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Kapitel 9 – HdW

Ein letzter Versuch eines Schmerzenschreis entglitt der Kehle des Nachtelfen, ehe sein Körper zu einer einzigen Statue aus Eis wurde und kurz darauf in tausend Stücke zerbarst.

Das Werk von Bwalkazz. Ein Magier, dessen emotionale Kälte nur noch von der Frostigkeit seiner Zaubersprüche überboten wurde. Knapp hinter ihm folgten der Orchexer Vadarassar, der Trolljäger und auch die Taurendruidin.

„Ich mag diese Höhlen nicht…“ murmelte Braunpelz leise vor sich hin.

„Ich weiß was du meinst, Mann.“ stimmte Teborasque zu. „Viel zu eng und verwinkelt. Da kann man kaum zielen und die Gegner sieht man erst, wenn’s schon zu spät ist.“

„Das ist es nicht…“ murmelte sie weiter. „Diese…Enge. Ich mag Höhlen nicht. Und überall….dieses Krabbelzeugs.“

Instinktiv schüttelte sie sich und zog eine etwa handgroße Spinne aus ihrem Fell, um diese kurz darauf zur Seite und ins Grün fliegen zu lassen. Leben und Tiere in allen Ehren, aber Spinnen….wieso ausgerechnet Spinnen?

„Seid mal froh, das ihr noch nicht im Steinkrallengebirge ward.“ grummelte Vadarassar zu den beiden hinter sich.

„Da sind solche Spinnen nicht einmal die Babys der Viecher, die man zu Gesicht bekommt. Und Gerüchten zufolge soll es irgendwo in den Östlichen Königreichen noch größere geben.“

Jetzt schüttelten sich sowohl Teborasque und Braunpelz kräftig. Riesenspinnen….igitt.

Indes waren sie in der Höhle weiter voran gekommen. Der Magier ging, obwohl es alle erstaunte, dabei mutig voran, sah sich um und fror jeden Gegner, der sich der Gruppe nähern wollte, kurzerhand einfach ein. Als sie dann aber an einem wahren Riesen als Gegner ankamen war mit Einfrieren nichts mehr zu machen. Trotz seines offensichtlichen Mutes, den man vielleicht auch nur den Willen der Verlassenen nennen konnte, hatte der Magier noch etwas Verstand übrig, um sich mit dem wirklichen Riesen vor sich nicht alleine zu messen. Stattdessen sah er zu den anderen, nickte kurz dem Hexer zu und beschloss dann, dass dieser seinen Leerwandler nach vorn schicken solle.

Die ersten Schläge hielt dieser auch recht gut aus, doch bereits nach dem vierten Volltreffer durch die riesige Faust des Gegners begann der dicht bläuliche Nebel, der den Leerwandler bildete, zu wabern. Kraft floss aus vielen Rissen der Hülle des Dämons, breitete sich wie ein Nebel um den Koloss aus. Ein weiterer Schlag und der Dämon war nicht mehr.

Die vier erstarrten vor Schreck, als der Koloss auf sie zu walzte. Ausgerechnet Teborasque war es, der schnell genug reagierte, seine Axt zog und auf den Gegner zu stürmte, um ihm diese kurzerhand in die Beine zu schlagen. Die Wirkung war sofort spürbar: Nur noch strauchelnd bewegte er sich vorwärts, wandte sich nun aber dem Jäger zu.

„Los Mann! Ich halte ihn hin, während ihr…“ begann Teborasque, wurde dann jedoch von einem Schwinger getroffen, der ihn kurzerhand mehrere Meter zurück und gegen eine der Felswände schleuderte. Sterne kreisten vor seinen Augen, während er einen metallischen Geschmack zwischen seinen Lippen wahrnahm.

Blut.

Sein eigenes Blut.

Sofort schlossen Vadarassar und Bwalkazz ihre Augen, murmelten magische Formeln vor sich her. Die Hände des Untoten begannen blau zu glühen, während er seine Frostzauber wob und sie dem Koloss entgegen schickte. Vadarassar indes bewegte seine Lippen wie in Trance, seine Augen glühten während dämonische Silben seinen Mund verließen. Flüche von unaussprechlicher Abscheu sollten diesen Riesen heimsuchen, rissen an ihm, umgaben den immensen Körper, der dennoch weiter auf den taumelnden Jäger zu schritt und ausholte.

Wie durch ein Wunder wich Teborasque dem Angriff aus, ließ die Arme tief hängen und hüpfte mit einem Mal von einem Bein auf das andere, war einmal hier, einmal dort und schwang immer wieder die Axt. Instinktiv hatte er sich auf eine Technik besonnen, die ihm sein Lehrer in jungen Jahren beigebracht hatte: Der Tanz des Affen. Auf diese Art und Weise konnte er Zeit gewinnen und seine Chancen, diesen kräftigen Schlägen auszuweichen, deutlich erhöhen.

Während der Kampf verbissen weiterlief, stand Braunpelz hinten an und blickte hilflos zu, wie der Jäger wieder und wieder von Schlägen getroffen wurde. Wunde um Wunde zeichnete das Gesicht des Trolls, der aber immer noch seinen Tanz fortführte und den Giganten so beschäftigte. Ein weiterer Schwinger allerdings schickte ihn auf den Boden. Er wälzte sich, versuchte aufzustehen…doch die Kraft hierzu fehlte ihm. Das schien der Koloss ausnutzen zu wollen.

Sie musste etwas tun. Irgendetwas….nur….wie?

Sie sog die Luft tief durch ihre große Nase ein und schloss die Augen, während Teborasque das gleiche tat und innerlich schon mit seinem Leben abschloss.

„Kalimdor. Erdenmutter, die du das Leben gibst, ich flehe dich an erhöre mich.“ flüsterte Braunpelz, die Arme seitlich von sich gestreckt.

Nichts passierte.

„Im Namen des Lebens, lass mich als Dienerin deiner Gnade auftreten. Ich bitte dich.“ flüsterte sie, holte abermals tief Luft.

Erneut geschah nichts.

„Erdenmutter….ich flehe dich an. Gib mir deinen Segen…“ murmelte sie ein drittes Mal und öffnete dann ihre Augen.

Der Koloss stand regungslos dort, seine Faust zum letzten Schlag erhoben. Ein Frostblitz von Bwalkazz hing zwischen ihm und dem Koloss. Dicht daneben schimmerte eine schwarze Energiekugel in allen Schattierungen der Dunkelheit.

Teborasque lag noch immer am Boden und regte sich ebenso wenig, wie sich nichts anderes in der Höhle regte.

Nichts außer einem grünen, intensiven Licht, das Braunpelz mit einem Mal umgab.

Die Dienerin der Erdenmutter ersucht um den Segen und die Gabe, die Lebensenergie und Gesundheit jener, die auf mir schreiten, zu erneuern. Es sei dir gewährt.“ hauchte die Stimme.

Das grüne Licht wandelte sich in Nebel, umgab die Druidin, bildete einen Ring um sie und schoss dann in sie hinein. Nun glühte sie selbst grünlich, spürte mit einem Schlag eine enorme Kraft auf sich wirken. Worte schossen durch ihren Kopf, legten sich auf ihre Zunge, während ihre Augen allein auf Teborasque lagen.

Die grüne Farbe verschwand von ihrem Körper. Lediglich ihre Hände begannen grünlich zu glühen, als sich Silben auf ihre Lippen und von diesen schlichen.

„Pfade des Lebens, hört mein Flehen und heilt diesen euren Diener.“ rief sie, deutete auf Teborasque.

Das grüne Glühen verließ ihre Hände, schoss mit einem Schlag zu dem Jäger herüber und traf diesen mit einer Wucht, die nur mit einem Sturz vom Zeppelinturm vergleichbar sein könnte. Die Wunden verschwanden fast augenblicklich und seine Kraft kehrte schlagartig zurück. Gerade im letzten Moment brachte er noch die Axt hoch, um diese in den Arm des Kolosses zu bohren.

Die beiden magiebegabten waren überrascht – war das ihre Druidin gewesen? Einen Augenblick drehten sie sich nach hinten und starrten Braunpelz an. Doch anstatt sich von den Blicken verunsichern zu lassen, begannen ihre Hände erneut zu glühen.

„Erdenmutter, strafe diesen mit deinem Zorn!“ fauchte sie und schleuderte zwei grünliche Bälle gegen das Ungetüm, ehe sie die Arme nach oben riss und über den Koloss zeigte.

Es bröckelte. Einige Steine brachen herab, gaben einen winzigen Spalt nach außen frei.

„Elune! Mutter Mond, stehe diesen Dienern Kalimdors zur Seite und wirf deine Macht auf diesen Feind!“ rief Braunpelz, deutete auf den Koloss. Die kleine Felsspalte reichte überraschenderweise, damit ein dünner Hauch Mondlicht in die Höhle hinein fallen konnte, um den Koloss zu treffen. Es war intensiv, verbrannte Haut und Fels überall dort, wo es den Gegner berührte. Dieser taumelte nun, wurde erneut von Frost- und Schattenblitzen getroffen und spürte kurz darauf ein letztes Mal die metallene Klinge von Teborasques Axt. Dann sank er zu Boden und hauchte sein Leben aus.

Braunpelz sank ebenfalls zu Boden, stützte sich auf den Knien hockend mit beiden Händen ab, um nicht gänzlich umzukippen.

„Mann! Wie haste das denn gemacht?!“ rief Teborasque überrascht.

„Ich….weiß es nicht….“ japste Braunpelz, nach Luft ringend.

„Also kannst du doch heilen. Hab doch gesagt, dass Druiden das immer können. Mussteste nur herausfinden.“ munterte Teborasque die Druidin mit einem Klaps auf den Rücken auf, während sie draußen vor der Höhle am Lagerfeuer saßen und sich über die herbeigezauberten Brotlaibe von Bwalkazz her machten.

„Ich weiß nicht so recht. Was, wenn das nur dieses Mal geklappt hat? Ich bin nicht wirklich zuverlässig…“

„Nu hör doch mal auf Kleines. Du bist noch jung. Überleg mal – so junge Druidinnen gibt es doch nirgends. Das wird noch werden. Jeden Tag wirste etwas besser. Wirst schon sehen.“ sagte Tebo, griff in seine Tasche und holte ein großes Stück Fleisch heraus, um es in Richtung eines Busches zu werfen. Es war noch nicht ganz am Gebüsch angekommen, als ein Schatten in die Luft sprang, das Fleisch noch im Flug mit den Zähnen schnappte und dann, ohne irgendein Geräusch zu verursachen, wieder im Geäst landete.

„Meist du?“ fragte sie, den Troll nun direkt anblickend. Doch der lächelte nur.

„Meine ich.“

„Ziemlich mächtig diese Frostmagie.“ bemerkte Vadarassar, den Untoten etwas genauer betrachtend. Eigentlich hatten die beiden einiges gemeinsam: Beide gehörten zu den ursprünglich Geächteten des Großen Krieges. Es waren schließlich die Hexenmeister, die so viel Schlimmes über die Welt gebracht hatten….und die Geißel, die aus ihren Lehren entstanden war. Fast schon ein wenig zynisch, das nun gerade diese beiden nebeneinander saßen, sich einen großen Brotlaib teilten und gegen die Überbleibsel der Brennenden Legion und der Geißel antreten wollten.

„Wenn die Kälte von Herzen kommt, kann sie vieles bewirken.“ brummte Bwalkazz, die Hälfte des Brotes dank seines schiefen Kiefers dabei über seiner Robe verteilend.

„Und glaub mir – mein Herz ist so kalt wie Northrend.“

„Glaube ich sofort.“

An diesem Abend wurden zwei wirklich enge Freundschaften geschlossen. Die zwischen einem Jäger und einer Druidin und die zwischen einem Magier und einem Hexenmeister.

Published inWarlock - Geschichten eines Hexers

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