Sechsmal war ich jetzt in München auf Fortbildung. Sechsmal habe ich die Stadt jeweils drei Tage unsicher gemacht, habe die Innenstadt und etliche Bezirke mit den Öffis und dem Fahrrad bereist, habe mich ziemlich lange am Hauptbahnhof aufgehalten, um auf meinen Zug zu warten, die unterschiedlichsten Lokalitäten ausprobiert, zahllose Hotels mit meiner Anwesenheit behelligt. Und doch – der vielleicht wirre, wahrscheinlich aus irgendeiner auf Hoffnung und Glauben dran, dass sich doch noch etwas fügen möge geborene Gedanke, dass ich eben jener Person, mit der ich einstmals eine zarte Freundschaft, die dann mit den bekannten Drohgebärden bis hin zu Morddrohungen gegen mich geendet hat, über den Weg laufen und – rein zufällig – doch noch ein klärendes Gespräch führen, die Irrtümer und das böse Blut der Vergangenheit zumindest ausräumen und alles wieder normalisieren können würde, ist vergeblich und ungeschehen verstrichen.
Natürlich hätte ich es erzwingen können, wenn ich denn die Adresse gewusst hätte. Wusste ich natürlich nicht. Ich hätte sie vielleicht auch anschreiben können – wollte ich aber nicht, denn auch das wäre ein Erzwingen gewesen, was ich niemals tun würde. Dennoch war ich mir sicher, dass uns diese besagten sechs Male mindestens ein- oder zweimal höchstens eine halbe Stunde U-Bahnfahrt oder Busfahrt voneinander getrennt hätten (oder vielleicht sogar nur eine kurze Fahrradfahrt. Oder sogar nur ein kurzer Spaziergang?). Dennoch – trotz der vermutlichen Nähe, ist nichts geschehen, endete meine Fortbildung mit der Feststellung, dass eben gerade und genau nichts vorangekommen ist, die Kluft bestehen bleibt.
Klar, ich hätte problemlos alle Möglichkeiten in der Hand gehabt, aktiv etwas zu tun, wenn ich die Adressen noch besitzen würde (was ich nicht tue). Doch damit hätte ich mein Versprechen gebrochen. Und ich halte meine Versprechen.
Darüber hinaus bin ich der Überzeugung, dass es Teil der Gleichberechtigung ist, wenn nicht stets der Mann den ersten Schritt machen muss. Insbesondere, wenn er es nicht war/ist, der das Porzellan zerbrochen oder die Wunden geschlagen hat. Und ehe mir jemand etwas unterstellen will: Nein, die Wunden sind verheilt und schmerzen nicht länger. Aber die Narben – die bleiben, werden nicht wieder verschwinden. Sie dienen mir als Erinnerung an das Geschehene. Und sie können nicht rückgängig gemacht werden. Allerdings lasse ich mein Leben nicht durch sie bestimmen. Ich bin nun lediglich klüger als vorher.

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