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Der 1. August 2000 war nicht nur der Tag des großen Durchbruchs des chinesischen Genlabors, es war auch der Tag, an dem Lydia das Licht der Welt erblickte. Und mit ihr das Ergebnis eines Versuchs, wie sehr man denn die Manipulation der Gene ausreizen und einen Humanoiden spezialisieren könne. Das Ziel war klar: Man wollte das schnellste Landsäugetier auf zwei Beinen erschaffen, das die Welt jemals gesehen hatte. Ein Wesen, das so schnell war, dass selbst die beeindruckenden Weltrekorde, die ein Usain Bolt einmal aufstellen sollte, wie ein langsamer und langweiliger Versuch eines alten Mannes aussehen würden.
Lydia war das Ergebnis. Ein sehr westlich klingender Name, der von der Ehefrau des westlichen Gönners, der das Projekt überhaupt erst ermöglicht hat, entnommen war – ebenso wie die Muttersprache, die ihr in ihre Gene eingepflanzt wurde: Englisch. Amerikanisches Englisch, um genau zu sein.
Auf beeindruckende 2 Meter brachte es Lydia, als sie im biologischen Alter von 16 Jahren aus dem Zuchttank geholt wurde und ihre Muskeln und Gelenke zum ersten Mal außerhalb des Tanks bewegen durfte. Bereits hier zeigte sich, dass die Überspezialisierung und Genmanipulation in Humanoiden auch ungewünschte Nebeneffekte nach sich zieht. So war ihr Immunsystem sichtlich unterentwickelt, die Flecken in ihrem Fell, die eigentlich ein sattes Schwarz haben sollten, schimmerten in unnatürlichen Regenbogenfarben, war ihr Körper schlanker, dünner, noch stromlinienförmiger, als er geplant worden war. Ihren langen Füßen fehlten zudem die eigentlich für Geparden üblichen Krallen, sowohl die Pads auf ihren Handflächen wie auch unter ihren Füßen waren viel zu weich und neigten dazu, schnell wund zu werden, ihre Augen hatten einen beginnenden, grauen Star und ihre Ohren waren mit dem Kopf verwachsen. Dafür war ihr Schwanz länger, als er eigentlich erforderlich gewesen wäre. Kurzum: Für das, wofür man sie eigentlich sofort haben wollte, taugte sie ganz und gar nicht.
Nach einer Reihe korrigierender Eingriffe an ihren Augen und Ohren sowie einer längeren Immuntherapie stellte man noch fest, dass sie an zahlreichen Allergien litt. Über ein Jahr verging, ehe sie im ersten Training ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen sollte.
Als eine der ersten Humanoiden – und die erste überhaupt, die so stark modifiziert worden war – musste ihre Kleidung vom Shirt bis zu den Schuhen maßangefertigt werden. Die Tatsache, dass der Gönner entgegen der ursprünglichen Planungen bei ihr auf eine klare, weibliche Erscheinung gedrängt hatte, machte das Design der Kleidung problematisch – denn auch nach einem Jahr Therapie stellte man fest, dass sie mit nun 17 Jahren biologischen Alters noch nicht vollständig ausgewachsen war, ihre Oberweite an Umfang zunahm und ihre Kleidung mehrfach angepasst oder neu angefertigt werden musste.
im Februar 2002 trat sie schließlich im Rahmen eines Benefizrennens zu einem ersten Wettkampf gegen menschliche Läufer an. War sie auf 100 Metern mit knapp unter 9 Sekunden noch mäßig schneller, als die Geschwindigkeiten, die Menschen zu leisten in der Lage waren, wuchs ihr Vorteil mit der Länge der Strecke noch weiter an, schaffte sie 400 Meter in unter 30 Sekunden und den Kilometer in lediglich eineinhalb Minuten. Kurzum: Sie deklassierte die menschlichen Kontrahenten in jeder Hinsicht und blamierte die schnellsten Läufer richtiggehend. Diese Blamage wiederum war aber auch gleichzeitig ihr Verhängnis, wie man bereits am folgenden Tag feststellen musste.
Wer genau der Verantwortliche war, konnte in der Folge nicht mehr geklärt werden. Sicher ist nur, dass es einer der blamierten Läufer gewesen sein muss, der ihr am Folgetag am Ausgang der Umkleidekabine auflauerte, sie mit einem gezielten Tritt gegen ihr linkes Bein zu Fall brachte und ihr noch im Sturz zu Boden offenbar mehrfach mit aller Kraft gegen das linke Sprunggelenk trat, ehe er unerkannt entkommen konnte.
Die Verletzung – eine Bänderdehnung und ein partieller Riss von zwei Außenbändern im linken Sprunggelenk – war nicht schwerwiegend, sollte sich in der Folge mit den Jahren aber als penetrant, lästig und äußerst hinderlich erweisen. Der Umstand, dass über die Anatomie und die Behandlungsmöglichkeiten für Humanoide noch nahezu keine Informationen vorlagen, machte eine wirksame Heilung in den ersten Jahren unmöglich. Als einzige Behandlungsmethode blieb so nur Ruhe. Leider führten Verwachsungen dazu, dass die ursprüngliche Stabilität des Gelenks nie wieder erreicht wurde, was nur drei Monate nach diesem Ereignis zu einem weiteren Sturz mitten in einer langgezogenen Rechtskurve eines Rennens und einem erneuten Bänderriss führte.
Ihre Karriere als Aushängeschild und schnellstes Landsäugetier auf zwei Beinen sollte nur bis 2010 andauern, wobei die letzten fünf Jahre durch regelmäßige Verletzungs- und Behandlungspausen dominiert wurden. Dutzendfach wurde sie an ihrem linken Sprunggelenk operiert, erhielt sie insgesamt drei Bandplastiken, zahllose Akkupunktur-, Magnet- und Stoßwellentherapien, doch ganz gleich, was man auch versuchte – das Gelenk blieb instabil und wurde mit jeder Verletzung instabiler. Im Jahr 2011 schließlich wurde sie durch eine Neu-Zucht aus ihrem Genmaterial „ersetzt“, das nicht nur frei von dieser schwächenden und äußerst kostspieligen Verletzung war, sondern gleichzeitig noch Optimierungen mitbrachte, dank denen die einstmals von Lydia aufgestellten Geschwindigkeitsrekorde schnell gebrochen wurden. Zudem war diese neue Version von ihr wieder 16 Jahre jung und dieses Mal frei von der, wie die leistungsorientierten Coaches meinten, unnötigen Oberweite. Lediglich die bunten Tupfen hatte man mit übernommen, um so vor den Kameras den Anschein zu wahren, es wäre immer noch die selbe Humanoide, die, nach Jahren von Behandlungen und Reha-Maßnahmen, endlich zu neuer Form aufbrechen würde.
Lydia wurde so unsanft aus dem Leistungssportgeschäft herausgeworfen. Zwar hatte sie – dank der UN-Resolution gezwungenermaßen von ihren Erschaffern – die Freiheit und damit Unabhängigkeit ergattert, außer ihrer Kleidung, die ihr maßgefertigt auf den Leib geschneidert wurde (ihrer „Nachfolgerin“ fehlte ja die Oberweite, womit ihre Kleidung für diese nutzlos war. Und anstatt sie wegzuwerfen, gab man sie Lydia schlicht mit), besaß sie jedoch keinen einzigen Cent und somit nichts, womit sie hätte leben können. Einfachste Arbeit wie beispielsweise Lager- und Packtätigkeit konnte sie aufgrund der Tatsache, dass ihr linker Knöchel für derartige Arbeiten zu instabil war, ihr Fuß ihr auch ohne jegliche Zusatzbelastung beim normalen Gehen regelmäßig wegknickte, keine Möglichkeit, um an Geld zu kommen. Also tat sie das einzige, das sie zu tun in der Lage war, um sich zumindest etwas Geld raus aus dem Land zu besorgen: Sie zog ihre Laufkleidung über und bot sich jenen Fans an, die ihr schon lange anzügliche Blicke zugeworfen hatten und verkaufte ihren Körper an diese, bis sie genug zusammen hatte, um das Land zu verlassen.
Mit nunmehr 38 Jahren hat es Lydia nach England verschlagen. Hier ist sie eine von ganzen zwei Humanoiden, die in einem Vorort von London tagsüber und abends Drinks in einer runtergekommenen Kneipe serviert, während sie sich hin und wieder abends ihr Konto dadurch aufbessert, indem sie jene Männer, die dazu bereit sind, etwas Geld locker zu machen, an sich heran lässt. Dadurch geht es ihr finanziell zumindest gut genug, damit sie sich eine passable Bleibe, ordentliches Essen sowie Kleidung leisten kann. Einzig ihr Sprunggelenk macht ihr noch immer zu schaffen, ist mittlerweile vollkommen instabil und daher die meiste Zeit durch eine starre Orthese fixiert, die wiederum unter günstigen, aber fast kniehohen Stiefeln verborgen bleibt. An ihre Vergangenheit als schnellstes Landlebewesen auf zwei Beinen erinnern nur noch ihre sportlichen Kurven – und ihre eigenen Träume und Erinnerungen.
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