Lautes Tosen von massiven Ketten, die aus ihrer Verankerung gerissen und über den Boden gezogen wurden, füllte die hohe, weitläufige Halle, die noch vor wenigen Wochen verborgen in den dunklen Tiefen des Tals der Blüten gelegen hatte. Laute, kehlig klingende Befehle schnitten durch die Lärmkulisse, die von Dutzenden schwer gerüsteter Orcs in einer zwar chaotischen, aber dennoch irgendwie synchronen Choreographie mündete.
„Bewegt euch! Diese Ketten werden in Orgrimmar benötigt, um unsere neue Waffe zu verstärken!“ brüllte eine der Wachen, die von Höllschrei höchst selbst dazu auserkoren worden war, das Chaos so weit zu ordnen, dass seine Befehle zu seiner Zufriedenheit ausgeführt wurden, während er sich um seine unerwünschten Gäste kümmerte.
Diese Gäste waren zwei Pandaren, die, umgeben von vier Wachen, vor ihm auf dem Boden knieten, während er sich am Leid des Dickeren der beiden ergötzte. Eine lange, tiefe Wunde zierte dessen Brustkorb, aus dem stoßweise Blut drang und an ihm hinab lief, während eine jüngere, schlankere und weibliche Pandarin ein Bündel Bandagen gegriffen hatte und diese nach Kräften auf die Wunde zu drücken versuchte, während ein grünlicher Schimmer um ihre Hände waberte. Wäre sie geübter gewesen, hätten die Ströme, die sie zu wirken versuchte, die Wunde binnen weniger Sekunden zumindest so weit verschlossen, dass die Blutung zum Erliegen gekommen war. Doch dazu war sie zu jung, zu unerfahren, hatte außer in ihren ersten Trainingslektionen nie wirklich Heilungszauber gewirkt. Ihre Ausbildung stand erst am Anfang – und nun fürchtete sie, dass ihr ein baldiges Ende drohen mochte.
„Lass….ich habe…versagt….“ Versuchte der größere der beiden Pandaren die jüngere Pandarin davon abzuhalten, die Wunde weiterhin zu behandeln. Höllschrei indes stand amüsiert vor den beiden, hielt die Axt drohend in Richtung der Pandarin und wies sie an, mit dem weiterzumachen, was sie dort tat.
„Oh nein, alter Mann. Ihr werdet leiden und sehen, wie die Macht der Horde ALLES beherrscht. Ihr werdet erst sterben, wenn ICH es euch GESTATTE!“
„Kriegshäuptling. Die Soldaten haben ein Problem mit den Verankerungen. Sie scheinen etwas festzuhalten, das…“ begann der Orc, der noch eben im Zentrum des Raums gestanden hatte, um die übrigen Soldaten zu koordinieren. Doch statt sich die Bedenken seines Untergebenen anzuhören, drehte Höllschrei lediglich den Kopf in seine Richtung und brüllte ihn mit voller Lautstärke an.
„MICH INTERESSIEREN DIESE VERANKERUNGEN NICHT! BEFOLGT EURE BEFEHLE!“
„Ja, Kriegshäuptling!“ entgegnete der Soldat schnell, hob die Faust und hämmerte sie sich auf die Brust. Das Letzte, was er wollen konnte, war Höllschrei zu verärgern. Allerdings reichte schon das bloße Überbringen einer Nachricht, die ihm nicht gefiel, schon aus, um Höllschrei EXTREM zu verärgern. Und derartiger Ärger endete für den Boten generell tödlich. Also wandte er sich um, rannte zu den Soldaten und wies sie an, auch die Verankerungen aus dem Boden zu reißen und durch das riesige Magierportal, das von zwei Magiern offen gehalten wurde und direkt in die Tiefen Orgrimmars führte, zu verfrachten. Warum es ausgerechnet diese Ketten sein mussten, verstand er indes ebenso wenig wie die Tatsache, dass Höllschrei dafür seine Krieger und nicht die Peons bestimmt hatte. Einige der Dunkelschamanen hatten zwar etwas von einem Sha, das die Ketten erfüllen würde und hier in dieser Kammer besonders stark war gefaselt, doch derlei Unsinn interessierte ihn nicht. Für ihn und alle anderen Krieger ging es eigentlich nur darum, Befehle auszuführen, die von Klingen, die in Körper geschlagen wurden handelten. Darin waren sie gut, das war ihre Bestimmung und darin gingen sie auf. Das Schleppen von schweren Metallketten indes gehörte nicht zu den Dingen, die sie gerne verrichteten.
Der Gang erinnerte eher an einen Minenstollen denn einn validen, normalen Durchgang. Offensichtlich hatte jemand diesen Ort hier bewusst unter unzähligen Metern Erde vergraben, damit weder die Pandaren noch sonst jemand ihn jemals finden würden. Dummerweise aber hatte derjenige offenbar nicht mit der Beharrlichkeit eines Orcs gerechnet, der wahnsinnig genug war, sein eigenes Volk ins Verderben zu führen. Denn ansonsten wäre sicher mehr zum Schutz aufgeschüttet worden, als einige Meter Erde.
Xelestra musste sich an einigen der Holzbalken ducken, um sich nicht den Kopf anzuschlagen, blickte dann hinter sich und zu den beiden Paladinen, die schon aufgrund ihrer niedrigeren Körpergröße weniger Probleme mit dem Stollen hatten. Allerdings sah sie bereits bei einem flüchtigen Blick, dass sie sich hier ganz und gar nicht wohl fühlten.
Der Goblin indes hüpfte fast schon unbeschwert umher und wirkte auf sie, als wären derartige Stollen sein natürliches Zuhause. So gab er ihr auch keine Widerworte, als sie ihn kurzerhand voraus schickte, um nach eventuell noch vorhandenen Wachen Ausschau zu halten.
Eine logische Entscheidung der Todesritterin, ihn nach vorn zu schicken. Keine, auf die er stolz war und auch keine, die er sich selbst ausgesucht hätte, aber die einzig logische Entscheidung, wie Kweezil feststellen musste. Immerhin gab der Stollen, der wie im Zickzack und offensichtlich unter Anleitung von Goblinbergbauern entstanden war, mit seinen Nischen genug Deckung, damit er von Ecke zu Ecke huschen konnte, ohne gesehen zu werden, während er seinerseits selbst voran spähen konnte.
Ein Gedanke huschte durch seinen Kopf. Der Gedanke, sich einfach in einer dieser dunklen Nischen zu verstecken, zu verweilen und nicht aufzutauchen, bis die drei Tauren an ihm vorbei marschiert waren, um dann schnurstracks in der entgegengesetzten Richtung wieder zu verschwinden. Dann jedoch erinnerte er sich an die Abnormitäten, die draußen über sie hergefallen waren, den langen Weg zurück zum Schrein und die Allianzler, die von den Veränderungen im Tal zweifelsohne ebenfalls Wind bekommen und ebenso wie die Horde ein Großaufgebot entsandt haben mochten, um die Verderbnis zu bekämpfen und deren Ursprung zu ermitteln. Das er keinem von beiden so wirklich in die Arme laufen wollte, war klar – einzig unklar war, welcher von beiden ihn schneller und schmerzhafter ins Jenseits schicken würde.
Also seufzte Kweezil, schlich weiter voran und kam bald schon ans Ende des Stollens, der in eine große Halle mündete.
Große Halle? Guter Witz – die Beschreibung „gross“ reichte nicht einmal ansatzweise, um die Ausmaße dieses Raums zu beschreiben. Ein schneller Blick in alle vier Ecken des Raumes bekräftigte seine erste Einschätzung, dass der Schrein der zwei Monde mit seinen drei Stockwerken offensichtlich problemlos in dieser Hallte Platz gefunden hätte. Leicht links von ihm ragten zwei massive Türen auf, deren Erbauer entweder turmhoch gewesen sein mussten, oder dringend etwas kompensieren mussten und dies durch schiere Größe der beiden mächtigen Pforten taten. Die Tatsache, dass die Türknäufe in über fünf Meter Höhe und in passender Größe angebracht waren, legte jedoch eher Ersteres als Antwort nahe. Knapp hinter der Tür und auf dem Podest, von dem aus zahllos viele Treppen hinab in die eigentliche Halle führten, stand ein einzelner Orc und hielt scheinbar Wache, beobachtete den Stollen, in dem sich Kweezil noch versteckt hielt. Die Tatsache, dass er sich noch nicht bewegte und eher gelangweilt auf seine Axt gestützt auf dem Treppenabsatz stand, ließ Kweezil davon ausgehen, dass er ihn tatsächlich noch nicht erspäht hatte. Allerdings würde er zweifelsohne Alarm schlagen, sobald er auch nur einen von den vieren, die gerade in dem Stollen unterwegs waren, sehen sollte.
Kweezil blickte hinter sich, sah, dass die drei Tauren wohl nur noch ein oder zwei Minuten brauchen würden, ehe sie nicht nur in Sicht-, sondern auch in Hörweite des Orcs kommen würden. Also zog er einen kleinen Wurfdolch aus seinem Gürtel, griff an ein kleines Fläschchen und schraubte vorsichtig den Deckel ab. Dann ließ er die dünne, leicht hohle Klinge des Dolchs in die nun offene Flasche sinken, ehe er das Fläschchen wieder äußerst vorsichtig verschloss und verstaute. Erneut blickte er sich um, griff dann mit der linken Hand nach einem kleinen Stein und warf diesen im hohen Bogen über den Orc hinweg auf die Treppe.
Vom Aufschlag des Steins aus seiner Lethargie gerissen, wirbelte der Orc herum und starrte in die Richtung, aus der er den Aufschlag des Steins gerade noch gehört hatte. Nur Augenblicke später spürte er bereits, wie etwas Eiskaltes seinen Nacken traf und einen spitzen, brennenden Schmerz durch seine Adern schickte. Doch gerade als er seinen Mund aufreißen und laut losbrüllen wollte, fühlte er eine schlagartige, ihm bis dahin völlig unbekannte Enge um seinen Brustkorb und seinen Hals. Unfähig, auch nur einen Pieps von sich zu geben oder gar zu atmen blieb er wie angewurzelt stehen, packte sich mit einer Hand an seinen Hals, während seine Lungen verzweifelt nach Luft rangen.
Grünweißer Schaum quoll aus seinem Hals und zwischen seinen Hauern hinaus, ehe die Welt vor seinen Augen in Schwärze verschwand und ihm die Beine versagten. Dann stürzte er vornüber die Treppe hinab, schepperte hinunter und blieb schließlich leblos am Fuße der Treppe liegen, während Kweezil die Augen zukniff und auf die Zähne biss.
Verdammt. Sein teuerrstes Gift und dieser Trottel musste ausgerechnet nach vorn hin umkippen. DEN Krach von einem gerüsteten Orc, der die komplette Treppe runter stürzte, hatte nun zweifelsohne jeder andere Orc in der Halle und allen angrenzenden Räumen gehört. So wandte er sich um und lief den Tauren schnell entgegen, um sie zu warnen.
Tatsächlich hatte das Scheppern nicht nur die Orcs, sondern auch die beiden Pandaren erreicht, die sich verwundert ansahen. Binnen weniger Augenblicke waren Befehle in den Raum gebrüllt worden und lief ein Dutzend der Wachen in Richtung des Geräuschs, um nach dem Rechten zu sehen, während die anderen ihre Arbeit auf Geheiß von Höllschrei beschleunigten und die Reste aus dem Boden rissen.
Die Krieger rannten im Dauerlauf auf den unteren Treppenabsatz zu, erblickten dort den leblos am Boden liegenden Kameraden und starrten umher. Erneut wurden Befehle gebrüllt und teilten sich die Orcs in einzelne Gruppen auf, um die Verstecke innerhalb der großen, offenen Halle zu durchsuchen.
„Ihr drei – geht dort links lang! Und ihr vier dort nach vorne. Der Rest – mir nach!“ grunzte einer der Krieger. Doch gerade als er den Kopf wieder nach vorn richtete und voran marschieren wollte, blickte er unmittelbar in die Klinge der Todesritterin, die die Spitze ihrer Axt nur wenige Zentimeter vor seine Nase hielt. Ihr Blick war kalt und wenn überhaupt, dann nur von Entschlossenheit geprägt. Etwa vier Schritt hinter ihr standen die beiden Paladine, die ihrerseits ihre Waffen gezogen hatten – bereit, um sich gegen etwaige Feinde zu verteidigen.
Der Orc verzog sein Gesicht zu einem bösen Grinsen, hob seine Axt und setzte an.
„Angriiiippfpfpfpff…..“ begann er den Schrei, der mittendrin durch einen gezielten Streich der Todesritterin unterbrochen wurde, als sie die obere Hälfte seines Kopfes mit einem Schlag zu Boden schickte. Doch der Ausruf hatte gereicht, damit die übrigen elf Orcs ihre Waffen zückten und auf die drei Tauren einstürm
Kapitel 16 – Höllschrei again
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