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Kapitel 7 – Zusammenkunft

Ein Sturm rüttelte an den morschen Seilen, die den Zeppelin der Goblins zusammen hielten. Die meisten Passagiere, unter ihnen vor allem Orcs und Trolle, hatten sich in die inneren Räumlichkeiten des Himmelsgefährts geflüchtet und fluchten über dieses Wetter, das die Kabine hin und her warf, während der Motor regelmäßig Aussetzer hatte, jeden Moment vollends stehen zu bleiben schien.

Goblintechnologie.

So zuverlässig wie ein Blitz.

Wo es trifft, wächst kein Gras mehr. Doch niemand weiß wo, wann und warum.

Bwalkazz stand noch immer auf dem Deck des Zeppelins, blickte in die Schwärze vor sich, die Unendlichkeit des Großen Meeres. Früher hätte er sich ebenfalls nach unten geflüchtet, fürchtend, er könne sich bei diesem Wetter eine Erkältung oder gar schlimmeres weg holen. Doch nun…er war schon tot. Wie sollte ein Untoter wie er an irgendeiner Lebendenkrankheit erkranken können? Widersinnig…ebenso wie das Gefühl der zwei Tauren, die neben ihm standen und, vor Nässe triefend, über die Kälte fluchten.

Endlich ein Landstreifen am Horizont. Nur vage und im Zwielicht der Dämmerung erkannte er es, obwohl er noch nie wirklich hier gewesen war:

Das dort musste Kalimdor sein.

So weit von der Heimat war Braunpelz bisher noch nie gewesen. Es verwunderte sie etwas, das selbst hier so viele Tauren herum standen, dieses Dorf, das so wenig mit Donnerfels zu tun hatte, wie es nur ging und inmitten einer dürren, spärlich bewachsenen Wüstenlandschaft Wache schoben. Wieder andere hatten sich der Aufgabe gewidmet, die Kerne einiger Früchte auszuquetschen und ein anderer betätigte sich als Händler für Taschen und Beutel….und wieder ein anderer untersuchte die Proben der umliegenden Oasen. Ein exotischer Haufen von Freidenkern und jenen, die das Besondere suchten. So erschien es Braunpelz, die mit einigen dieser Mittauren das Gespräch zu suchen begann.

Teborasque hatte es sich indes an der Schmiede gemütlich gemacht, um dort einige Basteleien an seinem Bogen durchzuführen. Die Werkzeuge, die er verwendete, sahen irgendwie absonderlich aus – ein kupferner Schraubenzieher, eine kleine Zange, sogar ein Schraubenschlüssel aus Kupfer lag in seinem Repertoire, mit dem er kleine Teile zu immer größeren kombinierte, zwei Linsen einlegte und dieses Konstrukt schließlich kurz über dem Griff seines Bogens befestigte.

„Da haste dir aber eine Freundin ausgeguckt, Mann.“ kommentierte er seine Basteleien, während er mit dem Schraubenzieher noch einige Umdrehungen machte und dann hinter sich zur Schmiede sah. Ein Eisen hing dort, leicht glühend, in der Hitze.

Noch ne Minute und es war fertig, dachte er sich.

„Das Hexer sich ausgerechnet mit Druiden umgeben…das is ja so, wie wenn du nen Gnom und nen Goblin in einen Raum packst.“ witzelte der Troll vor sich hin, griff dann nach dem Eisen. Ein großes Stück Eberfleisch, an der Oberfläche gänzlich mit Ruß und Schlacke bedeckt, kam aus der Schmiede zum Vorschein.

„Perfekt.“ murmelte er nur, schlug das Fleisch einige Male gegen den nahen Amboss. Die Schlacke und Ruß-Schicht bröckelte ab, brachte ein sanft rotes Schimmern zum Vorschein.

Eberrippchen Rustikal. Delikat.

Ehe die Antwort kam, hatte Tebo schon in das dampfende Stück Fleisch gebissen und sich prompt die Hauer verbrannt. Wild wedelnd suchte er nach Wasser, fand schließlich einen Becher Mondbeerensaft und kippte das süße Zeug einfach herunter.

Vadarassar, der all das mit einem grimmigen Grinsen verfolgt hatte, hob die Schultern und ließ sie wieder sinken.

„Die Kleine war auf der Straße unterwegs und hatte sich mit ein paar dieser Donnerköpfe angelegt…oder sie sich mit ihr. Das ist die ganze Geschichte.“ grummelte er.

„Ahhhha….“ antwortete Teborasque, mehr an sich selbst gerichtet, da der brennende Schmerz in seinem Mund erlosch, als an den Hexer neben sich. „Ich nehme mal an dein Heiligenschein ist gerade in der Reinigung, was? Oder haste den einem Priester geliehen?“

Vadarassars Blick verfinsterte sich. „Einen Troll oder irgendeinen Allianzler hätte ich jederzeit verrecken lassen. Doch den Tauren habe ich noch etwas geschuldet. Das und nicht mehr.“

„Jaja, na sicher.“ meinte Teborasque, sich dann wieder seiner Bastelei zuwendend. „Bin schon auf die ersten grünen Tauren gespannt….oder werdens Orcs mit Hufen?“ witzelte er, um kurz darauf ein Prickeln im Nacken zu spüren.

Schatten umwoben die Hände des Hexers, der auch beinahe diesem Troll einen Schattenblitz zwischen die Augen gehauen hätte, der diesem jegliche Frechheit aus dem Mund gebrannt hätte. Doch die große Axt, die sich ihm auf die Schulter legte, bremste seine Begeisterung.

„He du da. Keine Kämpfe im Dorf, ja? Hier ist schon genug Blut geflossen diese Woche.“ mahnte eine der großen Taurenwachen, kassierte von Vadarassar zum Dank nur einen finsteren Blick, der Blumen hätte verdorren lassen können.

Mit reichlich nachdenklichem Gesicht kam Braunpelz zu den beiden und stellte sich in gehöriger Entfernung zur Schmiede neben den Hexer.

„Und? Irgendetwas Interessantes erfahren?“ murmelte der Orc ihr zu.

Sie nickte schwach.

„In der Nähe einer Oase, nicht weit von hier, soll es eine Höhle mit einigen durchgedrehten Druiden geben. Sie meinten…vielleicht könne jemand wie ich, auch Druide, dort der Sache auf den Grund gehen.“

„Du meinst sicher die Höhle südwestlich von hier, oder?“ meinte Teborasque, den Bogen weglegend und aus dem Schneidersitz, in dem er gehockt hatte, aufstehend.

„Das Ding nennen die ganzen Leute, die da rumschleichen, die Höhlen des Wehklagens. Nen paar Goblins sind ganz scharf auf das Zeug, was da drin wächst. Aber keiner traut sich da rein.“

Die Taurin staunte nicht schlecht, starrte den Jäger an. „Was weißt du denn von den Goblins?“

Teborasque hob sein Werkzeug zur Antwort. „Das Basteln liegt mir genau so im Blut wie denen. Und die haben breite Erfahrung da drin. Hab mit den Bastlern in Ratschet östlich von hier geredet und die haben mir so einiges erzählt.“

Er machte eine kurze Atempause, packte dann das Fleisch und ging näher an die beiden heran.

„Über das, was in der Höhle genau vorgeht, ist nicht wirklich viel bekannt. Irgendein druidisches Ritual von nen paar Nachtelfen oder so was. Jedenfalls machen die meisten einen weiten Bogen um die Höhle.“

„Ich muss da rein.“ antwortete Braunpelz so schnell und überraschend, das die beiden einander nur anstarren konnten. „Zeigst du mir den Weg dorthin, Jäger? Bitte.“

„Wenn du willst. Wäre aber ne ziemlich dumme Idee, da alleine rein zu gehen. Nimm doch deinen Freund hier mit.“ schlug Tebo kurzerhand vor, mit dem Daumen auf den Hexer deutend. Dieser warf ihm einen vernichtenden Blick zu, der allerdings nicht die gewünschte Wirkung – nämlich den Jäger zu verdampfen – hatte.

„Oh, kommt ihr nicht beide mit? Ich meine…ihr seid doch beide so groß und so stark. Da kann uns doch nichts passieren.“

Von einer Taurin, die trotz ihres jungen Alters jeden von ihnen locker überragte, als ‚groß’ bezeichnet zu werden, war nicht nur irgendwie ironisch, sondern auch lustig. Und einer solch netten Bitte konnten sie sich schließlich nicht verwehren, stimmten also zu.

Mit Tebo an der Spitze machten sie sich auf in Richtung besagter Oase, verließen die Siedlung gen Süden und schritten dann schon bald über die mehr oder minder grün bewachsenen Weiten des Brachlandes. Gerade unterwegs stieß Tebo ein scharfes Pfeifen aus, blickte sich dann um. Im ersten Moment keine Spur von seinem Begleiter.

„Dein Kätzchen hat dich wohl verlassen, was? Ist nirgends zu sehen.“ grinste Vadarassar, wusste er doch, dass seine Gefährten nur ein paar Worte der Beschwörung von ihm entfernt waren. Einen Augenblick später spürte er dann allerdings den heißen Atem eines Tieres in seinem Nacken und drehte sich um.

Im wirklich letzten Moment warf sich der Hexer zu Boden, wich dem ihn anspringenden Kater aus, der so glatt über ihn hinüber segelte, sanft und geräuschlos neben Teborasque landete und diesen mit einem schelmischen Grinsen anblickte, während der Hexer reichlich Erde und Dreck zwischen den Hauern hängen hatte.

„Dämlicher Flohteppich. Den hätteste braten sollen.“ grummelte der Hexer, sich wieder aufrappelnd.

„Hier vorne muss es gleich sein.“ murmelte Teborasque, die Oase genauer betrachtend. Dann erspähte er auch schon den mächtigen Höhleneingang. Jawohl, das war es ganz sicher.

„Nun, Druidin. Wirst du uns in Bärengestalt die Gegner vom Hals halten oder uns mit Heilung unterstützen?“ fragte der Jäger, ehe sie sich ins Innere auf machten.

Braunpelz blieb verdutzt stehen, blickte den Jäger fragend an. Der wartete erst noch auf eine Antwort, drehte sich dann zu ihr um und sah dann mindestens ebenso verdutzt aus.

„Ich…ähh…“ stotterte sie, selbst sehr unsicher drein blickend.

„Nun sag schon – Kämpfer oder Heiler?“

„Ich…ich…weiß nicht….“ murmelte sie wieder, verstand offenbar nicht, was man von ihr wollte.

Jetzt war Vadarassar baff. Er war davon ausgegangen, dass Druiden ihres Alters die Kunst des Gestaltwandels und der Heilung – oder zumindest eines der beiden Talente – bereits besaßen. Das war schließlich ihre Art…irgendwie.

„Willst du uns etwa weis machen, dass du nicht heilen kannst?“

„Ich….weiß nicht….wie…“ stammelte sie vor sich hin, Erde mit einem Huf hin und her scharrend, als wolle sie sich ein Loch ausheben, um darin versinken zu können. Doch selbst das schaffte sie nicht, grub nur einige Zentimeter tief.

„Na klasse. Da schleppst du uns ja eine nette Druidin an.“ brummte Teborasque vor sich hin. „Eine Druidin, die nicht heilen kann und keinen Schimmer hat, wie sie ihre Gestalt verändern sollte.“

„Konnte ich doch nicht wissen.“ murrte Vadarassar zurück, blickte dann zu der Taurin, der langsam die Tränen kamen. Bis eben hatte sie noch gedacht, sie würde bereits den richtigen Pfad beschreiten. Nun jedoch schien alles vor ihr wegzubrechen…sie hatte das Gefühl, so unglaublich nutzlos zu sein, eine Belastung für diese beiden so ausgezeichneten Kämpfer. Selbst der Gepard neben dem Jäger hatte offenkundig bessere Fähigkeiten als sie.

Weinend sackte sie auf die Knie und drückte sich die Hände ins Gesicht. Tränen flossen an ihren Handflächen vorbei, ihr Wimmern erfüllte die Oase.

Teborasque war der Erste von den drein, der sich von dem kleinen Schock erholt hatte, ging auf die Taurin zu und legte eine Hand auf ihre Schulter.

„Jetzt heul doch nicht, Kleines. Ist eh schon spät. Morgen früh können wir ja einfach mal dort rein und du versuchst es mal. Nur weil du noch nie etwas ausprobiert hast, weißt du nicht, ob du es vielleicht doch kannst.“

„Meinst….meinst du?“ fragte die Taurin, ihre Hände etwas zur Seite schiebend.

Teborasque nickte.

„Klar, na sicher doch. Über Nacht wird sie zur Meisterheilerin avancieren. Und mir wachsen Hörner und Flügel.“ knurrte Vadarassar, was einen weiteren Heulanfall bei Braunpelz auslöste.

„Ach halt doch den Rand, du emotionsloser Brocken Schattenöl! Kannst du nicht einmal etwas Nettes sagen?“ fluchte Teborasque in seine Richtung.

„Ich bin Hexer. Dazu fehlen mir die Gene!“ konterte Vadarassar.

Noch immer brummend war es nun an Teborasque, ein Lagerfeuer zu bereiten und gleichzeitig eine verzweifelte Druidin irgendwie zu beruhigen. Herrliche Aussichten….noch dazu die Tatsache, dass er wohl die erste Nachtwache halten durfte.

Still und für sich hoffte er das erste Mal, doch lieber Krokolisken jagen gegangen zu sein, statt Donnerechsen erlegen zu wollen.

Published inWarlock - Geschichten eines Hexers

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