worden war, brannte etwas, das einmal ein stolzes Fell hatte gewesen sein müssen. Darüber stand, auf längere Stöcke und unförmige Knochen aufgespießt, einiges Fleisch, verdeckte die Flamme nahezu vollständig, hatte mittlerweile eine nahezu schwarze Patina angenommen. Weiter entfernt lag nur noch der abgetrennte Kopf dessen, was einmal ein Tiger gewesen war, starrte aus leeren Augen in die Tiefen des Dschungels.
Wortlos stand der Goblin nur da, starrte die brutzelnden Fleischberge und die davor kniende Todesritterin an, die ein kleines Kürschnermesser gerade mit einem letzten Stück Fell sauber wischte, es dann in einem kleinen Heft an ihrem Gürtel verschwinden ließ und daraufhin das nun schmutzige Stück Fell den Flammen zum Fraß vorwarf.
„Ich hoffe du bist ausgeruht.“ Kommentierte sie die Anwesenheit des Goblins mit beunruhigend ruhiger Stimme, griff dann zu einem der Fleischstücke am Feuer, reichte es Kweezil hinüber.
„Nimm nicht mehr, als du tragen kannst. Der Weg wird lang.“
„Aber…woher…wie hast du…?“ stammelte der Goblin, der das nahezu schwarze Fleisch in eine Hand nahm und betrachtete. Trotz der oberflächlichen Schwärze war es noch nicht verbrannt und duftete in der Tat appetitlich.
„Er wollte leichte Beute. Seine Wahl war schlecht.“

Als die Sonne schließlich aus dem Meer aufstieg und auch Pandaria in ihr goldenes Licht tauchte, war man in der Festung der Herrschaftsoffensive in hellem Aufruhr. Die beiden Orcs, die mit der Todesritterin und deren ‚Bewacher‘ die Front hatten verstärken sollen, waren von einer anderen Patrouille in der Nacht gefunden und ins Lager zurück gebracht worden. Beide hatten zahlreiche Brüche und Prellungen, die laut den Heilern von mindestens einem halben Dutzend Allianzsoldaten her rühren mussten, wenn man die Schwere ihrer Verletzungen berücksichtigte. Einer der beiden bestand allerdings darauf, dass es lediglich die Todesritterin gewesen war, die beide überrumpelt und niedergeschlagen hatte.
„Wo sind die beiden?!“ brüllte Gro’tash auf Krom ein, dessen Gesicht eine ungesund bläuliche Färbung zeigte. Ganz offensichtlich hatte der Schlag der Todesritterin ihm nicht nur die Nase, sondern auch noch einige Knochen im Gesicht gebrochen.
„Isch…isch weiß es nisch.“ Lispelte der Orc. Sabber und Blut flogen dabei aus einer sehr frisch aussehenden Zahnlücke. „Chie…chie fragte wasch von den anderen Dauren und hat unsch niedergeschhhlagn.“
„Und was hast du ihr gesagt?! Rede oder ich zeige dir, wie wir mit Verrätern umgehen!“
„Dasch schie im Tal schind….“ Beeilte sich Krom zu sagen.
Gro’tash grunzte, nickte den beiden Wachen zu, die Krom packten und wieder zu den Heilern zurück schleiften. Wütend donnerte er die Faust gegen einen Pfeiler, schnaubte laut auf. Der Schmerz in seiner Hand brannte, verzehrte den Zorn, der in ihm kochte. Er wollte sich nicht vorstellen, was Höllschrei veranstalten würde, wenn er erfuhr, wie er die Todesritterin dem Griff der Horde entkommen war – und das durch reinen Dilletantismus!
„Macht einen Boten bereit!“ brüllte Gro’tash schließlich, sich in Richtung Waffenschmiede wendend.
„Jawohl! Wir werden Höllschrei sofort über die…“
„Nicht Höllschrei ihr verblödeten Peons!“ brüllte Gro’tash noch etwas lauter. „Sendet eine Nachricht an unsere Wachen im Schrein der zwei Monde. Sie sollen die Todesritterin gebührend in Empfang nehmen!“

Erneut waren sie wieder etliche Stunden unterwegs gewesen. Doch jetzt, bei Tageslicht und den schnell steigenden Temperaturen, gefüllten Mägen und ausreichend Rast hielt Kweezil problemlos das stramme Tempo der Todesritterin, die mit sicherem Schritt den Weg durch den Dschungel wies. Dann öffnete sich das dicht bewachsene Blätterdach zu einer steil ansteigenden Ebene auf der einen und einer massiven, auf den ersten Blick unüberwindbaren Mauer auf der anderen Seite.
Kweezil stockte ob der Höhe der Mauer, der feinsten Details bei den Verzierungen der Steine sowie den weit oben befindlichen Türmen der Atem. „Wer auch immer die gebaut hat, hatte wohl einiges zu kompensieren, was?“ spottete er, den Blick hinauf richtend. Erst als die Todesritterin nicht auf diesen Kommentar zu reagieren schien, wandte er sich um und sah zu der Stelle, an der sie bis gerade noch gestanden hatte. Doch was er dann sah, ließ sein Grinsen schlagartig in Entsetzen übergehen und seine Hände nach seinen Dolchen greifen.
Xelestra war einige Schritte weiter gegangen und stand einem guten Dutzend von insektoiden Wesen gegenüber, die ihre Klingen zum Angriff hoben und mit klickernden Lauten vorwärts stürmten. Sie hatte ihrerseits ihre Waffe ergriffen, hielt die mächtige Axt seitlich neben sich, bereit, sich gegen die anstürmenden Wesen zu verteidigen.
Mit großen Sätzen sprang Kweezil voran, eilte an die linke Seite der Todesritterin, die zunächst nur starr in Richtung der Angreifer blickte, die ihrerseits, von den dünnen Flügeln auf ihren Rücken knapp über dem Boden schwebend, schnell näher kamen. Der erste von ihnen hob seinen Speer, wollte ihn der Todesritterin direkt in die Brust rammen. Doch gerade als die Klinge im Begriff war, die Brustplatte zu berühren, wich sie mit ihrem linken Huf seitlich nach hinten aus, schwang ihre Axt mit einem kräftigen Ruck nach oben, durchschnitt knapp oberhalb der Schultern des Angreifers die Luft.
Von der Attacke vollends überrascht stürmte dieser weiter voran, blickte nur verdutzt und fühlte nicht, wie seine Waffe inklusive der Arme, die den Speer noch immer fest umklammert hielten, zu Boden fielen und ihm lediglich die abgeschlagenen Armstummel noch aus dem Körper ragten. Doch noch ehe er Schmerz spüren konnte rutschte auch sein Kopf seltsam vorwärts, glitt von seiner Schulter und krachte vor seinem das Leben aushauchenden Körper auf den Boden, während dieser seinen Kurs ungebremst einige Meter vorwärts fortsetzte und schließlich, einige Schläge des schwarzen Herzens innerhalb seines Chininpanzers später, ebenfalls zu Boden stürzte.
Noch während der erste Angreifer zu Boden ging, war Xelestra einmal um ihre Achse rotiert, schwang die Axt und bohrte die rasiermesserscharfe Spitze der Klinge in den Leib des nächsten Angreifers, drehte diesen um 90 Grad und stieß ihn gegen drei seiner Kollegen prallen, deren Waffen sich in den Flügeln und seinem übrigen Leib verfingen und so ebenfalls außer Gefecht setzten.
Ihr Überraschungsangriff war dahin. Die sechs anderen schwärmten aus, gewannen schnell Höhe, um der Todesritterin in den Rücken zu fallen, sie von oben anzugreifen und so die gefallenen Kollegen zu rächen. 
Ein lauter Knall durchschnitt die sonst nur von Klackern erfüllte Luft. Verblüfft sahen sich die sechs gegenseitig an. Dann fiel der Blick von fünf der Wesen auf den Sechsten von ihnen. Der realisierte zunächst nicht, weshalb sie ihn so anstarrten, blickte an sich selbst herunter und erschrak, als er ein faustgroßes Loch inmitten seines Brustkorbs entdeckte. Sein letzter Blick galt Kweezil und dessen rechten Arm sowie dem noch rauchenden Lauf der Flinte, die in seiner Hand ruhte. Dann, einen weiteren Knall später, zerplatzte sein Kopf und machte seiner Existenz ein jähes Ende.
Die fünf übrigen insektoiden Wesen starrten einander sichtlich beeindruckt an, flatterten noch höher hinauf und wandten sich mit schnellen Flügelschlägen gen Norden. Ihre fünf Kameraden waren schnell und ohne auch nur die geringste Chance gefallen. Ihre Überraschung war dahin und auch sie erkannten, dass sie keine Chance haben würden. Also blieb ihnen nur die Flucht.
„Was beim Ritzel nochmal sind das für Dinger?“ schnaubte Kweezil, der seine Flinte aufklappte, mit zwei frischen Patronen versah, dann in der Mitte durchknickte und wieder im Tarnholster hinter seinem Rücken verstaute.
Die Todesritterin indes betrachtete die am Boden liegenden Wesen, von denen kein einziges auch nur ansatzweise am Leben geblieben war, rammte ihre Axt dann in den Leib eines noch zuckenden Insektoiden. Ihr Blick wanderte nach oben zu den fünf übrigen, die schnell davon flogen.
„Dieser dort wird es uns sagen.“ Schnaubte sie, hob ihre linke Hand und deutete auf den hintersten der fünf. Eine eisige Wolke entglitt ihrer Fingerspitze, zog sich mit unnatürlicher Geschwindigkeit ihre Bahnen durch die Luft. Schwarze und dunkelgrüne Blitze fuhren durch die Wolke hindurch, die sich in viele einzelne Blitze aufspaltete und Wurzeln ähnlich in Richtung der fünf Insektoiden schoss, binnen weniger Augenblicke den Hintersten der Fünf umschlang, die Flügel abquetschte und ihn wie eine übergroße, mißgestaltete Hand packte. Dem Wesen blieb nur ein schrilles Kreischen, als es von dieser unheiligen Macht gepackt zu Boden gerissen wurde und mit einem heftigen Knall unmittelbar vor der Todesritterin landete.
Benommen schüttelte sich das Wesen, blickte dann zu der Todesritterin hinauf und griff instinktiv nach seiner Waffe. Doch noch ehe es danach greifen konnte, trat Xelestra bereits mit aller Kraft gegen den Arm der Kreatur. Ein lautes Knacken, gefolgt von einem Kreischen, beendete den Versuch. Dann setzte sie ihren Huf auf den Brustkorb der Kreatur und drückte zu.
„Ich frage nur einmal: Wer bist du? Was bist du? Und warum greifst du uns an?“
Das Wesen packte mit der linken, unverletzten Hand nach dem Bein der Todesritterin, versuchte die Klauen durch die Panzerung hindurch in das Fleisch zu rammen und sich so zu befreien. Doch die Rüstung war zu stark, als dass er etwas hätte ausrichten können. So blieb ihm nur, die Todesritterin mit hasserfülltem Blick aus seinen Facettenaugen anzustarren und lautstark zu zischen.
„Mantis wird Weichhhaut zerfetzen!“ klickerte das Wesen, die klauenbesetzte Hand weiter am Bein entlang fahrend, bis es das Kniegelenk erreichte und Fell spürte. Doch ehe es irgendwelchen Schaden hätte anrichten könne, rammte die Todesritterin ihren Huf mit aller Kraft auf den Boden, zerquetschte den Brustkorb des Insektoiden mit einem lauten Knirschen.
Kraftlos sackte die Kreatur unter der Todesritterin zusammen, die sich zu ihrer Axt wandte, diese packte und wieder auf ihrem Rücken verstaute.
„Mantis.“ Wiederholte sie, griff an ihre Tasche und brachte ihr Buch heraus, schlug es auf und blätterte darin herum.
„Was machst du denn jetzt? Wir haben doch jetzt keine Zeit, um hier rumzulesen. Was, wenn die zurückkommen? Soll ich die etwa…“
„Halt die Klappe oder leg dich daneben.“ Schnaubte die Todesritterin Kweezil an, der sich vor ihr aufgebaut hatte und ungläubig zusah, wie diese zuerst schnell durch die Seiten durch blätterte, dann nur noch Seite um Seite umblätterte und schließlich zu lesen begann. 
Mantis. In der Tat hatte sie von diesen Wesen bereits im hohen Norden innerhalb des Archivums gelesen. Dass diese Wesen allerdings so groß waren, hätte sie nicht gedacht. Doch im Gegenteil: Diese hier waren lediglich dumme, kleine Drohnen. Allerdings existierten noch wesentlich größere Mantis, wie es den Anschein hatte. Generäle, Kommandanten, Befehlshaber – laut der Aufzeichnungen sollten diese mehr als die doppelte oder gar dreifache Körpergröße besitzen und stark genug sein, um massive Felsen anzuheben und gegen ihre Feinde schleudern zu können.
Ein Blitzen ging durch ihre Augen. Dann klappte sie das Buch wieder zu, verstaute es und blickte Kweezil zufrieden an, der den Blick starr in Richtung Himmel gerichtet hatte.
„Ich habe eine Idee. Komm, beeil dich.“

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Kapitel 7 – Auf der Spur

Stunden vergingen, in denen Kweezil der Todesritterin durch das Gestrüpp des Dschungels gen Westen folgte, während sie zu ihrer Rechten stets im Schatten einer beeindruckenden Felswand blieben. Ob es nun einfache Sturheit oder wirklich Wissen um den Weg war, das sie vorwärts trieb, fragte er sich schon lange nicht mehr. Diskussionen über die Korrektheit der Richtung oder gar den Weg, den sie noch zurücklegen müssten, strafte die Todesritterin derweil mit stoischem Schweigen. Selbst als die Dunkelheit über sie einbrach, wurde ihr beständig vorwärts gerichteter Schritt nicht langsamer, während Kweezil mit jeder Stunde, die verging, mehr Mühe hatte, bei dem strammen Tempo mitzuhalten.
„Musst…du unbedingt…so rennen?“ ächzte der Goblin, der schon sichtlich zurück gefallen war und sich nur mit Mühe in der Dunkelheit zu orientieren wusste.
„Du kannst umkehren, wenn du willst.“ Entgegnete die Todesritterin ihm, ihren Schritt nicht im Geringsten verlangsamend. Anders als Kweezil waren ihre Augen die Dunkelheit von den langen Nächten, die in Nordend allgegenwärtig waren, nicht nur gewohnt, sondern fühlten sich genau dort am Wohlsten. Die knappe Antwort hatte aber vor allem einen anderen Grund: Sie wollte den Goblin nicht spüren lassen, wie sie ihrerseits um Atem rang und eine Pause nur zu gern vorgeschlagen hätte. Denn mit der Dunkelheit war auch die Kälte und die Feuchte gekommen, hatte sich der vorher bereits erdige, weiche Boden mit Feuchtigkeit vollgesogen und so zu einer klebrigen, schlammigen Masse geworden, in die sie von Minute zu Minute und mit jedem Schritt etwas tiefer einsank. Kweezil spürte trotz seiner größeren Nähe zum Boden dank seiner niedrigen Größe, seinem leichten Gewicht und der Tatsache, dass er lediglich mit feiner, alles andere als kriegserprobten Lederrüstung bekleidet war, von dem schlickigen Boden nahezu nichts. Sie dagegen, die ein Vielfaches wog, schwere Röstung trug und deren Waffe allein mehr als das Doppelte des Goblins ausmachte, wurde gnadenlos vom Boden festgehalten, musste mit jedem Schritt gegen den Boden kämpfen.
„Klar, sicher doch.“ Schnaubte Kweezil zurück, blieb dann mit einem Mal einfach stehen. „Ohne Karte, in einem fremden Land voller wilder Tiere und durchgeknallter Orcs, die mich sofort aufknüpfen, wenn sie ihre Kameraden gefunden und ausgefragt haben.“
„Es war deine Entscheidung.“ Entgegnete sie wieder, ihren Schritt nun doch etwas verlangsamend, da sie merkte, dass der Goblin sich nun deutlich schneller von ihr zu entfernen begann.
„Als hätte ich eine Wahl gehabt! Mit dir habe ich wenigstens eine Chance!“ brüllte Kweezil ihr entgegen. „Wenn auch eine verschwindend geringe…“ flüsterte er dann leise und nur für sich.
Xelestra seufzte, blieb nun auch stehen und atmete zunächst einige Male tief durch, ehe sie sich zu ihm umdrehte und ihm direkt in die Augen starrte. Dann wanderte ihr Blick umher und fand einige Meter entfernt harten Felsboden, der aus dem Boden hinauf ragte und sich gegen die Felswand lehnte. Ein Überhang am obersten Ende der nahezu senkrecht aufragenden Wand bildete eine Art über hundert Meter entferntes Dach.
„Dort vorne können wir rasten, damit du wieder zu dir kommst.“ Wies sie an, wandte sich dann selbst in die Richtung und marschierte auf die Felsen zu. Kweezil atmete indes tief durch, nahm den Rest seiner Kraft zusammen und stapfte seinerseits auf die Felsen zu, erklomm diese schnellen Schrittes, griff in seinen Beutel, zog eine kleine Decke heraus, entfaltete diese und setzte sich sogleich auf diese, blickte dann zu der Todesritter hinüber. Die schien mit den Felsen einige Probleme zu haben, rutschte auf den glatten Oberflächen immer wieder etwas weg, ehe sie ihrerseits auf einem wesentlich größeren Felsen Platz nahm. Ein plötzliches Aufblitzen hinter ihr ließ sie überrascht herum fahren, den Blick auf Kweezil richten. Der blickte zuerst auf sein Multifunktions-Messer, das er vor sich in eine Felsspalte gesteckt und mit der internen Batterie einen schwachen Lichtschein produzierte, dann zur Todesritterin. Erst jetzt sah er den Grund, warum sie sich offenbar so sehr an den Felsen abgemüht hatte: Ihre Beine waren fast bis zu den Knien zentimeterdick mit Schlamm bedeckt.
Dem sichtlich angewiderten Blick folgend blickte nun auch Xelestra an sich herunter, verzog dann ihrerseits das Gesicht. Wortlos griff sie an ihren Gürtel, zog ein ziemlich zerfleddertes Buch hervor und schlug es auf, um im schwachen Licht dieses Multifunktions-Messers durch die Seiten zu gehen. Kweezil tat es ihr ähnlich, holte stattdessen aber etwas gedörrtes Fleisch und trockenes, flaches Brot hervor, steckte sich von jedem einen schmalen Streifen in den Mund.
„Ich hätte nie gedacht, dass Todesritter so eine Fixierung auf Bücher haben.“ Schmunzelte er kauend.
Xelestra blickte nur kurz auf, ehe sie weiterblätterte. „Wie du siehst.“
„Gesprächig wie immer.“ Seufzte Kweezil. „Was liest du denn da in dem Buch?“
Sie seufzte, blätterte weiter. „Den kürzesten Weg. Und ein Teich, See, Fluss oder ähnliches.“
Kweezil stutzte. „Du hast eine Karte da drin?“
„Ja.“ Antwortete sie, nun wesentlich genervter.
„Wo…wo hast du DIE denn her? Ich meine, Pandaria wurde doch erst vor ein paar Monaten entdeckt. Da kann man doch noch….“
Mit einem weiteren Schnauben schlug die Todesritterin das Buch zu, drehte sich dann vollends zum Goblin um und starrte ihn mit kaltem Blick an. Der verstummte sofort, blickte seinerseits fragend sowohl auf sie, als auch auf das in die Höhe gehaltene Buch. Dann ließ sie das Buch vor seinen Füßen auf den Felsen klatschen, schlug es vor seinen Augen und fast unmittelbar unter dem Licht des Messers auf.
Ein altes Gebetbuch, wie Kweezil deutlich erkannte. Allerdings waren die einzelnen Verse mit anderer Tinte ergänzt, korrigiert oder durch Zeichnungen bereichert worden. Dann folgten etliche leere Seiten, auf denen mit spitzer Feder unterschiedlichste Karten eingezeichnet worden waren, die ihn entfernt an die Zeichnungen auf der Karte von Eiskrone erinnerten, die er vor einigen Tagen im Luftschiff bei ihr gesehen hatte. Kalimdor, die östlichen Königreiche, die einzelnen Ländereien nebst Siedlungsgrenzen, die mit anderer Farbe eingezeichnet worden waren, selbst Kezan erkannte er in einer der Zeichnungen wieder, ehe sie beim Druchblättern der Seiten zu einem Stück Landmasse kam, das Kweezil noch nie gesehen hatte. Zwei weitere Seiten später hielt sie schließlich inne.
„Hier sind wir.“ Sagte sie mit schroffer Stimme, deutete mit einer Fingerspitze auf den westlichen Teil der Zeichnung. „Wenn wir unser Tempo von eben beibehalten, kommen wir in vier oder fünf Stünden an einen Hang – hier. Der führt zu einer Region, die Tal der vier Winde genannt wird. Und dort…“ fuhr sie fort, während sie eine Seite weiter blätterte und mit dem Finger einmal diagonal über eine andere Karte fuhr „…führt ein weiterer Pass weiter nach Norden. Von dort aus kommen wir dorthin, wo wir den Schrein finden. Zwei oder drei Tage Fußmarsch und wir sollten ankommen.“
Kweezil starrte auf die Karten, die so fein und präzise waren, als hätte sie jemand gezeichnet, der Eins mit dem Land gewesen war. Jeder Tintenstrich, jedes noch so kleinste Detail war in der Karte enthalten, die sie offenbar persönlich auf die Seiten des Buches übertragen hatte.
„Wo…wo hast du die Karten her?“
Xelestra klappte das Buch zusammen, verstaute es wieder im Beutel an ihrem Gürtel, zog ihr rechtes Bein an und begann, ihren Huf kräftig gegen den Fels zu schlagen, so dass der trocknende Schlamm langsam ab bröckelte.
„Einige Berge in Nordend sind keine Berge. Ihr Innerstes verbirgt uralte Maschinen, Apparaturen und Geheimnisse. Und Archive.“ Erklärte sie mit immer noch emotionsloser Stimme, zog ihr Bein heran und wischte mit den Händen über ihre Rüstung, damit sich auch noch der letzte Dreck von Rüstung und Huf löste.
„Ein Archivum enthielt detaillierte Karten von Azeroth. Regionen, Grenzen, Eigenheiten. Sehr, sehr alte Karten – aus einer Zeit, als Azeroth noch Eins war. Und einige wenige Karten aus der Zeit nach dem Auseinanderbrechen des Kontinents.“
Kweezil blinzelte bei der Beschreibung sowohl überrascht als auch beeindruckt. Von den uralten Maschinen, die offenbar von den Titanen auf Azeroth hinterlassen worden waren, hatte er schon viel gehört. Einige seiner Cousins hatten sich schon näher mit den Maschinen, die man in Kalimdor gefunden hatte, beschäftigt, versucht, diese Systeme nachzubauen, deren Energiequellen selbst für sich zu nutzen und sich dabei relativ eindrucksvoll selbst in die Luft gejagt. Das nun ausgerechnet eine Todesritterin eine dieser Maschinen für sich dahingehend manipuliert hatte, um Informationen daraus zu gewinnen, war zumindest überraschend.
Noch während Kweezil ihren Ausführungen zuhörte, hatte Xelestra auch ihr linkes Bein vom Schlamm und Schmutz befreit, einige spitze Steine zwischen ihren Hufen heraus gekratzt, war auf dem Felsen etwas weiter nach oben gerutscht und hatte sich zurück gelehnt, sog die kühle, feuchte Luft mit einem tiefen Atemzug ein.
„Woher wusstest du denn, wie man die Informationen aus so einem Archi….“ Begann Kweezil eine Frage, wurde dann aber von einem zischenden Laut der Todesritterin unterbrochen.
„Du solltest schlafen, wenn du Kraft für morgen sammeln willst. Wir brechen kurz vor Sonnenaufgang auf.“
Er öffnete den Mund, einen Finger zum Protest erhoben. Doch ehe er etwas sagen konnte, sank der Finger schon wieder nach unten, schloss er den Mund und beschloss, dem Rat der Todesritterin zu folgen.
„Und du?“
„Ich schlafe nicht.“ Entgegnete sie.
Kweezil zuckte mit den Schultern, legte dann den übrigen Proviant neben sich auf den Felsen und deutete ihr, sich zu bedienen. Doch erneut lehnte sie ab, blickte stattdessen starr nach oben, betrachtete die Sterne und die Wolken, die über ihnen mit gemächlichem Tempo ihren Weg zogen.

Der Felsen war hart und kühl. Nicht unbedingt der ideale Ort für einen erholsamen Schlaf. Insbesondere inmitten einer unbekannten Wildnis und einer tödlichen Kämpferin in Waffenreichweite. Doch die Ereignisse der vergangenen Tage sowie der lange, kräftezehrende Marsch sorgten dafür, dass Kweezil überraschend schnell in einen tiefen, traumlosen Schlaf sank.
Xelestra hatte es sich ihrerseits gemütlich gemacht, hielt die Augen geschlossen. Auch wenn sie auf den Betrachter aussah, als würde sie schlafen, war sie doch in Wirklichkeit hellwach, lauschte den Geräuschen des Waldes und dem sägenden Schnarchen des Goblins knapp neben ihr. Ein Grummeln ließ sie für einen kurzen Augenblick aufschrecken, ehe sie merkte, dass dieses Geräusch von ihr kam.
Mit dem Wandel zu einer Todesritterin hatte sie viele ihrer einstigen Schwächen verloren. Jene Streiter des Lich-Königs sollten, wie alle untoten Diener, ausschließlich von der Lebensenergie ihrer Feinde zehren, ihre unheiligen Energien das eigene, noch immer lebende Fleisch nähren. Doch mit dem Sieg gegen Arthas, ihr Ende und erneutes Erwachen, die Trennung ihrer Seele und das Wiedererlangen ihrer Identität hatte sie verändert, ihren Körper einem erneuten Wandel unterworfen. So war das unheilige Band, das beide Seiten ihrer Selbst verband, stark wie eh und je, doch fühlte sie die Stärke ihrer lebendigen Hälfte von Zeit zu Zeit deutlicher, als es vom Lich-König jemals vorgesehen worden wäre. Hunger gehörte zu jenen Gefühlen, die in Zeiten, in denen sie nicht kämpfte, überdeutlich zu spüren war. Und gerade jetzt, da sie seit fast einer Woche kein Lebewesen im Kampf erlegt und im Gegenzug eine schwere Wunde hatte heilen müssen, fühlte sie einen großen Hunger.
Einige Male blinzelte sie auf das Dörrfleisch, das Kweezil parat gelegt hatte. Ehe sie sich mit dem Gedanken, dem Für und Wider auseinandersetzen konnte, hatte sie das Stück Fleisch bereits in der Hand, biß ein großes Stück ab und schlang es geradezu herunter. Etwas wie Geschmack empfand sie nicht, nur die Zähigkeit des Fleisches zwischen ihren Zähnen und ein seltenes, warmes Gefühl in ihrem Bauch. Doch dieser kleine Happen vermochte nicht ihren Hunger zu stillen. Auch nicht das Stück Brot, das gleich darauf in ihrem Mund verschwand.
Noch während sie den letzten Bissen Brot herunterschlang hörte sie ein nicht weit entfernes Knirschen von Geäst, blickte in die Dunkelheit und erspähte eine schwache Lichtreflexion, die nahezu unhörbar näher kam. Ihre Augen fixierten einen Schatten, der sich langsam und vorsichtig immer näher an die beiden heran schlich. Sie hielt den Atem an, ließ ihre rechte Hand in Richtung ihres Gürtels wandern, drehte sich vorsichtig auf ihre rechte Seite, als der Schatten mit einem Mal vorwärts und in ihre Richtung stürzte.
Mit lautem Fauchen schnitten Krallen durch die Luft, schossen von Geifer tiefende Reißzähne in Richtung ihres Halses, starrten sie blitzende Augen böse an. Doch der Biss ging ins Leere und die blinde Gier der Bestie, die gerade noch eine leichte Beute erwartet hatte, verschwand mit einem Schlag, als sie spürte, wie sich der feste Griff einer Hand um den eigenen Hals gelegt hatte und jener Bestie die Luft abschnürte.
Panisch und voller Zorn schlugen vier Pranken um sich, trafen metallene Rüstung, Fell, Fleisch, hinterließen tiefe Furchen, ohne dabei auch nur die Spur eines Effekts zu erreichen. Stattdessen bohrte sich eine spitze Klinge in den Bauch der Bestie, ließ diese in ihrem Fauchen Blut mit aufstoßen, die Schläge der Pranken schwächer werden, ehe ein lautes Knacken die Schläge zu einem jähen Ende kommen ließ.
Xelestra hielt die Bestie noch zwei weitere Minuten im festen Griff ihrer linken Hand, nicht sicher, ob sie ihr wirklich das Genick oder nur einen unwichtigen Knochen gebrochen hatte. Doch als die Kreatur leblos neben ihr zusammen sackte und sie das warme Blut des Tieres an ihrer rechten Hand spürte, wusste sie: Aus dem Jäger war das Opfer geworden. Und eine wesentlich bessere Mahlzeit als der Streifen Dörrfleisch.

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Kapitel 6 – Höllschrei

Der Übergang durch das magische Portal war schnell und heftig. Aus dem magisch schimmernden Blau schälte sich mit ungeheurer Geschwindigkeit das Braun und Grün eines Dschungels, das in dunklen Tönen jenes Blau und damit auch alle Anzeichen für Magie verschlang. Auch das Rauschen der arkanen Ströme wich dem Brüllen von Peons, Kriegern und Bestien, dem metallischen Hämmern von Waffen auf Holz.
Von der Intensität der Magie noch immer ein wenig benommen strauchelte sie ein, zwei Schritte vor, übersah dabei die überall am Boden entlang verlaufenden Wurzeln, Leitungen, Reste von Lianen und unzähligen anderen Plunder, strauchelte und landete kurzerhand der Länge nach auf dem Boden und inmitten von Blättern, Wurzeln, Ästen und Staub. Mit nicht gerade wenig Schadenfreude fielen unzählige Blicke auf sie, hörte sie ein kehliges Lachen aus allen Richtungen, während sie sich, den Schwindel der intensiven magischen Kräfte abschüttelnd, wieder aufrichtete und den Schmutz von ihrer Rüstung streifte.
„Die neuen Kämpfer für die Front. Endlich etwas Frischfleisch. Ihr werdet dringend am großen Platz im Osten benötigt. Die verdammte Allianz rückt uns ziemlich auf die Pelle.“ Schnaubte einer der Orcs direkt vor ihr, ohne sich auch nur ansatzweise irgendwie namentlich vorzustellen.
Kweezil ging auf die Wache zu, verschränkte die Arme vor der Brust. „Wir? Direkt an die Front? Ich dachte Höllschrei hätte Truppen, um die Allianz in Schach zu halten!“
„Hat er auch. Aber die meisten Truppen sind zum Tal ab beordert worden. Ragh und Krom hier werden mit euch gemeinsam Richtung Front ziehen. Also vorwärts!“
„Moooment mal!“ protestierte Kweezil erneut. „Nur wir vier? Was ist mit den anderen? Haben wir nicht noch mehr Verstärkung? Was ist mit den Tauren, den Trollen, den….“
Der Orc starrte den Goblin böse an, verschränkte nun seinerseits die Arme, nickte den beiden Orcs zu seiner Rechten zu, die auf den Goblin zu stapften. Einer von ihnen packte Kweezil am Arm, schleuderte ihn einige Meter weit in Richtung Ausgang der kleinen, improvisierten Siedlung und setzte ihm dann nach.
„Höllschrei will Ergebnisse und keine Diskussionen. Bewegt euch!“ schnaubte der Orc erneut, während der zweite der Grunzer auf Xelestra zu ging und nach ihrem Arm greifen wollte. Gerade als er die Hand ausstreckte, starrte sie ihn böse an.
„Fass mich an und es wird das Letzte sein, das deine Hand jemals berühren wird.“ Knurrte sie und baute sich vor dem Grunzer in voller Höhe auf, der sowohl von ihrer Größe als auch diesen Worten ein wenig zusammen zuckte und zurück schreckte. Gerade noch am Boden hatte man ihre Körpergröße nur ahnen können. Doch jetzt, da sie sich aufgerichtet hatte, erkannte er, dass diese Taurin ihn um mehr als drei Kopf Höhe überragte und ihre Schultern den Seinen keineswegs in Breite nachstanden. So relativ zierlich und kleiner als die männlichen Pendants andere Taurinnen bisher auf ihn gewirkt hatten, so beeindruckend war nun doch ihre Erscheinung für ihn.
Nach einem kurzen Augenblick des respektvollen Starrens wandte er sich nickend um, begab sich zu seinem Orckollegen und dem Goblin, behielt die Taurin aber aus dem Augenwinkel im Blick. Sie folgte ihnen, schloss auf nur knapp einen Schritt Distanz auf sie auf, während Ragh den Goblin immer wieder mit Stößen dazu nötigte, sich gefälligst weiter vorwärts zu bewegen.
„Ist ja schon gut, ich habe euch verstanden. Kein Grund zu drängeln verdammt! Wie weit ist es überhaupt zu dieser Front?“ meckerte Kweezil.
„Halber Tagesmarsch. Eventuell auch einer – wenn du weiter so quengelst.“ Schnaubte Ragh. Kweezil aber seufzte. Tief in Gedanken verfluchte er sich, für kein Transportmittel gesorgt zu haben. Aber hey – wer hätte denn gedacht, dass Garrosh ihn derart hintergehen, ihn als Aufpasser und Versicherung für die Todesritterin mitschicken und derart quälen würde, dass er…
…Kweezil dachte nicht weiter, fluchte nur tief in sich hinein und ergab sich seinem Schicksal.

Eine Stunde lang marschierten sie nun schon, begleitet von dem inhaltsleeren Gequatsche und Gelache der beiden Orcs, die sich gegenseitig mit Geschichten über ihre letzten Aufträge im Brachland und in den Lagern des Steinkrallengebirges sowie die schwächlichen Elfen im Eschental unterhielten, die Gegenden der Krasarangwildnis, die sie gerade durchstreiften, mit anderen Gegenden aus ihren letzten Aufträgen verglichen.
Als sie auf das Thema der Sonnenläufer und Tauren insgesamt kamen, wurde Xelestra scheinbar hellhörig.
„Die Sonnenläufer sind ebenfalls hier in der Wildnis?“ griff sie die Erzählung über eine ganze Karawane entlang der westlichen Wildnis auf.
„Hä?“ entgegnete Krom, etwas aus dem Konzept seiner Erzählung gebracht. „Ja, waren sie vor ein paar Monaten. Sind dann nach Norden gezogen – durch das Tal der vier Winde und rauf zum Tempel.“
„Und wo sind sie jetzt?“ hakte sie nach.
Krom zuckte mit den Schultern. „Werden wohl beim Schrein der zwei Monde sein. Irgendwo im Tal der Blüten – zusammen mit den ganzen anderen Tauren und vielen der Pandaren. Scheinheiliges Pack, wenn du mich fra….“
Sie hatte genug gehört. Binnen weniger Wortsilben hatte Xelestra die Lücke, die zwischen den Orcs und ihr gewesen war, geschlossen, ihre rechte Hand gehoben, zur Faust geballt und diese mit einer derartigen Wucht gegen den leicht zu ihr nach hinten gedrehten Kopf von Krom gedonnert, dass einer seiner Hauer mit lautem Knirschen brach, im hohen Bogen wegflog und er selbst eine halbe Schraube vollführte, nach vorn flog und gute drei Meter entfernt regungslos im Matsch liegen blieb.
Ragh wirbelte herum, griff nach seiner Axt. Doch ehe er seine Hand um den Griff zu schließen in der Lage war, hatte Xelestra schon seinen Arm gegriffen, zog ihn mit einem Ruck näher an sich, verdrehte den Arm, schlug kräftig auf seine rechte Schulter, brach diese mit einem geübt wirkenden Griff und donnerte ihren linken Ellenbogen mit voller Wucht in sein Gesicht, zerschmetterte so seine Nase, ehe sie auch ihm einen weiteren, heftigen Schlag gegen die Stirn verpasste und ihn so besinnungslos zusammensacken ließ. Gerade als sie mit dem Orc fertig war, hörte sie ein metallisches Klicken, wandte sich um und blickte in den Doppellauf einer kleinen, aber dennoch wirkungsvoll wirkenden Flinte in der Hand von Kweezil.
Der Goblin hatte genau beobachtet, wie sie den ersten Orc mit nur einem Schlag ausgeschaltet und sich mit der Gewandtheit einer Gazelle um den zweiten Krieger gekümmert und ebenfalls zu Boden befördert hatte. Und so viel Respekt und Sympathie er für diese Aktion empfand, so ging es hier doch um seinen Hals, den sie mit der Aktion riskierte. Also hatte er unter seinen Umhang gegriffen, das kleine, unscheinbar wirkende Paket aus Metall und Holz gezogen, das sich in seinen Händen binnen weniger Augenblicke zu einer beachtlichen Flinte entfaltete und nun, geladen und feuerbereit, auf Xelestra zielte.
Xelestra reagierte ihrerseits nur natürlich, legte eine Hand an den Griff ihrer Waffe, bereit, diese mit einem einzigen Ruck zu ziehen.
„Das würde ich lassen, Guteste. Ich bin zwar nicht der beste Schütze, aber auf DIE Distanz stanze auch ich dir zwei unschöne Löcher in deine Rüstung.“ Brummte Kweezil.
„Woraufhin ich dich noch einen Kopf kürzer mache, als du eh schon bist.“ Schnaubte Xelestra zurück, den Griff um ihre Waffe festigend.
„Unwahrscheinlich, dass du dazu noch in der Lage sein wirst.“
„Ich habe schon Schlimmeres überlebt.“
Dann folgte lange Zeit kein weiteres Wort. Stumm starrten sich beide nur an, ihre Waffen bereit, den jeweils anderen niederzustrecken, während der Wind im Wald langsam auffrischte und Blätter um sie herum wirbelte.
„Du hast mir in Nordend das Leben gerettet. Deswegen werde ich dich nicht für das töten, was du getan hast.“ Begann Xelestra nach einigen Momenten der Stille.
„Ha! Als wenn das wichtig wäre. Wenn DU mich nicht umbringst, ist es eben Höllschrei oder irgendein anderer Irrer hier, der meint, dass ich die Horde im Stich gelassen habe, wenn ich dich hier dein Ding machen lasse! Hast du eine Ahnung, was die mit Deserteuren machen?“
„Ich werde meine Schwester suchen und in Sicherheit bringen. Egal, was ein verrückter Orc oder ein abgebrochener Zwerg auch sagen.“
„Das Zwerg nimm zurück!“
Erneut folgte eine lange, bedrückende Stille, in der sich die beiden nur gegenseitig anstarrten. Dann schließlich, nach unendlich lang erscheinender Wartezeit, senkte Kweezil seine Waffe, sicherte diese und ließ sie sich wieder zusammenfalten und in den getarnten Holster hinter seinem Umhang verschwinden.
„Also gut, wenn du unbedingt darauf best….“ begann er, als er gerade noch sah, wie ein Schatten sehr schnell auf ihn zu schnellte und kurz darauf die flache linke Hand von Xelestra gegen seinen Kopf knallte. Dann fühlte er, wie ihm der Boden unter den Füßen weggerissen wurde, er einige Meter zur Seite flog und mitten in einem dichten, mit Dornen besetzten Busch aufschlug. Tausende von Sternen tanzten vor seinen Augen umher und ein metallischer Geschmack breitete sich in seinem Mund aus. Er schüttelte sich, wischte sich mit einer Hand über den Mund und sah, dass er blutete.
„Du hast doch gesagt, du…“
„Du wirst es überleben.“ Brummte sie, wandte sich um. „Wenn die wieder zu sich kommen, sag, ich hätte euch drei niedergeschlagen.“
Kweezil riss die Augen auf. „Wo gehst du denn hin?“
„Zu diesem Schrein.“
„Und wie willst du da alleine hinkommen?“ hakte Kweezil nach, sich allmählich aus dem Gebüsch befreiend.
Ohne groß Worte zu verlieren griff Xelestra an ihren Gürtel, öffnete eine kleine Tasche, zog jenes Buch heraus, in dem sie schon während der gesamten Überfahrt von Nordend nach Orgrimmar gelesen und gezeichnet hatte.
„Ich folge der Karte.“
Kweezil stolperte vorwärts, von dem heftigen und überraschenden Schlag sichtlich mitgenommen. „Glaub…glaub ja nicht, dass du mich hier liegen lassen kannst.“
„Tapferkeit oder Pflichtbewusstsein?“ 
Kweezil lachte trocken. „Überlebensinstinkt. Ich habe meinen Auftraggeber und will den nicht auch noch gegen mich haben. Es geht ums Geschäft.“

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Kapitel 5 – Ein alter Bekannter

Die Spannung, die gerade noch in der Luft gelegen hatte, war gemeinsam mit der Todesritterin, die durch das Magierportal geschritten war, verschwunden. Unzählige Münder hatten sich geöffnet und Stoßseufzer entfahren lassen, während die Wachen ihre Waffen verstauten und sich, laut und kehlig lachend, gegenseitig auf die Schultern schlugen, um kurz darauf in Richtung Gasthaus aufzubrechen. Ein Umtrunk, da waren sie sich sicher, hatten sie sich nun redlich verdient. Ihr Anführer, so man ihn so nennen konnte, hielt sie nicht davon ab, bestärkte sie im Gegenteil noch darin, indem er selbst voran marschierte und dabei laut lachte.
„Proleten“ seufzten die Magier, die gerade noch ihre Fähigkeiten dafür genutzt hatten, ein Portal auf den Kontinent Pandaria zu öffnen. Und als wäre es nicht schon schwer genug, ein Portal auf einen fremden Kontinent zu öffnen, war ihnen aufgetragen worden, einen Ort zu wählen, den weder auch nur einer von ihnen selbst besucht hatte, der auf keiner der magischen Leylinien lag und der gleichzeitig ein derartig kräftiges, magisches Dämpfungsfeld innehatte, dass alle vorangegangenen Portale durch mindestens einen Magier auf der Gegenseite stabilisiert werden mussten. Doch so einen Luxus hatten sie natürlich nicht bekommen. Zu dritt hatten sie es aber gerade so geschafft, nickten sich nun erschlafft gegenseitig zu, wandten sich um und begaben sich in Richtung Tal der Weisheit. Hier trennten sie sich dann, teilten sich in die Zelte auf, um sich von den Strapazen auszuruhen.
Als die Dunkelheit der Nacht Orgrimmar in Stille hüllte und nur noch wenige Wachen sowie besonders trinkfeste Raufbolde die Gassen unsicher machten, schob sich jedoch das Fell eines der Zelte beiseite. Schnellen Schrittes huschte eine Gestalt in dunkelblauer Robe hinaus, vorbei an den nun geschlossenen Geschäften, verbarg sich vor den Wachen, die den Eingang zu den Goblinslums im Auge behielten und verbarg sich in einer Nische zwischen den Felsen. Erst als sie sich absolut sicher war, dass ihr niemand gefolgt war, keine Wache in der Nähe aufmerksam werden würde und sonst keine bösen Überraschungen auf sie warten würden, hob sie ihre rechte Hand und sprach die Zauberformel, die die Dimensionen dieser Welt miteinander verwob.
Ein kurzes Blitzen, ähnlich dem, als hätte man einen Glaskrug auf den Boden fallen lassen, war sie aus der Spalte verschwunden und von einem hellen Strahlen umgeben, das jedoch genau so schlagartig verschwand, wie es gekommen war. Dann fühlte sie Gras unter ihren Stiefeln, roch die frische, dünne Luft, die nachts von Mulgore die Berge hinauf geweht kam, während sich über ihr die Sterne wie ein endlos wirkender Schirm aufspannten. Dieser Ort war ein Ort des Friedens, der Ruhe und so rein wie kaum ein Ort es in Kalimdor geblieben war. Es war der wohl unwahrscheinlichste Ort für dieses Treffen – und genau deswegen erschien der Ort perfekt.
Ihr Blick fiel auf das schmale Zelt vor ihr, aus dem dünne Rauchwolken hinaus quollen, begleitet von fremdartigem Gemurmel und grüngelblichem Licht. Sie trat vor, schob sich durch die Öffnung und blickte sich im Inneren um.
Das Innenleben des Zeltes war um ein Vielfaches größer, als man von außen vermutet hätte. Am wenigsten hätte man wohl vermutet, dass sich unzählige Bücherregale entlang der Seiten des Zeltes in etliche Meter Höhe recken würden. Zwischen diesen Regalen fang sich ein großer Tisch mit vier bequem aussehenden Sesseln, der nicht weit von einer gemauerten Feuerstelle aufgestellt war, in der ein grünes Feuer loderte und das sich darüber drehende, frisch und kross aussehende und herrlich duftende Schwein aufheizte. In einer anderen Ecke, hinter einem Vorhang verborgen, befand sich ein gänzlich mit schwarzer Bettwäsche bezogenes Bett, auf dem unzählige aufgeschlagene Bücher herum lagen. Ein kreatives Chaos, dessen Urheber an einem Sekretär direkt zwischen zwei weiteren Bücherregalen saß und dabei kräftig an seiner Pfeife zog, vertieft in ein weiteres, vor ihm ausgebreitetes Buch.
„Du bist spät dran.“ Brummte er, ohne aufzustehen, sich umzudrehen oder gar den Blick von seinem Buch zu nehmen.
Die Magierin verzog ihr Gesicht, verschränkte die Arme vor der Brust. „Dir ist schon klar, dass ich mein Leben riskiere, indem ich überhaupt mit dir spreche, ja? Ganz davon abgesehen, dass wir uns hier ständig treffen. Wenn Garrosh und seine Handlanger mir nachstellen, dann werden wir….“
„Werden sie nicht.“ Beschwichtigte der Zeltbewohner mit ruhiger, kratziger Stimme. „Garrosh vertraut weder der Magie, noch seinen eigenen Schamanen oder gar den Geistern. Für ihn zählt nur die Macht der Klinge und der Muskeln.“
Während er die Worte sprach wandte er sich zu ihr um, blickte sie aus seinen dunkelbraunen Augen an. „Er ist gefährlich, aber er ist ein Hohlkopf.“
„Und dieser Hohlkopf hat die gesamte Kluft der Schatten mittlerweile abriegeln lassen. Magier, Schmuggler, Hexenmeister – er hat alle unter Generalverdacht gestellt und einsperren lassen. Es ist bei Todesstrafe verboten, sich ihnen zu nähern.“
„Ja, das sieht ihm ähnlich. Ein Grund mehr, warum ich Orgrimmar den Rücken gekehrt habe, obwohl es mir einst eine Heimat war.“
Jetzt endlich stand er auf, zog noch einmal an seiner Pfeife, legte diese dann auf einem großen Stück Leder an der rechten Seite seines Sekretärs ab, griff nach dem offenen Buch und stand auf. Erst jetzt erkannte man die Pracht der Robe, die er trug, in vollem Maße: Goldene, hauchfeine Muster, die so filigran aussahen, als hätte jemand neben mit Runen verzierter Seide auch noch pure Goldfäden in den Stoff eingewoben und das fertige Werk dann noch nachträglich mit Stickereien verziert.
„Setz dich und bedien dich am Schwein, wenn dir danach ist.“
Sie nickte, nahm jedoch Platz, ohne sich etwas zu nehmen. „Ich habe deiner Freundin dein Geschenk zugesteckt. Außer ihr sollte es niemand bemerkt haben.“
„Gut. Das sollte ihre Chancen deutlich erhöhen, wenn ich die Texte hier richtig deute.“ Begann er, legte das Buch in seinen Händen auf den großen Tisch und drehte es ihr so zu, dass sie es lesen konnte. Dann wandte er sich seinerseits dem Schwein zu, griff nach einem der Beine und zog es mit einem kräftigen Ruck einfach aus dem Schwein heraus, während sie ihren Blick über das Buch schweifen ließ.
Schon auf den ersten Blick erkannte sie, dass das Buch alt war. Nicht einfach nur alt im Sinne von dem, wie es ein Orc formulierte, wenn er eine Waffe von seinem Großvater vererbt bekam. Nein, dieses Buch war älter, viel älter als das. Selbst die Schriftzeichen und die Sprache erschienen ihr derart schwer verständlich, dass sie trotz ihrer Ausbildung Mühe hatte, alles auf den ersten Blick zu entziffern.
„Woher hast du das?“
„Brauni hat es mir vom Zirkel mitgebracht. Es ist eine uralte Abschrift der Werke eines Hochgeborenen der Kaldorei. Es stammt noch aus der Zeit, als Azeroth nur einen Kontinent hatte.“
Sie nickte ihm anerkennend zu und begann zu lächeln. „Wirst du auf deine alten Tage Archivar oder was soll dieses Relikt? Und was….“
Die Magierin stockte, als sie den Absatz vor sich nun zum dritten Mal las und endlich verstand. Der Kaldorei namens Tevlian beschrieb da die Besonderheiten der südlichen Ländereien und deren Bewohner sowie deren Erzählungen, dass starke Emotionen – insbesondere die Negativen – Form annehmen und zu tatsächlichen, physischen Bedrohungen wachsen konnten. Waren Wesen im übrigen Kalimdor nur von Angst getrieben, so wurde diese Angst in diesen Ländereien schreckliche Realität. Er ging sogar so weit, diese Gestalten zu beschreiben und zu skizzieren, was zu grässlichen Fratzen und verformten Körpern führte, deren Leiber allem Natürlichen und Lebendigen im Widerspruch standen.
„Wenn du den Abschnitt weiterliest, dann wirst du einen Hinweis darauf finden, dass jemand, der von seinen Emotionen getrieben wird, durch diese Energien erheblich an Macht gewinnt. Und dreimal darfst du raten, in welche Gegend unser Kriegshäuptling aufgebrochen ist.“
„Er ist nach Pandaria. Diesen südlichen Kontinent…“
„…der genau diese südliche Länderei aus dem Buch ist. Zweifellos wird er sich dieser Macht, wenn er davon erfährt, bedienen wollen. Und wenn es soweit ist, wird es gefährlich.“
„Und was hat das mit der Todesritterin, die du geschickt hast, zu tun? Glaubst du etwa im Ernst, dass sie ihn aufhalten kann? Allein?“
„Natürlich nicht. Sie soll verhindern, dass ihre Schwester etwas Dummes tut.“
Ein Lächeln huschte über ihre Lippen, während sie an ihren überaus spitzen Hut griff, diesen absetzte und mit einem geübt wirkenden Griff wie eine Ziehharmonika zusammenfaltete, den flachen Stoffteller in der Mitte mehrmals knickte und in einer Tasche an ihrer Robe verschwinden ließ. „Wirst du auf deine alten Tage doch noch sentimental, Vadarassar?“

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